Lieber Turmfalke,
gerade mußte ich schmunzeln, als ich Deine Zeilen las;
daß der Elfenbeinturm kein Paradies sei.
Das ist er tatsächlich wohl nicht, aber irgend eine Insel der Glückseligen muß es doch zu Lebzeiten geben.
Ich bin jedenfalls erst einmal froh, daß es die Empfehlung geben wird, mich zukünftig mehr im Nachtdienst einzusetzen.
Und, ja, ich ringe mit mir und denke derzeit, ich werde wohl kommen, wenn es mir irgendwie möglich ist.
Sicherlich hatte ich mir, als ich mich vor vielen Jahren für den Nachtdienst entschied, unbewußt einen für mich erträglichen Platz ausgesucht.
Ich hatte sehr unterschiedliche Zeiten und bin mit den Anforderungen gewachsen.
Als ich im Seniorenheim anfing, kam ich aus Krankenhäusern; war das Kämpfen um das Leben anderer gewöhnt.
Ich war noch so jung.
Im Seniorenheim lernte ich Neues; das Akzeptieren des Sterbens, des Endes.
Ich lernte, daß es gilt, ein Verrecken möglichst zu verhüten.
Nicht um jeden Preis zu halten, sondern zu begleiten.
Meiner damaligen Pflegedienstleitung verdanke ich unendlich viel.
Wir hatten eine sehr aufmerksame Sterbebegleitungskultur in der Einrichtung; wer es besser konnte, begleitete, die anderen machten eben den Rest.
Sterbebegleitung wurde nicht nur verbal wertgeschätzt, sondern auch ermöglicht.
Auch nach ihrer Verrentung widmete sich meine damalige Pflegedienstleitung im Stadtteil, möglichst aber gebetenermaßen nicht in der alten Einrichtung, weiter der Sterbebegleitung und wir trafen uns noch kürzlich ganz natürlich am Bett des Ehemannes einer ehemaligen Kollegin und gleichzeitig eines gemeinsamen Freundes wieder, erlebten sein Hinscheiden in Ruhe und Würde in einem Hospiz.
Ich fühlte mich an alte Zeiten erinnert, als dergleichen auch bei uns eher die Regel als die Ausnahme war.
Das ist mein Elfenbeinturm, wenn auch nicht mein Paradies ...
Herzliche Grüße
Wilfried