Mal wieder ein Zwischenbericht.
Es solle ein "Fördergespräch" geben, so meine direkte Vorgesetzte.
Das letzte gab es vor ca. 7 Jahren, danach wurde diese Praxis von der Vorgängerin eingestellt, denn die Frage, wie es mir gehe, beantwortete ich damals genauestens und ließ mich auch nicht abbringen, unter dem Hinweis, man habe mich doch gefragt, wieso ich denn jetzt schwegen solle.
Jetzt also ein neuerliches "Fördergespräch".
Diese derzeitige Vorgesetzte kenne ich, seit sie im Betrieb vor 10 Jahren als Auszubildende anfing.
Ich schätzte sie damals sehr.
Als sie mich mit dem Fördergespräch konfrontierte, ratterte es in meinem Gehirn und etwas in mir sagte: "Sei positiv."
Also lächelte ich sie lieb an und sagte, sie möge sich doch bitte statt der angedachten 30 Minuten lieber etwas mehr Zeit nehmen, man wisse ja nie.
Sie äußerte Befürchtungen. Die alten Geschichten wolle sie nicht hören.
Dennoch, beharrte ich, dennoch solle sie lieber ein bisschen mehr Zeit einplanen.
Am Folgetag, dem Tag des Gespräches, besorgte ich mir eine kleine LED-Kerze, einen Piccolo und zwei Packungen "Ferrero Rocher".
Dann ging ich zum Gespräch.
Wir gingen nach nebenan und setzten uns.
Ich eröffnete das Gespräch mit den Worten, daß ich sie gleich damals als Auszubildende im Betrieb sehr geschätzt hatte und stellte das kleine LED-Licht auf den Tisch.
"10 Jahre ist das jetzt schon her und eigentlich müsste man das feiern." sagte ich und weidete mich an ihrem verblüfften Blick, als ich den Piccolo dazustellte.
"Aber leider - wir dürfen ja keinen Alkohol im Dienst - da wirst Du leider mit Deinem Mann auf unser Wohl trinken müssen."
Dann kamen die Ferrero-Rocher auf den Tisch und ich aß das erste.
Mit vollem Mund begehrte ich, wir müssten anfangen, die Zeit sei so knapp.
Wir hatten dann ein gutes, ein wirklich gutes Gespräch über die derzeitige Lage im Betrieb, die allgemeinen Hygienebedingungen, die an sich vorbildliche Ausstattung mit Hygieneartikeln und den Verbesserungsbedarf in der Umsetzung des an sich guten Hygienekonzeptes.
Wir waren uns in den angesprochenen Dingen einig und als mich meine Vorgesetzte fragte, was der Betrieb für mich tun könne, fortbildungstechnisch, erwiderte ich, daß ich da leider auf ein Protokoll zu sprechen kommen müsse, das mir in Kopie vorliege, in dem klipp und klar stehe, daß angewiesen sei, mich von jeglicher Fortbildung auszuschließen.
Ob dieses Protokoll jetzt null und nichtig sei? Dann berichtete ich von meinem Gespräch mit meinem Geschäftsführer und daß wir ein gutes Ergebnis erzielt hätten.
Ich fragte, ob meine Vorgesetzte sich im Betrieb eine andere Stelle für mich vorstellen könne, wo ich entsprechend meiner Fähigkeiten besser für den Betrieb arbeiten könne und sie erwiderte, sie könne sich mich auch sehr gut als Betreuungsassistenten vorstellen.
Ich fragte nach der Vergütung, erfuhr, daß ich dann mit beträchtlichen Einkommenseinbußen rechnen müsste und bekräftigte, daß ich keine Stellung annehmen werde, die schlechter dotiert sei als die derzeitige. Meine Vorgesetzte konnte das vollständig nachvollziehen. Andere Stellen gebe es aber wohl leider nicht im Betrieb für mich.
Ich berichtete, ich denke darüber nach, mich bei anderen evangelischen Trägern zu bewerben, um meine Zusatzversorgung zu erhalten, aber ich würde keinesfalls kündigen, ohne zuvor die Probezeit überstanden zu haben, also je zwei halbe Stellen in der Zeit innegehabt zu haben.
Dann sprachen wir noch über die Leitungspersonen im Betrieb und waren uns in der Einschätzung sehr erstaunlich einig.
Das ist allerdings kein gutes Zeichen, wenn viele Mitarbeitende das Gleiche denken und die Leitungen nicht soooo gut dabei wegkommen.
Ich will nicht weiter darauf eingehen, obwohl ich denke, daß "die Leitungen" ihre Defizite auch ganz gut selber kennen.
Die Ferrero-Rocher-Dose leerte sich zusehends, aber ich war der Einzige, der daraus nahm.
Das Gespräch war sehr lecker.
Das Gespräch ging konfliktlos und ohne wirkliches Reizthema angenehm zu Ende und ich grabschte mir die fast leere Packung Ferrero.
Sagte:
"Leider lohnt sich der Rest nicht mitzunehmen für Dich. Nimm lieber diese."
und gab ihr die zweite, noch volle Packung.
Wieder Erstaunen, aber auch Annehmen.
Ich - fühlte mich auch angenommen.
Es war ein wirklich angenehmes Gespräch und sicherlich werden sich Verbesserungen in der Haushygiene daraus ergeben.