Nach Studie zu Betriebsklima in der Wiesbadener Stadtverwaltung: Missstände sollen behoben werden. Von Manfred Gerber
Die Arbeit im Wiesbadener Rathaus war über Jahre hinweg von einem "Klima der Angst und des Mißtrauens" geprägt, einem Klima, das bei einem Drittel der Mitarbeiter zu einem Langzeitkrankenstand von über 6 Wochen im Jahr geführt hat. Durch diese auffällig hohen Krankenstände, Demotivationen und innere Kündigungen entstanden der Stadt jährlich Verluste von über 50 Millionen Euro, 14 Millionen allein aus dem Krankenstand.Auch das ist ein Ergebnis der Studie, die der Magistrat im vergangenen Jahr bei dem Bielefelder Soziologie-Professor Bernhard Badura in Auftrag gegeben hatte. .....Baduras Präsentation in der Magistratspressekonferenz ließ keinen Zweifel daran, dass "die höchste Führungskraft", gemeint war der frühere Oberbürgermeister Helmut Müller (CDU), eine der Hauptursachen dieses schlechten Klimas war.
Wie entsteht Angst in einem Arbeitsumfeld des Öffentlichen Dienstes, der doch sichere Arbeitsplätze garantiert? Indem man zum Beispiel die Leute coram publico vorführt, sagte Bernhard Badura. So verlören sie vor ihren Kollegen das Gesicht, trauten sich kaum noch in die Kantine, weil sie mutmaßten, dass man über sie tuschele, weil sie versagt hätten. Personaldezernent Detlev Bendel bestätigte auf die Frage, ob solche "Vorführungen" öfter vorgekommen seien: "Manche sind häufiger vorgeführt worden." Ein Klima der Angst und der von ihr bewirkten Lähmung der Arbeitskräfte entstehe aber auch dadurch," dass man weiß, dass man keine Fehler machen kann, ohne von oben mit drakonischen Strafen belegt zu werden" sagt Badura. "Es ist eine schwere Schwachstelle in einer Organsiation, wenn Mitarbeiter nicht mehr miteinander vertrauensvoll umgehen" so Badura weiter.
Bei seiner Untersuchung hat er hauptsächlich Amtsleiter und Dezernenten befragt. Die Krankenstandsuntersuchung ergab dann, dass im Dezernat des Oberbürgermeisters die höchste Fehlerquote festgestellt wurde. ... Die mittlere Führungsebene, so Badura, sei in ihrer "Sandwich-Position" sowohl Opfer der Führungsspitze als auch Mitverursacher eines schlechten Klimas. ....Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) hat nun eine Projektgruppe eingesetzt, die sich mit der Verbesserung des Betriebsklimas befaßt und zum Ziel hat, den Krankenstand zu reduzieren. Ihr gehören neben dem OB selbst der Stadrat Detlev Bendel, die Mitglieder einer bereits bestehenden Arbeitsgruppe und Vertreter der Personalräte an. Der Staat, eine Stadt, abe auch jede Firma, so Badura, brauche gute Leute, die "mit Spaß und Motivation, nicht aber mit einem Kloß im Hals" zur Arbeit gingen.
Wiesbadener Kurier 11.09.2013
Mein Kommentar:
Man kann nur hoffen, dass sich dieses Wissen um die Zusammenhänge von Mobbing und Krankenstand weiter verbreitet. In Wiesbaden munkelt man, dass bei der Stichwahl zum Oberbürgermeister die städtischen Mitarbeiter ihre Chance erkannt und mit ihrer Stimme den bis dahin fast unbekannten Sven Gerich gewählt haben. Diese Chance gibt es im kirchlichen Milieu und in den Einrichtungen der Diakonie nicht. Im Gegenteil die Verpflichtung sich stets als Vertreter eines "besonderen Dienstverhältnisses" zu geben, dessen Leitbild häufig nur heuchlerisch nach außen gelebt wird, setzt die Mitarbeiter unter doppelten Druck.
Euer Sommerapfel