Impressionen DAVID-Jahrestagung 2021

#1 von Joringel , 20.11.2021 15:55

12. 11. 21 Gemeinsames Abendessen und Vorstellungsrunde
Einer aus unserem Kreis hatte extra eine Schulung für die Abnahme von Corona-Tests gemacht und wickelte seine verdienstvolle Aufgabe dann auch tatsächlich in der entsprechenden Schutzkleidung ab. Ebenso erhielten die Teilnehmer mündlich und schriftlich die notwendigen Instruktionen, um sich und andere vor einer Ansteckung zu schützen. Da kann man wirklich nur "Dankeschön" sagen, denn in der aktuellen Situation hatten so ziemlich Alle ein flaues Gefühl im Magen. Soll ich kommen oder soll ich nicht?

Vorstellungsrunde
Der Kreis war ziemlich groß, gezählt habe ich nicht, aber es mögen so ca. 25 Teilnehmer gewesen sein, darunter neue Gesichter, denen man die Bedrückung zum Teil ansah. In dem einen oder anderen Fall ergab sich dann auch die Konstellation, dass Telefonberater und Anrufer sich das erste Mal persönlich sahen. Etliche Teilnehmer, die das Schlimmste schon hinter sich hatten, erwähnten u.a. dankbar die Unterstützung von Vorstandsmitglied Dr. Arndt, der die Anerkennung seines persönlichen Engagements nicht selbst entgegennehmen konnte, da er leider krankheitshalber verhindert war. Die kurzen Berichte aktuell Betroffener legte sich auf die Stimmung der Teilnehmer wieder. Für manche war es hart, den nächsten Tag abzuwarten.

13.11.21 Vormittags: Referat von Pfr. Friedhelm Maurer: "Warum ist die Kirche so? Und warum ist sie nicht so wie sie sein sollte und wahrhaftig doch sein könnte?
Um es gleich vorweg zu sagen - es gibt Erklärungsmuster dazu, aber keine wirklich einzig schlüssige Antwort. Kurz gesagt scheint den Kirchenoberen der Art. 140 des Grundgesetzes als Persilschein zu dienen, da Handhabung und Auslegung fast ohne Kontrolle ganz in den Händen der jeweiligen Landeskirchen liegen, was in der Vergangenheit schon oft in eine Praxis mündete, die als skandalös empfunden wurde. Des weiteren orientieren sich die Landeskirchen in Bezug auf ihre Zukunftsvorstellungen an gängigen Richtlinien von Wirtschaftsunternehmen. Die Gedanken und Erfahrungen der Seelsorger und Seelsorgerinnen werden nicht einmal angefragt. Sie sind eben nur "Personal", das man wie Schachfiguren hin und herschieben kann. Ich erinnere an dieser Stelle nur daran, dass Pfarrer Dr. Karl Martin zusammen mit seinen "Mitstreitern" schon vor etlichen Jahren fundierte Vorstellungen zur Abkehr von einer oft nicht mehr zu vermittelnden Kirchensteuer und hin zu einer Kultursteuer entwickelte. Solche Vorschläge wurden nie als innovativ diskutiert, sondern umgehend tabuisiert und die Ideengeber diskriminiert.

Pfarrer Maurer schilderte eindrücklich seinen Werdegang vom Bauernjungen zum Theologen. Kein spektakulären Erweckungserlebnisse, aber die innere Bereitschaft, das Evangelium weiterzutragen und den Menschen auf ihrem Weg damit entgegenzukommen oder sie zu begleiten. Das heißt in der Summe, das Evangelium und sich selbst ernst zu nehmen. Der Name Friedhelm Maurer, Vorsitzender des Rheinischen Pfarrvereins ist den Gründern von D.A.V.I.D.e.V. schon sehr früh aufgefallen. Bei dem kirchlich geförderten Duckmäusertum traute sich innerkirchlich meistens niemand klare Kante zu zeigen - außer Friedhelm Maurer, der sich nach Kräften bemühte, seinen damals zahlreich in den Wartestand verschobenen Kollegen und Kolleginnen beizustehen. Wie er selbst der Susschaltung entgangen ist, blieb hier sein Geheimnis. Kein Wunder, dass er auch nach seiner Pensionierung wieder zum Vorsitzenden des Rheinischen Pfarrvereins gewählt wurde. D.A.V.I.D.e.V. hofft, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Verein und den Pfarrvereinen intensiviert werden kann.

13.11.21 Nachmittags:
Gespräche in Gruppen: Da uns keine Ausweichräume zur Verfügung standen, fand der Nachmittag im Konferenzzimmer ohne die geplante Gruppenbildung statt. Wenn man als Terminus Technicus gerne von "Fällen" spricht, hatte die versammelte Runde es hier mit drei Menschen aus Fleisch, Blut und verwundeter Seele zu tun, die ihre Vertreibung aus ihren Ämtern schilderten. In wieder neuen absurden Variationen wiederholte sich hier das oft immer Gleiche: Hochherrschaftlich-kirchliche Vertreibung von Pfarrpersonen. Die Motive? Nicht besser als die perfiden Methoden. Ob der körperliche Zusammenbruch eines der Teilnehmer durch Wiedererleben hervorgerufen wurde, lässt sich natürlich nicht beweisen, aber die Situation hatte dennoch Symbolcharakter. Die ohnehin schon greifbare Bedrückung verstärkte sich enorm, wenn auch gegenseitig Erfahrungen und Tipps ausgetauscht wurden, wie man das Unrecht bekämpfen könnte.

Wie gut, dass Pfarrer G. O. sich für die Abendgestaltung ein heiteres Programm ausgedacht hatte. Halt! "Ausgedacht" ist hier das falsche Wort, denn er griff auf Aufzeichnungen von Erlebnissen aus der Jugend- und Gemeindearbeit zurück. Auch wenn die Protagonisten aus dieser Zeit inzwischen schon längst zu erwachsenen Männer und Frauen geworden sind, so umwehte ihre heitere, jugendliche Unbekümmertheit auch nachträglich noch die etwas erschöpften Teilnehmer vor den fast dauergeöffneten Fenstern. Aus dem Krankenhaus erreichten uns spärliche, aber ermutigende Nachrichten zum Zustand unseres Mitbruders. Ein Teilnehmer und eine Teilnehmerin aus unserem Kreis hatten dankenswerter Weise die Kontaktfunktion zum Krankenhaus übernommen.

14.11.21 Gottesdienst und Mitgliederversammlung
Der Morgen begann mit einem Gottesdienst, gestaltet von zwei Pfarrern aus unserem Kreis. Noch vor Beginn wurde darauf hingewiesen, dass unsere Evangelische Kirche einen reichen Schatz an "Heilmitteln" beinhaltet, die auch die sinnliche Seite des Menschen ansprechen wie berühren, riechen, fühlen. Die Kostprobe dazu folgte nur kurze Zeit danach in Gestalt von wunderschönen Rosen, die in unseren Händen zu "Heilsbotschaftern" wurden und spontan mit entsprechenden Worten an von uns ausgewählte Adressaten übergeben wurden. Zum Schluss wanderten sie zurück auf den Altar zu dem, der unsere Seele gesund machen will.

Zur Mitgliederversammlung hatten sich schon wieder viele von uns auf den Heimweg gemacht. Über den Verlauf der Versammlung, die Entlastung des Vorstandes und die Neuwahlen wird sicher an anderer Stelle noch offiziell berichtet. Der Stabwechsel zu einem neuen Vorstand geschah auch vor den Augen von Gründungsmitgliedern. Diese waren sehr dankbar und erleichtert, dass die so notwendige Arbeit jetzt von Jüngeren fortgesetzt wird.
Bleibt nachzutragen, dass zu unserer Freude auch die kranke Person ganz zum Schluss wieder zu unserer Gemeinschaft zurückkehren durfte.


Das Kirchenrecht in der Verfassung

(Durch diese Verweisungsnorm werden fünf der sog. Kirchenartikel der Weimarer Verfassung in das geltende Bundesverfassungsrecht inkorporiert. Die Kirchenartikel sind auf diese Weise vollgültiges Verfassungsrecht. Soweit in ihnen Rechte gewährt werden, handelt es sich um Rechte mit Verfassungsrang, aber weder um Grundrechte noch grundrechtsgleiche Rechte, auf deren Verletzung eine Verfassungsbeschwerde gestützt werden kann. Allerdings ist häufig zugleich die Religionsfreiheit betroffen; das Bundesverfassungsgericht prüft dann in diesem Rahmen auch die Verletzung des Art. 140 GG.

Art. 140 GG begründet ein im internationalen Vergleich gemäßigtes religionsverfassungsrechtliches System, das mit dem Verbot der Staatskirche einerseits die institutionelle Trennung von Staat und Kirche durchsetzt und den Staat für weltanschaulich neutral erklärt, sich aber andererseits nicht dem laizistischen Vorbild Frankreichs anschließt, sondern Religionsfreiheit und kirchliches Selbstbestimmungsrecht auch im öffentlichen Bereich gewährleistet (vgl. ausführlich Staatskirchenrecht).


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