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  • Impressionen DAVID-Jahrestagung 2021Datum20.11.2021 15:55
    Thema von Joringel im Forum Jahrestagungen

    12. 11. 21 Gemeinsames Abendessen und Vorstellungsrunde
    Einer aus unserem Kreis hatte extra eine Schulung für die Abnahme von Corona-Tests gemacht und wickelte seine verdienstvolle Aufgabe dann auch tatsächlich in der entsprechenden Schutzkleidung ab. Ebenso erhielten die Teilnehmer mündlich und schriftlich die notwendigen Instruktionen, um sich und andere vor einer Ansteckung zu schützen. Da kann man wirklich nur "Dankeschön" sagen, denn in der aktuellen Situation hatten so ziemlich Alle ein flaues Gefühl im Magen. Soll ich kommen oder soll ich nicht?

    Vorstellungsrunde
    Der Kreis war ziemlich groß, gezählt habe ich nicht, aber es mögen so ca. 25 Teilnehmer gewesen sein, darunter neue Gesichter, denen man die Bedrückung zum Teil ansah. In dem einen oder anderen Fall ergab sich dann auch die Konstellation, dass Telefonberater und Anrufer sich das erste Mal persönlich sahen. Etliche Teilnehmer, die das Schlimmste schon hinter sich hatten, erwähnten u.a. dankbar die Unterstützung von Vorstandsmitglied Dr. Arndt, der die Anerkennung seines persönlichen Engagements nicht selbst entgegennehmen konnte, da er leider krankheitshalber verhindert war. Die kurzen Berichte aktuell Betroffener legte sich auf die Stimmung der Teilnehmer wieder. Für manche war es hart, den nächsten Tag abzuwarten.

    13.11.21 Vormittags: Referat von Pfr. Friedhelm Maurer: "Warum ist die Kirche so? Und warum ist sie nicht so wie sie sein sollte und wahrhaftig doch sein könnte?
    Um es gleich vorweg zu sagen - es gibt Erklärungsmuster dazu, aber keine wirklich einzig schlüssige Antwort. Kurz gesagt scheint den Kirchenoberen der Art. 140 des Grundgesetzes als Persilschein zu dienen, da Handhabung und Auslegung fast ohne Kontrolle ganz in den Händen der jeweiligen Landeskirchen liegen, was in der Vergangenheit schon oft in eine Praxis mündete, die als skandalös empfunden wurde. Des weiteren orientieren sich die Landeskirchen in Bezug auf ihre Zukunftsvorstellungen an gängigen Richtlinien von Wirtschaftsunternehmen. Die Gedanken und Erfahrungen der Seelsorger und Seelsorgerinnen werden nicht einmal angefragt. Sie sind eben nur "Personal", das man wie Schachfiguren hin und herschieben kann. Ich erinnere an dieser Stelle nur daran, dass Pfarrer Dr. Karl Martin zusammen mit seinen "Mitstreitern" schon vor etlichen Jahren fundierte Vorstellungen zur Abkehr von einer oft nicht mehr zu vermittelnden Kirchensteuer und hin zu einer Kultursteuer entwickelte. Solche Vorschläge wurden nie als innovativ diskutiert, sondern umgehend tabuisiert und die Ideengeber diskriminiert.

    Pfarrer Maurer schilderte eindrücklich seinen Werdegang vom Bauernjungen zum Theologen. Kein spektakulären Erweckungserlebnisse, aber die innere Bereitschaft, das Evangelium weiterzutragen und den Menschen auf ihrem Weg damit entgegenzukommen oder sie zu begleiten. Das heißt in der Summe, das Evangelium und sich selbst ernst zu nehmen. Der Name Friedhelm Maurer, Vorsitzender des Rheinischen Pfarrvereins ist den Gründern von D.A.V.I.D.e.V. schon sehr früh aufgefallen. Bei dem kirchlich geförderten Duckmäusertum traute sich innerkirchlich meistens niemand klare Kante zu zeigen - außer Friedhelm Maurer, der sich nach Kräften bemühte, seinen damals zahlreich in den Wartestand verschobenen Kollegen und Kolleginnen beizustehen. Wie er selbst der Susschaltung entgangen ist, blieb hier sein Geheimnis. Kein Wunder, dass er auch nach seiner Pensionierung wieder zum Vorsitzenden des Rheinischen Pfarrvereins gewählt wurde. D.A.V.I.D.e.V. hofft, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Verein und den Pfarrvereinen intensiviert werden kann.

    13.11.21 Nachmittags:
    Gespräche in Gruppen: Da uns keine Ausweichräume zur Verfügung standen, fand der Nachmittag im Konferenzzimmer ohne die geplante Gruppenbildung statt. Wenn man als Terminus Technicus gerne von "Fällen" spricht, hatte die versammelte Runde es hier mit drei Menschen aus Fleisch, Blut und verwundeter Seele zu tun, die ihre Vertreibung aus ihren Ämtern schilderten. In wieder neuen absurden Variationen wiederholte sich hier das oft immer Gleiche: Hochherrschaftlich-kirchliche Vertreibung von Pfarrpersonen. Die Motive? Nicht besser als die perfiden Methoden. Ob der körperliche Zusammenbruch eines der Teilnehmer durch Wiedererleben hervorgerufen wurde, lässt sich natürlich nicht beweisen, aber die Situation hatte dennoch Symbolcharakter. Die ohnehin schon greifbare Bedrückung verstärkte sich enorm, wenn auch gegenseitig Erfahrungen und Tipps ausgetauscht wurden, wie man das Unrecht bekämpfen könnte.

    Wie gut, dass Pfarrer G. O. sich für die Abendgestaltung ein heiteres Programm ausgedacht hatte. Halt! "Ausgedacht" ist hier das falsche Wort, denn er griff auf Aufzeichnungen von Erlebnissen aus der Jugend- und Gemeindearbeit zurück. Auch wenn die Protagonisten aus dieser Zeit inzwischen schon längst zu erwachsenen Männer und Frauen geworden sind, so umwehte ihre heitere, jugendliche Unbekümmertheit auch nachträglich noch die etwas erschöpften Teilnehmer vor den fast dauergeöffneten Fenstern. Aus dem Krankenhaus erreichten uns spärliche, aber ermutigende Nachrichten zum Zustand unseres Mitbruders. Ein Teilnehmer und eine Teilnehmerin aus unserem Kreis hatten dankenswerter Weise die Kontaktfunktion zum Krankenhaus übernommen.

    14.11.21 Gottesdienst und Mitgliederversammlung
    Der Morgen begann mit einem Gottesdienst, gestaltet von zwei Pfarrern aus unserem Kreis. Noch vor Beginn wurde darauf hingewiesen, dass unsere Evangelische Kirche einen reichen Schatz an "Heilmitteln" beinhaltet, die auch die sinnliche Seite des Menschen ansprechen wie berühren, riechen, fühlen. Die Kostprobe dazu folgte nur kurze Zeit danach in Gestalt von wunderschönen Rosen, die in unseren Händen zu "Heilsbotschaftern" wurden und spontan mit entsprechenden Worten an von uns ausgewählte Adressaten übergeben wurden. Zum Schluss wanderten sie zurück auf den Altar zu dem, der unsere Seele gesund machen will.

    Zur Mitgliederversammlung hatten sich schon wieder viele von uns auf den Heimweg gemacht. Über den Verlauf der Versammlung, die Entlastung des Vorstandes und die Neuwahlen wird sicher an anderer Stelle noch offiziell berichtet. Der Stabwechsel zu einem neuen Vorstand geschah auch vor den Augen von Gründungsmitgliedern. Diese waren sehr dankbar und erleichtert, dass die so notwendige Arbeit jetzt von Jüngeren fortgesetzt wird.
    Bleibt nachzutragen, dass zu unserer Freude auch die kranke Person ganz zum Schluss wieder zu unserer Gemeinschaft zurückkehren durfte.


    Das Kirchenrecht in der Verfassung

    (Durch diese Verweisungsnorm werden fünf der sog. Kirchenartikel der Weimarer Verfassung in das geltende Bundesverfassungsrecht inkorporiert. Die Kirchenartikel sind auf diese Weise vollgültiges Verfassungsrecht. Soweit in ihnen Rechte gewährt werden, handelt es sich um Rechte mit Verfassungsrang, aber weder um Grundrechte noch grundrechtsgleiche Rechte, auf deren Verletzung eine Verfassungsbeschwerde gestützt werden kann. Allerdings ist häufig zugleich die Religionsfreiheit betroffen; das Bundesverfassungsgericht prüft dann in diesem Rahmen auch die Verletzung des Art. 140 GG.

    Art. 140 GG begründet ein im internationalen Vergleich gemäßigtes religionsverfassungsrechtliches System, das mit dem Verbot der Staatskirche einerseits die institutionelle Trennung von Staat und Kirche durchsetzt und den Staat für weltanschaulich neutral erklärt, sich aber andererseits nicht dem laizistischen Vorbild Frankreichs anschließt, sondern Religionsfreiheit und kirchliches Selbstbestimmungsrecht auch im öffentlichen Bereich gewährleistet (vgl. ausführlich Staatskirchenrecht).

  • Liebe Verfasser der beiden Ausführungen zu dem Thema "Wann liegt der Verdacht auf Mobbing nahe?" Sie haben beide ihre Berechtigung und sind sicher eine Hilfe bei der Analyse von konkretem Hilfeersuchen. Wir als Verein für Betroffene werden zuerst mit den entsprechenden Berichten konfrontiert und nicht mit sorgsam sortierten Verhaltensmustern. Alles spielt sich in einer Grauzone ab und oft hat der oder die Betroffene gar keine Worte dafür, was mit ihm/ihr passiert. Sehr treffend finde ich Achims Formulierung "Katalog des Schreckens", denn was man sich immer vor Augen führen muss, es handelt sich dabei um eine fortschreitende Ausgrenzung von Menschen. Und wenn Betroffene vor der schwierigen Frage stehen," Ist das noch eine Kritik aus der ich lernen könnte oder bereits ein Angriff auf mich als Person?" dann ist dieser sehr differenziert aufgeführte Katalog bestimmt sehr hilfreich.
    Ich frage mich aber, wie kommt man denn aus dieser Schreckenskammer heraus, wenn das Mobbing unmittelbar von der Geschäftsleitung ausgeht? Wenn es sich tarnt als rational begründete betriebliche Weisung oder sogar noch schlimmer. als wenn es zum Schutz des betroffenen Opfers vor sich selbst als eine Art Fürsorgepflicht verkauft wird?
    In dieser Abhandlung https://www.haufe.de/personal/arbeitsrec..._76_463104.html unter der Überschrift "Fürsorgepflicht und Fehlverhalten: Grenzen und Konsequenzen bei Mobbing"
    bejaht der Beitrag der Haufe-Online-Redaktion ausdrücklich, dass Mobbing auch vom Arbeitgeber ausgehen kann.
    Zitat: "Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei Mobbing
    Mobbing kann durch Kollegen, durch Vorgesetzte oder sogar vom Arbeitgeber ausgeübt werden. Dabei ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht und § 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, betroffene Arbeitnehmer vor Mobbing zu schützen. Um weitere Mobbinghandlungen zu verhindern, kann und muss der Arbeitgeber die ihm zur Verfügung stehenden arbeitsrechtlichen Mittel einsetzen. Hierzu gehören – je nach Schwere des Einzelfalls – die Rüge oder Ermahnung, die Abmahnung, die Versetzung oder als "ultima ratio" auch die Kündigung gegenüber den mobbenden Arbeitnehmern.

    Wenn sich also Mobbinghandlungen wiederholen, einem Arbeitnehmer widerrechtlich Kompetenzen abgesprochen werden, der Betroffene einerseits im Bedarfsfall verantwortungsvolle Tätigkeiten ausübt, er aber andererseits wiederholt und andauernd von berufsspezifischen Tätigkeiten abgehalten wird, ihm per Weisung wiederholt eine räumliche Entfernung vom eigentlichen Arbeitsfeld auferlegt wird (die Leymann auch im Katalog hat), stellt sich mir die Frage, ob nicht zumindest ein Anspruch darauf besteht, dass ein unabhängiges Gremium solche Verläufe untersucht und gegebenenfalls als Mobbing einordnet?
    Es ist ja nicht zu erwarten, dass ein Arbeitgeber bzw. ein Geschäftsführer, der Mobbing-Methoden bis zur Perfektion beherrscht, sich selbst korrigiert. In Verbindung mit seiner Machtstellung im Unternehmen werden seine Handlungen überproportional geschützt. Nach meiner Beobachtung/Erfahrung gibt es in solchen Kontexten auch immer ein Sprechverbot. Durch Einschüchterung wird eine Solidarisierung durch Kollegen, ja, sogar durch zuständige Gremien verhindert. Man erkennt es daran, dass die entsprechenden Ausschüsse in eisern praktiziertes Schweigen verfallen und Mitarbeitervertretungen sich aus solchen Fällen auffällig zurückziehen.
    Sicher ist der Skandal um Kardinal Woelki anders gelagert. Aber er zeigt doch deutlich, dass Vertuschen vor dem Hintergrund institutionalisierter Christlichkeit keine Zukunft mehr hat.
    Joringel

  • Fundstück Datum14.03.2021 14:02
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Hinter der Trommel her

    Hinter der Trommel her
    trotten die Kälber
    Das Fell für die Trommel
    liefern sie selber
    Der Metzger ruft. Die Augen fest geschlossen.
    Das Kalb marschiert mit ruhigem, festen Tritt.
    Die Kälber, deren Blut im Schlachthof schon geflossen
    Sie ziehn im Geist in seinen Reihen mit.

    Sie heben die Hände hoch
    Sie zéigen sie her
    Sie sind schon blutgefleckt
    Und sind noch leer.
    Der Metzger ruft. Die Augen fest geschlossen.
    Das Kalb marschiert mit ruhigem, festen Tritt.
    Die Kälber, deren Blut im Schlachthof schon geflossen
    Sie ziehn im Geist in seinen Reihen mit.

    Sie tragen ein Kreuz voran
    Auf blutroten Flaggen
    Das hat für den armen Mann
    Einen großen Haken.
    Der Metzger ruft. Die Augen fest geschlossen.
    Das Kalb marschiert mit ruhigem, festen Tritt.
    Die Kälber, deren Blut im Schlachthof schon geflossen
    Sie ziehn im Geist in seinen Reihen mit.

    Bert Brecht aus: Schweyk im zweiten Weltkrieg

    Verdammt aktuell - oder?

  • Brüderlichkeit – Fundament und Weg des Friedens
    Predigt zu Neujahr 2014
    (Num 6,22-27; Gal 4,4-7; Lk 2, 16-21)
    Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und
    der Tag beginnt. „Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“,
    fragte einer seiner Schüler. „Nein“, sagte der Rabbi. „ist es, wenn man einen Apfelbaum von einer Birke unterscheiden kann?“, fragte ein anderer. „Nein“, sagte der Rabbi. „Aber wann ist es dann?“, fragten die Schüler. „Es ist dann, wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und darin deine Schwester oder deinen Bruder siehst. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns.“

    Weitere Gedanken dazu finden sich in dieser Predigt https://www.bistum-magdeburg.de/upload/2...-zu-neujahr.pdf

    Sunny danke ich dafür, dass sie sich auf diese schwere Frage eingelassen hat. Denn es ist mutig, weil jeder die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit spürt. Ich auch!

  • Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Losung und Lehrtext für Donnerstag, den 11. März 2021
    Du sollst den Fremden lieben wie dich selbst.
    3. Mose 19,34

    Übt Gastfreundschaft.
    Römer 12,13


    Frage: Dürfen wir uns aussuchen, was wir tun wollen?

  • Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Vom Ingenieur zum Pfarrer

    Eine Veröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung vom 05-März 2021

    Späte Berufung: Spezielle Studienangebote in Evangelischer Theologie wenden sich an Quereinsteiger, die Pfarrer werden möchten. Doch es gibt noch andere Optionen.

    Von Joachim Göres

    Dirk Wagner hat Vermessungswesen an der Fachhochschule Oldenburg studiert und dann fast 30 Jahre als Vermesser und Bauleiter gearbeitet, unter anderem im Gasleitungs- und Straßenbau. "Das war eine anstrengende, aber auch sehr erfüllende Tätigkeit", sagt Wagner, der Ingenieur. Im Alter von 50 Jahren entschließt er sich, noch mal etwas ganz anderes zu machen: Er bewirbt sich für das sechs Semester dauernde Studium "Master of Theology" an der Universität Marburg, ein berufsbegleitender Studiengang, der alle drei Jahre angeboten wird.

    Ein Abschluss in einem nicht-theologischen Studiengang sowie fünf Jahre Berufserfahrung sind Voraussetzung. Zudem schreibt man in der Aufnahmeprüfung einen theologischen Essay und muss seine Kenntnisse der Bibel nachweisen und 25 Fragen wie "In welchem neutestamentlichen Brief wird auf Evas Sünde verwiesen und was stimmt in dieser Auslegung nicht?" beantworten. "Durch meine hohe Arbeitsbelastung fühlte ich mich schlecht auf die Prüfung vorbereitet und wollte schon vorher aufgeben, doch man ermutigte mich wegen meiner Vorkenntnisse als ehrenamtlicher Laienprediger", erinnert sich Wagner und fügt hinzu: "Ich gehörte dann zu den 27, die mit dem Studium beginnen durften." Sie sind ein bunter Haufen, zwischen Mitte 30 und 60, Juristen, Mediziner, Journalisten, Manager, etwa gleich viele Frauen und Männer.

    Berufsbegleitendes Studium - das bedeutet für Wagner, abends nach der Arbeit Texte zu studieren und Aufgaben zu lösen. Das bedeutet, an zahlreichen Wochenenden sowie an zehn Präsenzwochen in der Evangelischen Akademie Hofgeismar zusammen mit den Mitstudierenden Themen wie Exegese des Alten und Neuen Testaments, Gottesbilder in der Geschichte, Dogmen und Bekenntnisse, Religion in gesellschaftlichen Kontexten oder Theologiegeschichte von der Reformation bis in die Gegenwart zu vertiefen. Das bedeutet, am Ende innerhalb von drei Monaten eine Masterarbeit zu schreiben. "Wenn man wie ich in der Zeit voll arbeitet, ist das schon eine enorme Belastung. Da kann es auch zu Krisen in der Familie kommen", sagt Wagner, der für das dreijährige Studium rund 10 000 Euro bezahlte. Er betont das Positive: "Die Seminare in Hofgeismar wurden immer von zwei Marburger Professoren geleitet, die manchmal auch unterschiedlicher Meinung waren. Das waren spannende Diskussionen und ein ganz toller Kontakt, auch durch die intensiven Gespräche abends nach den Seminaren. Das war eine sehr erfüllte Zeit, eine der schönsten Zeiten überhaupt." In seinem Jahrgang schafften 24 der 27 Studierenden in der vorgesehenen Zeit den Abschluss.

    Quereinsteiger müssen mit Kritikern aus kirchlichen Kreisen rechnen
    Wagner wählte das Studium, um wichtige theologische und ethische Fragen für sich zu klären, nicht um unbedingt den Beruf zu wechseln. Als er fertig war, stand jedoch für ihn der Entschluss fest, als Pastor arbeiten zu wollen. Er kündigte seine Stelle als Bezirksleiter bei einer Baufirma und begann in einer evangelischen Kirchengemeinde in Kassel mit einem zweijährigen Vikariat, die praktische Ausbildungsphase auf dem Weg in den Pfarrberuf. "Dadurch verdiente ich viel weniger Geld als zuvor und musste mir für die Zeit in Kassel noch eine zweite Wohnung nehmen. Das war schon eine Umstellung."

    In der Kirchengemeinde fühlt er sich willkommen. Doch er bemerkt bei einigen Personen eine gewisse Reserviertheit. "Als Quereinsteiger ist man oft in theologischen Kreisen ein Outsider. Das wird nicht offen ausgesprochen, aber es ist zu spüren, dass man nicht als richtiger Theologe angesehen wird, dass einem der Stallgeruch fehlt", sagt Wagner. Er sieht es für seine Arbeit in der Gemeinde nicht als Nachteil an, in einem anderen Beruf gearbeitet zu haben: "Normale Menschen schätzen es, wenn man die Berufswelt kennt und ihnen bei Konflikten helfen kann."

    Die theologische Kritik an Quereinsteigern wie Wagner entzündet sich unter anderem an deren Fremdsprachenkenntnissen. Das reguläre Theologiestudium dauert fünf Jahre; es müssen grundlegende Kenntnisse in Latein, Griechisch und Hebräisch nachgewiesen werden. Im berufsbegleitenden Studium wird auf Latein verzichtet. In Griechisch und Hebräisch reichen für die Studierenden sogenannte funktionale Sprachkenntnisse aus, sodass sie mit Hilfsmitteln einfache biblische Texte erschließen können. "Ich hatte Griechisch- und Hebräischkurse schon früher besucht. Wenn ich meine Predigt schreibe, übersetze ich zunächst den jeweiligen Text ins Deutsche. Die meisten vollausgebildeten Theologen können die Sprachen doch gar nicht mehr", entgegnet Wagner.

    Letztlich sind Kirchengemeinden froh, wenn sie ihre Pfarrerstellen überhaupt besetzt bekommen. Nach Schätzungen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gehen in den nächsten zehn Jahren 30 bis 40 Prozent der Pastorinnen und Pastoren in den Ruhestand. Angesichts des übersichtlichen Interesses von jungen Leuten an diesem Beruf gibt es seit einiger Zeit weitere Studiengänge für Menschen mit einem Hochschulabschluss und mindestens fünf Jahren Berufserfahrung, die als Quereinsteiger Evangelische Theologie studieren möchten.

    An der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel startet in diesem Frühjahr erstmals der Masterstudiengang "Theological Studies". Wie beim neuen Masterstudiengang "Theological Studies" an der Universität Greifswald kann man zwischen einem Präsenzstudium in zwei Jahren und einem berufsbegleitenden Studium in drei Jahren wählen. Die Universität Heidelberg bietet den vier Semester dauernden Masterstudiengang Theologische Studien für diejenigen an, die sich für einen Quereinstieg ins Pfarramt der Badischen Landeskirche interessieren. Die Universitäten Frankfurt/Main und Mainz haben gemeinsam den drei Jahre dauernden berufsbegleitenden Masterstudiengang "Evangelisch-Theologische Studien" entwickelt. Kirchenrätin Rebecca Müller freut sich auf die Bewerber: "Wir machen gute Erfahrungen mit Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern. Sie bringen ihre beruflichen Erfahrungen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen mit ins Theologiestudium und Vikariat. Damit bereichern sie unsere Kirche und den Pfarrdienst."

    In Marburg kann man sich noch bis Oktober für den im nächsten Jahr wieder beginnenden berufsbegleitenden Studiengang bewerben. Seit dem Start der ersten Studiengruppe im Jahre 2007 habe sich die Zahl der Bewerber deutlich erhöht, sagt Studiengang-Koordinatorin Daniela Linke. Und noch etwas anderes habe sich geändert: "Durch die vielen sehr guten Absolventinnen und Absolventen unsere berufsbegleitenden Masterstudiengangs ist die Akzeptanz des Studiengangs unseres Erachtens in einigen Landeskirchen, die zu Beginn eher skeptischer waren, deutlich gestiegen."



    Dirk Wagner ist heute 61 Jahre alt. Mit einer halben Stelle arbeitet er als Industrieseelsorger. Er geht in Betriebe, berät Hilfesuchende, vermittelt bei Konflikten. "Die Leute kommen zu mir, weil sie wissen, dass ich unabhängig bin und sie mir vertrauen können", sagt er. Mit seiner anderen halben Stelle ist er in der Evangelischen Studentinnen- und Studentengemeinde Hannover tätig. Dort hat er es auch mit jungen Menschen zu tun, die unsicher in ihrer Fächerwahl sind. Wagner hört zu und versucht im Gespräch, gemeinsam eine Perspektive für die Zukunft zu finden. Es ist dabei nicht von Nachteil, dass er selbst als junger Mann nach vier Semestern ein Theologiestudium abbrach. Wagner: "Das war ein Misserfolgserlebnis und dennoch eine wichtige Erfahrung. Ich kann gut verstehen, wie sich jemand fühlt, der an sich und seiner Studienwahl zweifelt." Seinen kurvenreichen Weg zum spät berufenen Pastor hat er nicht bereut.

    © SZ vom 05.03.2021

  • Ich bin der HERR, der das Recht liebt und Raub und Unrecht hasst.
    Jesaja 61,8

    Niemand gehe zu weit und übervorteile seinen Bruder im Handel. Denn der Herr straft dies alles.
    1. Thessalonicher 4,6
    [u]

    Die Losung des heutigen Tages. Es gilt sicher auch für übervorteilte Schwestern! (Degradierung zur Hilfskraft und entsprechender Reduzierung des Einkommens). Wie kann man so etwas vor seinem Gewissen verantworten, Herr Zwick?

  • Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Ich habe noch niemanden getroffen, der sich mit der Rolle eines gewissen D.T. und seinen politischen Entscheidungen anfreunden kann. Wenn ich mir die Kopfnicker um ihn herum ansehe, denke ich, kommen die sich nicht selbst lächerlich vor? Deshalb war es für mich sehr wohltuend, wenn auch nur im Zeitungsinterview SZ 2./3. Mai 2020 in der Rubrik Wirtschaft, unter der Überschrift "Ich werde nicht immer den Müll rausbringen" ein Interview mit Melinda Gates nachlesen konnte.

    Sie und ihr Mann engagieren sich dafür, dass die ganze Welt mit Tests, Medikamenten und Impfungen versorgt wird. "...Wenn es COVID irgendwo gibt, gibt es COVID überall. Wenn Impfungen nicht überall verteilt werden, kann es Rückfälle geben." Sie wurde gefragt, ob man die Rolle WHO nicht kritisch sehen müsse. Antwort: "Die WHO ist ins Leben gerufen worden, um sich um globale Gesundheitskrisen zu kümmern. Nur weil sie die Führung übernahm, konnten wir die Pocken besiegen. Während einer Krise bringt es nichts, mit dem Finger zu zeigen oder Geldzuflüsse zu streichen. Man sollte sich darauf konzentrieren, dass man eine gute, wenn auch nicht perfekte Organisation hat. Nach der Krise muss man analysieren, was schief gelaufen ist. Jetzt muss sie Teil der Lösung sein." Sie berichtet, dass sie und ihr Mann und ihr Team Tag und Nacht telefonieren, um die Suche nach einem Lungenimpfstoff zu befördern.
    Es gibt auch eine Verschwörungstheorie, dass die Gates das Virus kreirt hätten. Wie denkt sie darüber? "Es ist zutiefst irritierend.....COVID ist für sich genommen tödlich genug. Wir brauchen nicht obendrein noch eine Ausbreitung von Fehlinformationen, um es noch schlimmer zu machen."
    Über ein Gespräch mit Angela Merkel sagt sie:"Auch neulich am Telefon hat sie die richtigen Fragen gestellt.. Sie zu erleben, zu erleben , wie Entwicklungsminister Müller von globaler Zusammenarbeit spricht, Präsident Steinmeier zu erleben - wenn ich Bürgerin von Deutschland wäre, wäre ich schrecklich stolz."
    Indirekt und diplomatisch findet sie auch Worte zur Lage in ihrem Land. In "America first" sieht sie kein tragendes Konzept für die Weltgemeinschaft. Sie weiß, dass sie durch ihr Vermögen privilegiert ist. Über die familiäre Situation sagte sie: "....Wir haben uns als Familie angewöhnt. dass am Abendbrottisch jeder von uns eine Sache sagt, für die er oder sie dankbar ist.... Es ist ein wunderschöner Frühling und wie Menschen einander gerade helfen, wie sie ältere Nachbarn unterstützen, zum Beispiel, digitale Technik erklären - ich sehe viel Schönheit im Kleinen, aber auch unter den Führungspersonen der Welt. Inzwischen beginnt jedes Gespräch mit einem ernst gemeinten: Wie geht es Dir und Deiner Familie? Da zeigt sich das Gute in der Welt."

  • VerzeihenDatum07.05.2020 12:58
    Foren-Beitrag von Joringel im Thema Verzeihen

    Ich möchte noch einmal auf den Beitrag von Turmfalke vom 24.04. zurückkommen. Ich finde ihn sehr klug und wohl durchdacht. Aus meiner Sicht entzieht er sich etwas dem Rahmen "Diskutieren und Plaudern". Er ist mehr als nur irgendein Diskussionsbeitrag. Er ist schon eine Anleitung wie jeder von uns mit eigenen Fehlleistungen und mit denen durch andere erlittene in seiner eigenen Biographie umgehen kann. Vielleicht könnte der Verfasser noch einmal eine Art Resumée schreiben ohne Bezug auf einen konkreten Fall, damit alle, die sich mit Mobbing beschäftigen, tiefer und ohne das Ping-Pong eines unmittelbaren Diskussionsbeitrages darüber tiefer nachdenken können. Auch "Rache" ist ein wichtiges Thema. Die Grenzen zwischen dem Ruf nach Gerechtigkeit und nach Rache sind fließend. In dieser Frage muss man m.E. sehr in sich gehen.

    Joringel

  • Hungersnot bei den Roma in RumänienDatum20.04.2020 22:13
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Liebe Freunde,
    der Eine oder Andere hat vielleicht auch durch Fernsehberichte mitbekommen, dass in Rumänien wegen Corona eine strenge Ausgangssperre herrscht. Für Roma-Familien, die dicht gedrängt in ärmlichen Hütten gewissermaßen von Tagelöhnerarbeit leben, ist es eine Katastrophe. Seit vielen Jahren schon steht die christliche Gruppe "Projekt Leben e.V." den Roma bei und hat auch in der Vergangenheit viel erreicht. So gibt es Schulpatenschaften und die ersten Romakinder studieren schon. Ich habe sehr viel Respekt vor der Arbeit dieser relativ unbekannten christlichen Gruppe. Leider bin ich nicht so fit in der Handhabung von Dateien, wenn man sie weiterverbreiten möchte. Jedenfalls erreichte mich der unten stehende Hilferuf, den ich ohne Logo in einer Word-Datei verbreiten möchte. Inzwischen ist bereits ein Hilfskonvoi losgefahren und ich habe sogar schon Fotos von der Verteilung der Lebensmittelspenden erhalten. Die Ausgangssperre ist aktuell noch einmal bis zum 15.Mai verlängert worden.

    Vielleicht hat Jemand von Euch die Möglichkeit, mitzuhelfen. Die Internet-Adresse und Bankdaten findet Ihr ganz am Schluss!

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    DER BRIEF:

    Unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen:
    im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.
    Alles Denken, Reden und Organisieren in den Dingen des Christentums
    muss neu geboren werden aus diesem Beten und diesem Tun.
    Dietrich Bonhoeffer

    Lauterbach, den 08.04.2020

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    liebe Freunde,

    diesen Brief schreibe ich Ihnen, weil mir Pastor Vasile Ghica, der Präsident der Romakirche in Rumänien, in den vergangenen Tagen die katastrophale Situation in seinem Land geschildert und uns dringend um Hilfe gebeten hat.

    Corona hat seit einigen Wochen auch Rumänien erreicht. Doch das Virus trifft das Land an einem seiner wundesten Punkte. Das Gesundheitssystem ist marode. Viele Ärzte und Pfleger sind ins Ausland gegangen. Krankenhäuser in kleineren Städten wurden geschlossen. In den vergangenen 30 Jahren wurden im ganzen Land 3 (!) Krankenhäusern neu gebaut. Es fehlt an allem - nicht nur an Schutzkleidung, Masken und Beatmungsgeräten. Das rächt sich jetzt.
    Die Regierung versucht mit radikalen Maßnahmen gegenzusteuern.
    So gibt es seit dem 25.03.2020 eine landesweite Ausgangssperre. Die wird scharf kontrolliert und mit Strafen bis über 200€ geahndet. Jedes Fahrzeug wird von Polizei oder Militär gestoppt und kontrolliert. Auch in den Dörfern patroullieren Polizei und Militär. Menschen über 65 Jahren dürfen nur in der Zeit von 11 bis 13 Uhr für Besorgungen das Haus verlassen. Aber was ist mit denen, die gar nichts besorgen können, weil sie kein Geld haben?! Innerhalb weniger Tage sind über eine Million Menschen im Land arbeitslos geworden. Das ist die offizielle Zahl. Hinzu kommen noch Unzählige, die nicht regulär gemeldet sind, sondern private Reinigungsdienste übernehmen, Schrott sammeln, Straße fegen, Holz hacken, Bärlauch und Brennnesseln verkaufen… Das betrifft besonders viele Roma in den Siedlungen am Rand von Städten und Dörfern.
    In einigen Orten sind die kleinen Geschäfte und Brotläden geschlossen, so dass die Menschen keine Lebensmittel kaufen können. Der Hunger treibt viele auf die Straße nach der Suche nach etwas Essbaren oder nach Menschen, die barmherzig sind und ihnen ein bißchen Geld zustecken.

    Vasile Ghica, der leitende Pastor der Romakirche in Rumänien, sagte am Telefon: „Es werden wahrscheinlich mehr Menschen an Hunger sterben als am Corona-Virus.“
    Pastor Vasile Ghica hat uns deshalb dringend um Hilfe gebeten.
    Die Struktur der Romakirche ermöglicht, dass die Hilfe bei den armen Menschen ankommt.
    Im Großhandel werden Grundnahrungsmittel gekauft und über die Pastoren und Gemeindeleiter der örtlichen Kirchen an die ärmsten Familien verteilt.
    Ein konkretes Beispiel:
    Ion Olescu lebt mit seiner Frau und zwölf Kindern in Sacele Garcin, einer der größten Romasiedlungen in Rumänien. Weit oben am Berg wohnen sie in einer armseligen Hütte. Ion hat den Lebens-unterhalt für seine Familie mit Gelegenheitsarbeiten verdient. Jetzt bekommt er keine Arbeit. „Wir wissen nicht, wovon wir leben sollen“, sagt er. Sie sind dankbar, dass der Gemeindeleiter Öl, Mehl und Zucker bringt. So haben sie wenigstens für ein paar Tage etwas zu essen im Hause.
    Behausung von Familie Olescu
    Aber wenn das über zwei Wochen oder länger geht, weiß niemand, wie die Menschen überleben sollen.

    Die Verantwortlichen der Romakirche wissen, dass sie nicht allen helfen können – und dass es damit auch Streit geben wird. Aber sie unterstützen so viele Menschen wie möglich – auch außerhalb der Gemeinden.
    Und wir wissen, dass unsere Hilfe - wie groß sie auch sein mag - nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Wir würden viel lieber nachhaltige Projekte initiieren und unterstützen. Aber wir wissen auch, dass wir jetzt nicht einfach die Augen vor dieser Not verschließen können.
    Und es könnte sein, dass diese Hilfe viel nachhaltiger ist, als sie auf den ersten Blick aussieht. Denn wenn Menschen überleben können und Ermutigung und Hoffnung bekommen, kann sich ihr Leben nachhaltig zum Guten wenden.

    Deshalb bitte ich Sie, nach Ihren Möglichkeiten zu helfen und diese Nachricht an Ihre Freunde und Bekannten weiterzuleiten. Gemeinsam können wir viel bewirken – im Beten und Tun des Gerechten.
    Ein wichtiges Anliegen zum Gebet bleibt das Ganze (auch in unserem und für unser Land) sowieso.

    (In unserer eigenen Region wird es wichtig sein, kleinere Händler und Gewerbetreibende zu unterstützen. Die gehören - im Gegensatz zu Amazon - ganz sicher nicht zu den Gewinnern dieser Krise. Wenn Sie Geschäftsleute kennen, die das besonders betrifft - Blumen, Bücher, Kleidung, Cafes......-, schreiben Sie uns bitte die Kontaktdaten. Vielleicht können wir an der einen oder anderen Stelle mit Einkäufen unterstützen oder Empfehlungen weitergeben. Da kann sich was entwickeln und könnte auch eine Chance der Krise sein, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken und für unsere Region zu denken. Und wer diese Email erhält und weiter weg wohnt, darf das auch für seine Region denken und tun.)

    Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe und wünsche Ihnen, dass Sie - trotz allem - fröhlich Ostern feiern können. Durch Ostern kommt Hoffnung in die Welt, weil Jesus auferstanden ist.

    Herzlich grüßt Sie aus Lauterbach auch im Namen unseres Vorstands



    Matthias Netwall
    Geschäftsführer

    projekt LEBEN e. V.
    Dorfstraße 110
    01833 Stolpen OT Lauterbach

    Tel 035973 29478
    Fax 035973 29266
    projektleben@gmx.net
    www.projektleben.org


    projekt LEBEN e. V.
    IBAN: DE03 1203 0000 0018 4035 01
    BIC: BYLADEM 1001

  • Beim Lesen der Berichte und Antworten, insbesondere von Turmfalke, vielleicht gibt es hier auch einen Pastor oder eine Pastorin, die als Außenstehende eingreifen könnten?

    Joringel

  • Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Eine missverstandene Formel und das Zeugnis des Neuen Testaments
    [b]Kirchliche Handlungsräume oder Gemeinde Jesu Christi
    Von: Gisela Kittel
    Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft: 4/2018

    Die Rede von der »ecclesia semper reformanda« ist häufig zitiert, aber auch häufig missverstanden – meint sie doch nicht, dass sich die Kirche immer wieder neu den Maßstäben der Gesellschaft anpassen soll. Genau dies geschieht aber in gegenwärtigen Struktur­entscheidungen und Umbaumaßnahmen in den Landeskirchen – sehr zum Schaden der ­Ekklesia Gottes, wie Gisela Kittel meint.

    I  Ecclesia semper reformanda?

    Am Anfang des Beitrags mögen zwei Verse aus dem Römerbrief des Apostels Paulus stehen. Röm. 12,1f: »Ich ermahne euch nun, liebe Brüder (und Schwestern), durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. 2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.« Schlagen wir V. 2 in der Übersetzung der Vulgata nach, so lesen wir: »Et nolite conformari huic saeculo sed reformamini in novitate sensus vestri ut probetis quae sit voluntas Dei …«

    Der Anklang an die heute so gern benutzte Formel von der »ecclesia semper reformanda« ist nicht zu überhören. Bedeutet sie wirklich, dass sich die Kirche immer neu dem Wandel der Zeit stellen soll? Muss sie sich beständig der Zeit entsprechend verändern? Die Herkunft der besprochenen Formel ist noch immer nicht ganz geklärt. Von den Reformatoren stammt sie jedenfalls nicht!1 Wenn ich richtig informiert bin, wurde sie im reformierten Frühpietismus zu Anfang des 17. Jh. zum ersten Mal wörtlich nachgewiesen.2 Aber der Gedanke, dass die Kirche immer wieder einer »reformatio« bedarf, reicht viel weiter zurück, in die Reformbewegungen des Mittelalters, ja bis zu den lateinischen Kirchenvätern.3

    Doch wie auch immer man die Herkunft der Formel bestimmen mag, klar ist, dass die Rede von der »ecclesia semper reformanda« gerade nicht die Aufforderung beinhaltet, die Kirche möge sich immer wieder neu der Welt, ihren Strukturen und Prinzipien, anpassen. Sie solle sich beständig wandeln, um mit der Zeit zu gehen. Das Gegenteil ist ­gemeint!

    Inmitten der sich wandelnden Welt, in der auch die Kirche lebt, soll sie sich immer wieder in Jesus Christus zurück-formen, re-formieren lassen! Und das heißt: Sie soll sich zurück in die Form bringen lassen, die Jesus Christus entspricht. So wie es der Apostel Paulus im Brief an die Gemeinden in Galatien ausdrückt. An den Galatern irre geworden, beschwört sie der Apostel Gal. 4,19: »Meine lieben Kinder, die ich abermals unter Wehen gebäre, bis Christus in euch Gestalt gewinne!«


    II  Umbau der Landeskirchen

    Wir befinden uns gegenwärtig in einem Umformungsprozess, wie es ihn in unserer evangelischen Kirche bisher nicht gegeben hat.4 Da dieser Umbau inzwischen in fast allen Landeskirchen begonnen wurde und erlebt werden kann, sei er hier nicht weiter erläutert. Ich beschränke mich auf die Stichworte:

    – Regionalisierung (Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse von der Gemeindeebene weg auf die jeweilige mittlere Ebene und deren Stärkung)5;

    – Funktionalisierung (Abbau von Gemeindepfarrstellen zu Gunsten von Sonderpfarrstellen und funktionalen Diensten)6;

    – Zentralisierung (Leuchtfeuer, Kompetenzzentren, Zentralgottesdienste, Gemeindefusionen, Zentrale Verwaltungsämter)7;

    – Ökonomisierung (Neues kirchliches Finanzsystem – NKF, Doppelte Buchführung – Doppik, Substanzerhaltungspauschale, Erweiterter Solidarpakt)8.

    Lauter Prozesse, die als Kehrseite die Marginalisierung und Entmündigung der Ortsgemeinden und ihrer Kirchenvorstände zur Folge haben. Denn die örtlichen Gemeinden werden in diesen Prozessen wichtiger Entscheidungsbefugnisse beraubt (Personalhoheit, Finanzhoheit), durch das neue Kirchliche Finanzsystem arm gerechnet (wenn sie z.B. wertvolle Immobilien besitzen) und – falls sie den angelegten Kriterien nicht standhalten – zum Aufgehen in Großverbänden wie Gesamt- oder Kirchenkreisgemeinden gedrängt, um nicht zu sagen: gezwungen.9

    Noch einen Schritt weiter als bisher erlebt, geht mittlerweile die Evang. Kirche in Bayern (die kleine braunschweigische Kirche ist schon vor ein paar Jahren vorausgegangen), die mit ihrer Synodenvorlage »Profil und Konzentration« (PuK genannt) die bisherigen Entwicklungen noch einmal übertrumpft.10 Jetzt soll die Landeskirche in »Handlungsräume« oder »Gestaltungsräume« entsprechend den »Sozialräumen« gegliedert werden. In ihnen sind »multiprofessionelle Teams« mit »multiprofessionellen Kompetenzen« als »Akteure« tätig, um in funktional aufgeteilten Diensten von »kirchlichen Zentren« aus das Kirchenvolk und vor allem die Kirchenfernen religiös zu erwecken und zu versorgen. Die örtlichen Gemeinden, die »Parochien«, kommen in diesem Konzept nur noch am Rande vor.11 Auch sie sind nur »Akteure« unter vielen anderen »Akteuren« und haben für die am Ort »weniger Mobilen«, Senioren und Familien mit kleinen Kindern, immerhin noch einen ­gewissen Nutzen.12

    Ich habe mich immer wieder gefragt und frage mich weiterhin, was eigentlich hinter diesem Umbau der evangelischen Kirche steckt? Sind es die Sparzwänge? In der Tat war im Zuge des EKD-Impulspapiers »Kirche der Freiheit« in allen Landeskirchen und ihren Entscheidungsgremien der große Alarmruf zu hören, es gäbe zu den durchgeführten Streichungen von Pfarrstellen, Schließungen von Kirchen und Gemeindehäusern, Fusionierungen von Einzelgemeinden zu Groß­gemeinden keine Alternative! Denn die evangelische Kirche könne – so wurde warnend prognostiziert – wegen ihres Mitgliederschwundes im Jahr 2030 nur noch über die Hälfte der Steuereinnahmen verfügen, die sie im Jahr 2002 noch hatte einnehmen können. Damals betrugen die Kirchensteuereinnahmen in der gesamten EKD 4 Mrd. Euro, im Jahr 2030 würden es aber nur noch 2 Mrd. sein.13 Doch seit 2006 sind die Kirchensteuereinnahmen ständig gestiegen! Sie betrugen im Jahr 2016 laut EKD-Statistik 5,45 Mrd. Euro. Daher sei die Frage noch einmal gestellt: Warum und zu welchem Zweck betreiben die EKD-Kirchen diesen radikalen Umbau? Was wird von denen, die den Prozess antreiben und leider auch durchsetzen, wirklich gewollt?

    Bestimmte Formulierungen in amtlichen Papieren, ja, die Sprache dieser »Kirchenreform«, können vielleicht einen Fingerzeig geben: So spricht etwa das Impulspapier der EKD nicht von der Zukunft der Gemeinden, um die man sich Sorgen macht – diese kommen nur in Negativzusammenhängen vor –, die Rede ist von der »Zukunft des Protestantismus in Deutschland« und dem »Mentalitätswandel«, mit dem »der deutsche Protestantismus die Chance (habe), neue Zukunft zu gewinnen«14. Daher muss bei jeder finanziellen Unterstützung die Frage überzeugend beantwortet werden, »ob es für die Zukunft des Protestantismus in Deutschland von herausregender Bedeutung sei, diese Aufgabe fortzusetzen«.15

    In einem wichtigen Vortrag vor der bayerischen Landessynode wird zu These 10 des Papiers der Berliner Kirche »begabt leben – mutig verändern« gesagt, dass wir »dann eine gesellschaftlich relevante Kirche (bleiben), wenn wir ein Konzept regionaler Vernetzung gestalten …«16. Oder es wird gefragt, »was unsere Kirche in Zukunft wieder ›bemerkenswerter‹ macht«17. »Im Jahr 2030 ist die evangelische Kirche in der öffentlichen Wahrnehmung dadurch stark, dass sie gemeinsame Themen und Positionen vorgibt, die in die Gesellschaft hineingetragen und vertreten werden.«18.

    Vom erhofften »Ausstrahlen der Kirche« in den gesellschaftlichen Raum hinein ist immer wieder die Rede. So soll es im Jahr 2030 »zentrale Begegnungsorte des evangelischen Glaubens« geben, »die missionarisch-diakonisch-kulturell ausstrahlungsstark sind und angebotsorientiert in einer ganzen Region evangelische Kirche erfahrbar machen«19. An diesen Orten zeigt dann die evangelische Kirche »die Fülle ihrer geistlichen Kraft«20. Wir müssen von Zeit zu Zeit neu schauen, ob »unsere kirchlichen Verhältnisse mit ihren gewachsenen Strukturen, mit der Art, wie Gemeinde gelebt, das Ehrenamt positioniert, wie das Pfarramt verstanden wird …«, ob das alles noch so passt, »dass wir eine gewisse Ausstrahlungskraft in unsere Gesellschaft hinein«21 besitzen. »Kasualien als wichtige Kontaktpunkte der Kirche mit Kirchenmitgliedern und Nichtmitgliedern sind professionell und qualitativ so weiterzuentwickeln, dass ihre geistliche Attraktivität gesteigert wird«22.

    Was ist das für eine Kirche, die so fragt und redet und dann auch handelt? Sie macht in hohem Maß den Eindruck einer »außengeleiteten« Kirche. Nicht, »was Gottes Wille ist« (Röm. 12,2), scheint im Vordergrund der Überlegungen und Planungen zu stehen, sondern wie sie sich selbst zu einer öffentlichen Größe formen kann, die gesellschaftliche Anerkennung, öffentliche Wahrnehmung und Bedeutung erlangt und so ihre Zukunft sichert.23 Doch wird eine solche Kirche auch in den Augen Gottes eine Zukunft haben? Wird sie, derart auf sich selbst ausgerichtet, Menschen zu Jesus Christus führen und, wie behauptet, missionarisch wirken können? Ja, ist sie selber noch die Gemeinde des Gekreuzigten, bereit, zu ihm aus dem Lager hinauszugehen, um seine Schmach zu tragen? (Hebr. 13,13)


    III  Ekklesia Gottes

    Auch wenn es heute vielfach heißt, dass wir liebgewordene Traditionen verabschieden und unsere Gemeindebilder verändern müssen, soll hier doch noch einmal in das NT zurückgeblickt und an die Aussagen und starken Metaphern erinnert werden, in denen die ntl. Zeugen von der Gemeinde Jesu Christi sprechen.

    Es gibt, wie wir wissen, im ntl. Sprachgebrauch keinen Unterschied zwischen den Begriffen »Kirche« und »Gemeinde«. Die Kirche ist die Gemeinde. Beide werden mit dem einen Wort »ekklesia« bezeichnet, das im profanen Gebrauch schlicht die »Versammlung« bzw. die »Volksversammlung« bedeutet und im christlichen Kontext u.a. durch den Genitiv »Gottes« näher bestimmt wird. Die »ekklesia Gottes« ist die Versammlung der durch Gott bzw. Jesus Christus in seinen Dienst berufenen Menschen. Und diese Ekklesia wird, obwohl es sie in ökumenischer Weite gibt, doch sichtbar und konkret an ganz bestimmten Orten, in den örtlichen Gemeinden, auch in Versammlungen in einzelnen Häusern. So schreibt der Apostel Paulus z.B. die Korintherbriefe an die Ekklesia Gottes, die in Korinth ist (1. Kor. 1,2; 2. Kor. 1,1), oder er lässt die Ekklesia grüßen, die im Haus von Prisca und Aquila zusammenkommt (Röm. 16,5; 1. Kor. 16,19). Paulus spricht aber auch von den Gemeinden, die in Judäa sind (1. Thess. 2,14), oder von allen Gemeinden der Heiden (Röm. 16,4).

    Der Sprachgebrauch im NT schwankt zwischen Singular und Plural, wozu Karl Ludwig Schmidt in seinem Artikel im »Theologischen Wörterbuch« bemerkt: »Es ist nicht so, daß die ̉ekklesía in ̉ekklesíai zerfällt. Es ist auch nicht so, daß erst eine Addition von ̉ekklesíai die ̉ekklesía ergibt. Es ist vielmehr so, daß an den genannten Orten sich die ̉ekklesía findet …«24

    Jürgen Roloff erläutert noch ausführlicher: »Die Ortsgemeinden repräsentieren die ekklesia Gottes, freilich nicht in der Weise, daß sie nur Ausschnitte aus einer übergreifenden empirisch gedachten Größe, einer ›Gesamtkirche‹, wären, sondern so, daß in ihnen das Wesen der pneumatisch-christologischen Größe ›ekklesia Gottes‹ gültig zum Ausdruck kommt. Jede einzelne Gemeinde ist in einem vollen Sinn ekklesia Gottes. Was sie als solche ausweist, ist nicht ihre Anteilhabe an einer ›Gesamtkirche‹, sondern ihr Sich-Versammeln ›in Christus‹, d.h. als Bereich des durch den Geist gegenwärtig wirksamen Christus.«25

    Für diese Ekklesia Gottes, die in jeder einzelnen Gemeinde gegenwärtig ist, wie wenige oder viele in ihr auch zusammenkommen, hält das NT verschiedene aussagestarke Bilder bereit: Sie ist nach Paulus der »Leib Jesu Christi«, eine Gemeinschaft von Menschen, die im Abendmahl an dem für uns gegebenen Leib des Herrn Anteil haben (1. Kor. 10,16f) und in der Taufe in seinen Leib, in die durch ihn bewirkte Versöhnung, hineingetaucht wurden (1. Kor. 12,13). So dürfen sie alle nun miteinander als »begnadete Sünder« leben. Da ist nicht mehr Jude, Grieche, Sklave, Freier, Mann, Frau (Gal. 3,28). Sie sind alle eins in Jesus Christus und untereinander Glieder, die sich gegenseitig brauchen und stützen, wie es die Glieder eines natürlichen Leibes tun (1. Kor. 12,12-27; Röm. 12,4f). Wahrhaftig, ein Kontrastmodell zur zerrissenen antiken Gesellschaft, aber ein Modell, das ganz konkret in der Ekklesia eines Ortes gelebt wird!

    Ein anderes Bild für die Ekklesia Gottes ist der Tempel. Nicht mehr der Tempel in Jerusalem oder heidnische Tempelgebäude in einer antiken Stadt sind Begegnungsorte mit dem Heiligen. Die Ekklesia Gottes, die Gemeinschaft der Heiligen, ist der »Tempel des lebendigen Gottes« (2. Kor. 6,16), ein geistliches Haus, aus lebendigen Steinen erbaut (1. Petr. 2,4-8), von Gottes Geist durchdrungen (1. Kor. 3,16f) und auf dem Eckstein, Jesus Christus, gegründet (Eph. 2,20-22).

    Im ersten Petrusbrief (1. Petr. 1,17; 2,11) findet sich das Bild der »paroikia«, der »Parochie«. Der Begriff bezeichnet das Leben der Christen, die in dieser Welt nur als »Beisassen«, als Fremdlinge wohnen und deren Erbe im Himmel aufbewahrt ist (1. Petr. 1,4). Und da ist das »wandernde Gottesvolk«, Menschen, die zu dem in Schande »draußen vor dem Tor« hingerichteten Jesus Christus hinausgehen, um seine Schmach zu tragen. Und die wissen: »Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir« (Hebr. 13,13f).

    Zuletzt sei noch auf das wunderbare Bild in Jesu Abschiedsreden in Joh. verwiesen. Wer sind die Seinen? »Reben« sind sie am Weinstock, die allein von ihm, ihrem Meister und Herrn, ihren Saft und ihre Lebenskraft erhalten und denen gesagt ist: »ohne mich könnt ihr nichts tun« (Joh. 15,1-5).

    All diesen Bildern und Aussagen ist eines gemeinsam: Es geht um Gemeinschaft, eine Gemeinschaft von Menschen, die zueinander gehören und die zugleich – als diese Gemeinschaft – einem anderen angehören: Jesus Christus, dessen Herrschaft über alle tödlichen Mächte und Gewalten sie schon jetzt in ihren Gottesdiensten feiern, dem sie entgegen gehen, auf den hin sie versuchen, ihr Leben auszurichten (Eph. 4,15f). Es geht somit in diesen ntl. Aussagen um das Wesen der Kirche, nicht einfach um eine zeitbedingte Organisationsform, die man auch wechseln kann.

    Daher lautet die entscheidende Frage: Hilft der gegenwärtige Umbau der evangelischen Kirche dieser Ekklesia Gottes? Hilft er unseren Gemeinden, zum »Leib Jesu Christi« zu werden, zum »Tempel des lebendigen Gottes«, zur »Rebe« am Weinstock, die nicht verdorrt und weggeworfen wird (Joh. 15,6)? Nur dann könnten wir vielleicht auch von einer »Ausstrahlung« sprechen, die nicht von Menschen hergestellt oder angestrebt werden kann, sondern allein von dem, der das »Licht der Welt« ist, geschenkt wird. Nur dann könnten und dürften wir vielleicht die großen Zusagen wiederholen, die Jesus seiner Jüngergemeinde zugesprochen hat: Ihr – nicht die Kirchenorganisation, sondern die konkret und praktisch Jesus Nachfolgenden – seid das »Licht der Welt« (Mt. 5,14), weil ich euch in mein Licht gezogen habe. Ihr seid das »Salz der Erde« (Mt. 5,13), weil durch eure Gemeinschaft etwas erfahrbar wird von der Umkehrung der Maßstäbe, die sonst im Überlebenskampf auf dieser Erde gelten. Die Stadt, die auf einem Berg liegt und in der schon jetzt die kommende Herrschaft Gottes verkündigt und gefeiert wird, kann doch nicht verborgen bleiben! (Mt. 5,14)


    IV  Resümee: Hoffnung für die Kirche

    Ich hoffe auf eine demütige Kirche, die den grundlegenden Schaden unserer heutigen Kirche: unsere geistliche Armut, die Sprachlosigkeit in den Fragen des Glaubens, unsere Gottesvergessenheit, nicht überspielt mit Aufsehen erregenden Aktionen, Großkundgebungen, Schönrednerei, sondern die in kritischer Selbstbesinnung nach dem fragt, was sie selber hält und trägt.26

    Ich hoffe auf eine Kirche, die wieder lernt, zu unterscheiden zwischen dem, was Gottes Sache, und dem, was uns aufgetragen ist. Wachstum und Bestand der Kirche liegen in Gottes erhaltender oder richtender Hand. »Die Zukunft ist sein Land«, wie es im so oft und gern gesungenen Lied von Klaus Peter Hertzsch (EG 395) in der dritten Strophe heißt. Wir sind an einer anderen Stelle gefordert, die der Apostel Paulus deutlich benannt hat. Gegenüber dem Vorwurf, dass sein Auftreten und seine Predigt nicht so weisheitlich und glänzend wie die des Apostels Apollos sei, erwidert er in 1. Kor. 4,1f: »Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse. Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden.«

    Treue in Lehre und Verkündigung gegenüber dem biblischen Wort, Treue aber auch gegenüber den Menschen ist angesagt. Dass die Mitarbeiter der Gemeinde in der Nähe der Menschen bleiben, Pfarrern und Pfarrerinnen Zeit und Freiraum gegeben wird, Menschen in ihren Lebenssituationen seelsorgerlich zu begleiten, dass Gottesdiensträume nicht zugeschlossen werden, sondern überall, wo Christen leben, das Zusammenkommen zum gemeinsamen Lob, zu Fürbitte, Bibellesung und Gebet besonders am Tag des Herrn möglich ist, dass der diakonische Dienst in der Nähe der Gemeinden bleibt und nicht an überregionale Organisationen abgegeben wird, deren kirchliche Ausrichtung nicht mehr erkennbar ist – dies und vieles mehr gehört zu der Arbeit, die die Gemeinde Jesu in Treue auszurichten hat.

    Ich hoffe auf eine Kirche, die die stille, bescheidene Arbeit vor Ort wieder wertschätzt, die nicht nur von der Freiheit – nach außen gewandt – redet oder sie für ihre eigenen Strukturveränderungen in Anspruch nimmt, sondern die auch Freiheit gibt: den Gemeinden, Kirchenvorständen, Pfarrpersonen, Mitarbeitenden, dass sie auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen und in eigener Verantwortung je an ihrem Ort ihre Arbeit tun können, ohne bedroht zu werden mit Stellenabzug, Mittelkürzungen oder gar disziplinarischen Maßnahmen, wenn sie den Weisungen aus der Mittelebene Kritik und Widerstand entgegensetzen.

    Ich hoffe auf eine Kirche, die Konflikte menschlich austrägt, durch Anhörung aller Betroffenen, Gespräch, echte Mediation, Supervision, und die dem Vorkommen von Mobbing und Willkürentscheidungen in den eigenen Reihen durch Änderung ihrer Gesetzgebung endlich einen Riegel vorschiebt.27

    Ich hoffe auf eine Kirche, in der die Theologische Erklärung von Barmen nicht nur in der Präambel der Verfassung steht, sondern die auch nach diesen theologischen Erkenntnissen handelt:

    These III
    »Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern (und Schwestern), in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt. Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder zu bezeugen, dass sie allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Erwartung seiner Erscheinung lebt und leben möchte.
    Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.«


    Anmerkungen:

    1 Die Reformatoren haben Gottes Wort ins Zentrum ihres theologischen Denkens gerückt und die Kirche als Geschöpf des Wortes Gottes gesehen. Vgl. Gisela Kittel, Ohne Predigt des Evangeliums kann keine evangelische Kirche sein, DPfBl 11/2017, 624-628.

    2 Theodor Mahlmann, »Ecclesia semper reformanda«. Eine historische Aufklärung. Neue Bearbeitung, in: R. Johansson u.a. (Hg.), Hermeneutica Sacra. Studien zur Auslegung der Heiligen Schrift im 16. und 17. Jahrhundert, Berlin/New York 2010, 381-442: 438.

    3 Emidio Campi, »Ecclesia semper reformanda«. Metamorphosen einer altehrwürdigen Formel, Zwingliana 37 (2010), 1-19, 3-6.

    4 Eine Ausnahme war der Versuch der Einführung des Führerprinzips in die evangelische Kirche durch die Deutschen Christen in den Jahren 1933/34. Damals sollte die Kirche, dem Geist der Zeit folgend, in eine Reichskirche umgeformt werden mit einem Reichsbischof an der Spitze, was zusammen mit der Einführung des »Arierparagraphen« den Kirchenkampf ausgelöst hat.

    5 Vgl. z.B. Andreas Dreyer, »Stärkung der mittleren Ebene«. Wie sich die Hannoversche Landeskirche von ihren Kirchengemeinden distanzierte, in: G. Kittel/E. Mechels (Hg.), Kirche der Reformation? Erfahrungen mit dem Reformprozess und die Notwendigkeit der Umkehr, Göttingen 20172, 128-139; Georg Hoffmann, Umgestaltung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) zum »Erweckungs«-Unternehmen auf der Grundlage eines reformationswidrigen Verständnisses von Gemeinde und Synode, in: Kirche der Reformation?, a.a.O., 165-180.

    6 Vgl. Christoph Bergner, Der Triumph der funktionalen Kirche. Warum die evangelische Kirche keine Pfarrer mehr braucht, DPfBl 8/2016, 436-439; Hans-Ulrich Pschierer, Die »gärtnernde« Kirche. Von Visionen, Humus und Dünger, in: Die mündige Gemeinde 6, 8-12 (http://muendige-gemeinde.de/).

    7 Vgl. Manfred Alberti, »Wie das Gemeindeprinzip in der EKiR ausgehebelt wurde«, in: Kirche der Reformation?, a.a.O., 140-161.

    8 Friedhelm Schneider, Epoche der Selbstbeschäftigung. Eine Zwischenbilanz zum kirchlichen Impulsprozess »Kirche der Freiheit«, in: Kirche der Reformation?, a.a.O., 71-86; Hans-Jürgen Volk, Kirche – Gemeinwesen oder Großkonzern? Die bedrückende Entwicklung einer Kirche auf Gemeindebasis zum finanzorientierten Konzern, ebd., 87-101. Ders., Teure Umbauprojekte lassen die Gemeinden verarmen: http://www.zwischenrufe-diskussion.de/pa...en-verarmen.php.

    9 Vgl. Herbert Dieckmann, Plädoyer für eine kirchliche Erneuerung von unten, in: Kirche der Reformation?, a.a.O., 216-232; Manfred Alberti, Aspekte zur Reform der Rheinischen Kirche EKiR: http://manfredalberti.de/a-10-2-reformen...men-17-11-2017/. Vgl. auch den Beitrag unter Anm. 8.

    10 Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, Profil und Konzentration. Zeugnis geben von der Liebe des menschgewordenen Gottes, Stand: 29. März 2017. Vgl. hierzu nun aber auch die im November abgegebene Stellungnahme aus Würzburg: »Dekanatssynode Würzburg fordert Moratorium für ›Profil und Konzentration‹. Kirche braucht kein Profil, Kirche braucht Gesicht«: http://aufbruch-gemeinde.de/wordpress/?p=1426.

    11 In seiner Einführungsrede betont Bischof Bedford-Strohm zwar, dass die »Räume« die Gemeinden nicht überflüssig machen und nicht entwerten, doch die »Arbeitspakete« weisen in eine andere Richtung.

    12 Arbeitspaket A: Kirche im Raum, 2.3.

    13 Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert. Ein Impulspapier des Rates der EKD, 22.

    14 A.a.O., 29.

    15 A.a.O., 42.

    16 Bischof Dröge, Vortrag vor der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern am 19. April 2016, Teil III.

    17 Impulspapier des Moderamens der Gesamtsynode der Evangelisch-reformierten Kirche »Wir wollen eine krasse Herde bleiben«, 13.

    18 Kirche der Freiheit, a.a.O., 85.

    19 A.a.O., 59.

    20 Ebd.

    21 Ulrike Trautwein, Rundbrief Pfarrverein EKBO 1/2017, 12.

    22 Profil und Konzentration, Arbeitspaket C: Geistliche Profilierung, 4.2.

    23 Der im April 2017 verstorbene Eberhard Mechels hat in seinem Beitrag »Der Reformprozess als Strategie der Integration von Christentum, Kirche und Gesellschaft«, in: Kirche der Reformation?, a.a.O., 335-346, die »Christentumstheorie« als Grundkonzeption dieser Reform erhellend beschrieben.

    24 ThWNT III, 506,23ff.

    25 Jürgen Roloff, Die Kirche im Neuen Testament, NTD-Ergänzungsreihe 10, Göttingen 1993, 97.

    26 Mit Recht ist dies von Friedrich Schorlemmer und Christian Wolff in ihrem im Herbst 2017 veröffentlichten Memorandum angemahnt worden: »Reformation in der Krise. Wider die Selbsttäuschung. Ein Memorandum zum Reformationsfest 2017.

    27 Vgl. den »Ungedeihlichkeitsparagraphen«, von der EKD-Synode 2010 beschlossen und in die Pfarrdienstgesetze der Landeskirchen übernommen, durch den ohne Untersuchung, ohne Schuldnachweis, Pfarrpersonen und kirchliche Beamte in Wartestand und anschließenden Zwangsruhestand versetzt werden können, wenn nur von irgendeiner interessierten Seite Unruhe geschürt wird. Vgl. hierzu die Beiträge in: Kirche der Reformation?, a.a.O., 302-328.

    Über die Autorin / den Autor:
    Prof. i.R. Dr. Gisela Kittel, 1977-1981 Pfarrerin in der Lippischen Landeskirche, danach Lehrtätigkeit im Rahmen der Lehramtsstudiengänge an der Gesamthochschule Siegen und der Universität Bielefeld im Fach »Evang. Theologie und ihre Didaktik«, Schwerpunkte: AT und NT, seit 2010 Mitglied im Verein »D.A.V.I.D. gegen Mobbing in der evangelischen Kirche e.V.«.

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    „Wir erleben derzeit den Untergang der evangelischen Landeskirchen“

    „Wir erleben derzeit landauf und landab den Untergang der evangelischen Landeskirchen.“ Diese Ansicht vertrat der Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel, auf einem Studientag zum Thema „Heilsame Lehre“ des Netzwerks Bibel und Bekenntnis am 16. November in Siegen. Grund dafür sei, dass die Autorität der Heiligen Schrift immer mehr infrage gestellt werde.

    Vor über 800 Besuchern sprach der Theologe über eine Stelle im 2. Timotheusbrief (3,16-4,4). Darin heißt es unter anderem: „Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zuwenden.“

    Latzel: „Genau das passiert derzeit in der evangelischen Kirche.“ So bestritten führende Repräsentanten der Kirche zentrale Inhalte des Evangeliums. Die EKD-Synode habe sich 2016 gegen Judenmission gewandt und sage damit auch, „dass das, was Petrus und Paulus gemacht haben, letztlich alles falsch war“. Die Evangelische Kirche im Rheinland gehe noch weiter und erkläre in einem Papier, auch keine Muslime mehr missionieren zu wollen, „weil die glauben ja letztlich auch an den denselben Gott wie wir“.

    „Seid Protestanten!“

    Jährlich träten „zwei bis drei Prozent“ der Mitglieder aus den Landeskirchen aus und „das seit 30, 40 Jahren“. Bei einem Unternehmen, das solche Verluste schreiben würde, wäre die gesamte Führungsspitze nach zwei Jahren ausgewechselt. Diese Entwicklung der Landeskirchen sei „auch ein Gericht Gottes“.

    Der Untergang drohe jeder Kirche und jeder Gemeinde, „wenn sie sich von der Autorität der Heiligen Schrift abwendet“. Latzel rief die Besucher auf, der Abkehr von der biblischen Lehre zu widerstehen: „Tretet dem entschlossen entgegen! Seid Protestanten!“

    Parzany: „Uns motiviert Retterliebe, nicht Rechthaberei“

    Der Vorsitzende des Netzwerks Bibel und Bekenntnis, der Evangelist Ulrich Parzany (Kassel), sagte zu dessen Anliegen: „Wir wollen Stimme sein für die Autorität der Bibel als Wort Gottes und höchste Norm für Glauben, Leben und Lehre.“

    Zugleich wolle man deutlich machen, dass Jesus Christus der einzige Weg zum Heil sei und das Evangelium allen Menschen verkündigt werden müsse. Parzany: „Uns motiviert Retterliebe, nicht Rechthaberei.“ Zu dem Netzwerk gehören nach seinen Angaben 2.400 Einzelpersonen sowie über 70 Gemeinden und Organisationen, darunter drei Gemeinschaftsverbände.

    Gastgeber des Treffens in der Stadtmission Hammerhütte war der Evangelische Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein. Im Blick auf die Landeskirchlichen Gemeinschaften sagte Parzany, sie müssten innerhalb ihrer Dachorganisation – dem Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband – klären, „wo sie hinwollen und wofür sie stehen wollen“.

    Gemeinden verlassen, die homosexuelle Partnerschaften trauen

    Zu der Frage von Besuchern, was sie tun sollen, wenn in ihren Kirchengemeinden homosexuelle Partnerschaften getraut werden und biblische Argumente gegen eine solche Praxis nicht gehört werden, sagte er: „Gehen Sie nicht in eine solche Gemeinde, die das praktiziert!“ Man könne „in Reichweite“ meist eine andere Gemeinde finden, die sich an der Bibel orientiere.

    Prof. Stettler: Gottes Wort ist Droh- und Frohbotschaft

    Der Pfarrer und Theologieprofessor Christian Stettler (Flaachtal bei Zürich) vertrat auf dem Studientag die Ansicht, dass Gottes Wort sowohl Droh- als auch Frohbotschaft ist. Es sei eine Drohbotschaft für alle, „die die Erlösung durch Christus ausschlagen“, zugleich aber auch eine Frohbotschaft für alle, „die Gottes Rettung in Jesus annehmen“. Dieser habe stellvertretend das Gericht auf sich genommen: „Er hat die Hölle für uns durchgemacht.“

    Stettler ist Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Flaachtal sowie Privatdozent für Neues Testament an der Universität Zürich sowie Professor für Neues Testament und Antikes Judentum an der Staatsunabhängigen Hochschule (STH) Basel.

    Biologe: Wir brauchen „Ehrfurcht vor Gottes heiligem Wort“

    Der Biologe und Blogger Markus Till (Weil im Schönbuch) bezeichnete es als den Kern des Problems, dass laut der EKD die biblischen Texte wegen der historisch-kritischen Forschung heute nicht mehr als Wort Gottes verstanden werden könnten.

    Till rief dazu auf, „die Ehrfurcht vor Gottes heiligem Wort“ in Kirchen und Gemeinden wieder aufzurichten. Wenn das nicht gelinge, blieben alle Bemühungen um Gemeindewachstum am Ende „vergebliche Liebesmüh“.

  • Warum ist es so still hier?Datum15.11.2019 11:04
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    Eigentlich erstaunlich, denn die Jahrestagung von D.A.V.I.D.e.V. war wirklich wieder ein wichtiges, aufbauendes und nachdenklich machendes Ereignis. Hebt man einen Aspekt hervor, gehen andere unter. Deshalb nur eine kurze Charakterisierung: Gemeinsam geteilte Erfahrungen beugen der quälenden Frage vor: Was ist an mir, dass ich menschenunwürdig behandelt werde? Diskussion von Strategien: Wie komme ich psychisch und physisch wieder auf die Beine? Wie kann ich Schaden von meiner Familie abwenden? Wie sieht die Rechtslage aus? Dürfen Kirche und Diakonie alles mit ihren Mitarbeitern machen? Greift man ehrwürdige Institutionen aus kleinlichen Motiven an oder hat man ein Recht darauf, auf Augenhöhe behandelt zu werden? Neue Interessenten: gleich neue Begegnungen, neue Anregungen, neue Bereitschaft mitzuwirken - tut allen gut.
    Neue Referentin mit einem Referat korrespondierend zum Motto der Tagung: Steh auf und iss! Denn Du hast noch einen weiten Weg vor Dir! Wer könnte das überzeugender rüberbringen als eine Referentin, die schon einen sehr langen Lebensweg mit Höhen und Tiefen gegangen ist und diese erfrischend authentisch und humorvoll in eine Richtungsweisung einbauen konnte. Alle von Ausgrenzung und Mobbing Betroffenen hätten dieses Referat verdient!!! Bitte mal googeln unter Prof. Dr. Annelie Keil.

    Und noch etwas: Das Banner hat sich jetzt totgebannert, dann besser das Motto unserer Jahrestagung eingeben. Das ist schon seit Jahrtausenden nachhaltig.

    Joringel

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    Gib Worte deinem Schmerz.
    Gram, der nicht spricht,
    Presst das beladne Herz,
    bis dass es bricht.

    W. Shakespeare Macbeth

  • Das Sommerloch sinnvoll ausgespachteltDatum23.07.2019 09:55
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Liebe Leserinnen und Leser, unten stehende Anzeige findet sich in der Süddeutschen Zeitung vom 21./22. Juli:

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    Die AfD würde von weniger Bürgern und Bürgerinnen gewählt, wenn diese wüssten, wie dringend wir Einwanderer brauchen.

    "Schon seit fast 40 Jahren liegt die Kinderzahl je Frau (in Deutschland) auf dem niedrigen Stand von 1,4. Seither ist jede nachwachsende Generation um 1/3 kleiner als die ihrer Eltern". (Rainer Klingholz, Sklaven des Wachstums, 2014 S. 173). Die ab 1975 geborene einheimische Generation ist somit nur noch 66,6 Prozent so groß wie ihre Elterngeneration. Und die darauffolgende, d.h. die heute geborene einheimische Generation ist wiederum 1/3 kleiner als ihre Elterngeneration und damit nur noch etwa 44,4 Prozent so groß wie ihre Großelterngeneration.

    "Frauen mit deutschem Pass gebären derzeit im Schnitt 1,45 Kinder, Frauen mit ausländischem Pass 2,15". (Rainer Klingelholz, DER SPIEGEL 15/20, S.37). Haben Frauen im Schnitt 1,45 Kinder ist die Enkelgeneration 47,7 Prozent so groß wie ihre Großelterngeneration.
    Aufgrund der höheren Geburtenrate der Einwanderinnen und der Einwanderung haben heute von den 0-15 Jahre alten Kindern rund 38 Prozent einen Migrationshintergrund. (DIE ZEIT 50/2018, S.45).

    Wenn die Staatsbürgerinnen wüssten wie stark die einheimische Bevölkerung zurückgeht und wie groß der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund heute schon ist, würden sie sich sehr viel mehr für die Integration der Kinder von Migranten in Kindergärten, Schulen und in der Ausbildung einsetzen und von der Politik mehr Ausgaben für diese Aufgabe einfordern.

    Ohne den Druck der Bürgerinnen werden die Kinder von Migranten weiterhin hzum großen Teil on benachteiligten Stadtvierteln aufwachsen und Brennpunktschulen besuchen. Viele dieser Kinder werden sich früh auf der Verliererseite sehen. Integration sieht anders aus.

    V.i.S.d.P. Klaus Morgenstern Alte Dorfstr.30 70599 Stuttgart


    Ein Fundstück von Joringel

  • Ein BuchtippDatum10.07.2019 13:06
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Liebe Leserinnen und Leser,

    ich möchte Euch über eine kleine Broschüre informieren, die ganz unscheinbar als Reclamheft daher kommt. Doch als ich sie bestellen wollte, war sie gerade vergriffen und liegt jetzt aktuell wieder in der 2.Auflage vor. Die Rede ist von Detering, Heinrich: Was heißt hier "wir"? Zur Rethorik der parlamentarischen Rechten.

    Anststelle einer eigenen Besprechung zitiere ich einfach von der Rückseite der Broschüre, da sie ausreicht, um Euch vielleicht neugierig auf darauf zu machen:

    Rechte Politiker sprechen von "Entsorgung", von "Umvolkung", von "Kopftuchmädchen und "Messermännern". Davon, dass die Hitlerzeit ein "Vogelschiss" gewesen sei. Und vor allem nehmen sie für sich in Anspruch, für "uns" und "unser Deutschland" zu sprechen. Doch was für ein "Wir" setzen sie da überhaupt voraus?

    Der Literaturwissenschaftler Heinrich Detering wirft einen ebenso unaufgeregten wie scharfen Blick auf die Rhetorik der parlamentarischen Rechten - und zeigt, wie ihr Anspruch, für das "Volk" zu sprechen, in totalitäre Ermächtigungsvorstellungen, Rache- und Vernichtungsphantasien führt. Er legt offen, wie diese Sprache der Gewalt sich selbst verharmlosend verkleidet. Und er macht vor, wie sich solche rhetorischen Strategien durchschauen lassen.

    Zugegeben, mich überkommt schon manchmal Sprachlosigkeit angesichts der Dreistigkeit mit dem Populisten in Deutschland und anderswo Unwahrheiten und Verunglimpfungen in die Welt setzen. Und auch Hilflosigkeit, wie soll man argumentieren, wenn den Menschen mit der Macht des Internets und skrupelloser Medienprofis so viele Einfachlösungen für komplexe Probleme vorgegaukelt werden? Auf 57 Seiten kann man sich Unterstützung holen und auch die Leseempfehlungen am Ende der Broschüre sind interessant. Vielleicht habt Ihr auch Schüler oder Studenten in der Familie, denen das Büchlein helfen könnte. Wie dem auch sei - ich träume davon, dass es in Deutschland noch weitere Verbreitung findet.

  • Über den Umgang mit MobbingDatum04.07.2019 08:03
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    In ihrer Ausgabe vom 28.06.2019 veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit dem Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) Martin Stratmann über den Umgang mit Mobbingvorwürfen. Hintergrund war, dass an zwei Instituten in Garching und Leipzig Vorwürfe über die Drangsalierung von Mitarbeitern laut wurden, die auch in die Presse gelangten. Daraufhin hat die Max-Planck-Gesellschaft beim Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation eine organisationsweite Befragung in Auftrag gegeben, gut 9000 Mitarbeiter antworteten. Stratmann wollte wissen, ob die MPG es mit einem systemischen Problem zu tun habe und sich im Kern verändern müsse. 10% derjenigen, die sich beteiligt haben gaben an, in den vergangenen 12 Monaten Mobbingerfahrungen gemacht zu haben. Martin Stratmann hat mit seiner Initiative einen Prozess in Gang gesetzt, um die Kultur des Umgangs miteinander zu verbessern - auch im Hinblick darauf, in der Zukunft noch Wissenschaftler für die MPG gewinnen zu können. Derzeit arbeite man an einem "Code of Condact" und werde solche Themen auch in Trainings- und Entwicklungsprogramme einfließen lassen. Als ein erster Schritt wurde eine Anwaltskanzlei eingeschaltet, die als Anlaufstelle für Betroffenen dienen soll.
    Was ich dazu sagen möchte - es geht auch anders. Man muss es nur wollen.

    Joringel

  • Wertebewahrung im ProjektlebenDatum30.06.2019 23:05
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Liebe Leserinnen und Leser,

    nachdem wir uns so oft mit der Schattenseite der Institution Kirche befassen müssen, möchte ich Euch auf eine eher unbekannte innerkirchliche, aber sozusagen "leuchtende" Organisation aufmerksam machen. Man findet sie unter www.projektleben.org
    Da steht natürlich alles Wissenswerte, auch über die Entstehung und Schwerpunkte der Arbeit dieses Vereins. Sie umfasst soziale Arbeit, die Förderung von Roma in Rumänien und Glaubensmission.
    Ich bin immer wieder beeindruckt, was bisher mit Bildung und Förderung in rumänischen Roma-Gemeinden erreicht wurde. Seit vielen Jahren erhalte ich die Rundbriefe und weiß, wie schwer die Anfänge waren und wie schwer manche Situationen immer noch sind. Über Schulpatenschaften konnten schon viele Kinder eine weiterführende Schule besuchen. Und das mit großem Erfolg!
    Anrührend finde ich auch die Bilder, die Kinder zeigen, wie sie auf Kirchenbänken eifrig an ihren Hausaufgaben arbeiten, da Zuhause dafür kein Platz wäre.

    Es grüßt Euch
    Joringel

  • Bussgebet von Papst Johannes XXIII.Datum29.05.2019 12:04
    Thema von Joringel im Forum Diskutieren & Plaudern

    Dieses Bußgebet verfasste Papst Johannes der XXIII. kurz vor seinem Tode.

    "Wir erkennen heute,
    dass viele Jahrhunderte der Blindheit unsere Augen verhüllt haben,
    so dass wir die Schönheit Deines auserwählten Volkes nicht mehr sehen
    und in seinem Gesicht nicht mehr die Züge
    unseres erst geborenen Bruders wiedererkennen.

    Wir erkennen, dass ein Kainsmal auf unserer Stirn steht.
    Im Laufe der Jahrhunderte hat unser Bruder Abel in dem Blute gelegen,
    das wir vergossen, und er hat Tränen geweint,
    die wir verursacht haben, weil wir Deine Liebe vergaßen.
    Vergib uns den Fluch, den wir zu unrecht an den Namen der Juden hefteten.
    Vergib uns, dass wir Dich in ihrem Fleische zum zweitenmal ans Kreuz schlugen.

    Denn wir wussten nicht, was wir taten"...

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