Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#1 von Trottologe , 06.01.2014 18:04

Liebe Mitbetroffene, Mitdenkende, Mitfühlende!

Habe seit 06.11.2013 immer mal wieder reflektiert, ob ich mich persönlich zu m. "Mobbingfällen" äußern möchte, zumal es mir kaum möglich erscheint, wirkliche Anonymität zu wahren - selbst wenn Fallschilderungen versuchsweise neutralisiert werden. Ich habe mich daher entschieden, allgemeine Ursachen für Mobbing (aus m. Erfahrung und subjektiven Sicht) anzusprechen. Zuvor seien dennoch einige persönliche Bemerkungen gestattet, damit dieser Beitrag nicht allzu abstrakt wirkt.

1) Ich nehme seit m. Konfirmandenzeit eine Riesenkluft wahr zwischen Universitätstheologie, dem Laienverständnis von "Glauben", Bekenntnis, Möglichkeiten und Sinn liturgischer Abläufe und Inhalte, Predigtmodellen und -verständnis sowie enormer Chancen bzw. völliger Unterschätzung der Bedeutung von Kasualien (Trauerfeier + Bestattung, Trauung, Taufe), Möglichkeíten bei Schulunterricht und Schulgottesdiensten, Erwachsenenbildung (Gemeindeseminare u.ä.) u.v.m.

2) Ich habe selbst erlebt, dass in einer Kirchengemeinde von ca. 300 Gd-Besuchern (Konfirmation) niemand in der Lage oder Willens war, m. Fragen, die ich als 14,5jähriger - nach Aufforderung und Ermutigung des Gemeindepfarrers - an die Gemeinde richtete, zu beantworten. (Der angetrunkene Großvater m. besten Freundes zeigte wenigstens eine Reaktion: Er verließ kopfschüttelnd die Kirche!) Dieses Erlebnis als Jugendlicher war prägend für meine Entwicklung (die ich hier aussparen muss, die sich aber vielleicht nach m. Pensionierung mal autobiographisch niederschlagen mag; hier nur das Nötigste zum Verständnis).

3) Mein Vertrauen in die Institution Kirche war erschüttert; die Menschen, die sich zu ihr halten, schienen mir ziemlich unaufgeklärt, unkritisch oder gar gleichgültig - keine Bereitschaft zum Nachdenken oder sich tiefer gehend zu informieren.

4) Da ich schon als Jugendlicher ein kritischer Geist war und mich mit Philosophie und Religionskritik (Feuerbach, Freud, Nietzsche) auseinandersetzte, aber auch die Bibel las, geriet ich in geistige, innere Nöte; erschwerend kam hinzu, dass ich mit viel Gewalt aufgewachsen bin und in vielerlei Hinsicht keine Heimat hatte. Vorübergehend versuchte ich "m. Glück" in Freikirchen; diese waren und blieben mir aber suspekt, weil ihre "Systeme" allzu eng gestrickt waren, keine Freiheit des Geistes herrschte und viele Widersprüche bemerkbar waren.

5) Weltanschaulich blieb ich ein Suchender und ein Wanderer. Ich denke, dass ich "aus Schwäche" zur Religion gefunden habe; aber Heimal gab und gibt sie mir nicht. Ich werde als fröhlicher, humorvoller Mensch wahrgenommen und wirke manchmal durchaus ansteckend. Ich helfe gern, wo ich kann, habe für nahezu jede menschliche Schwäche Verständnis, wundere mich aber aber über all das Destruktive, Niederträchtige, wessen die Gattung Mensch fähig ist - auch über die Dummheit und Blindheit, mit der langfristig unsere Erde weltweit zu einer "Mondlandschaft" (Rüdiger Safranski) umgestaltet wird. Ist der "Mammonismus" (die Religion des Geldes als die alles bestimmende Wirklichkeit) vielleicht eine Folge von Selbsthass oder Nekrophilie (Liebe zu totem, leblosen Material, Verfaultem)?

6) Selbst wenn Pfarrer oder Theologen keine anderen Fächer studiert haben, sind doch viele lobenswerterweise interessiert, sich interdisziplinär oder breitgefächert weiterzubilden, und manchmal kann man sogar einer Predigt abspüren, dass sich hier jmd. nicht nur mit Bibelauslegung begnügt. Aber allein innerhalb des theologischen Hintergrundes müsste aus m. Sicht fast jeder Pfr. intellektuelle Probleme haben: Das im Studium Erworbene kann er oder sie m.E. kaum an die Gemeinde - damit m. ich stets die Kerngemeinde der Gd-Besucher, nicht die "am Rande Angesiedelten, aber nicht Fernstehenden - herantragen, es sei denn, es handelt sich um überaus Tolerante oder Wißbegierige.

7) Ich habe m. Dienst immer mehr als Aufklärungsarbeit betrachtet (im Gd), allerdings auch mit viel Humor, Selbstironie und großer Bereitschaft zu Diskussionen. Die Hausbesuche anläßlich von Taufe, Trauung, Trauerfeier, Bestattung waren mir stets besonders wichtig. Da ging es mir vorwiegend ums gegenseitige Kennenlernen und natürlich um Vorbereitung des jeweiligen Kasus. Beides wurde sehr dankbar angenommen. Ich glaube, ja, ich weiß, daß viele KollegInnen versuchen, auf ihre Weise einen "pastoralen Idealismus" zu leben und dann durch besserwisserische, machtlüsterne, narzistische MitarbeiterInnen des Presbyteriums (o.a.), die sich (vermutlich unbewusst) für ach so wichtig und unersetzlich halten, angefeindet und verschlissen werden.

8) Dummheit, Machtgier, Ignoranz - eine gefährliche Mischung, die es freilich auch andernorts (z.B. in der Politik) gibt, nur: die "churchies" (Kirchenleute) sollten sich mal daran erinnern, dass sie ständig "Nächstenliebe", Menschlichkeit, Solidarität mit den Armen, Unrecht Leidenden, Schwachen propagieren - für etwaige Widersprüche ist man freilich blind; das hat man antrainiert!

9) Wo bleibt das Eintreten für das Reich Gottes, das Königreich der Himmel - ein Grundanliegen des Rabbi von Nazareth?! Oder ist m. Dauerverdacht mehr als begründet, dass Jesus schon seit ca. 2000 J. (spätestens seit 1500 J.) längst in Kirchenmauern einge-mauert und christologisch festzementiert worden ist?! (Zu diesem Thema wäre m.E. in jeder Gemeinde ein Seminar nötig.)

10) Die Ursachen fürs Mobbing in der Kirche sind vielschichtig. Bei mir liegen sie offenbar darin, dass ich absolut kein "churchy" (Wortschöpfung von mir) bin; mit einigen kirchlichen Strukturen bin ich nicht "kompatibel". Jemand sagte mir (wohlwollend), ich sei zu nonkonformistisch (unangepasst). - Ich wünsche uns allen, dass wir dennoch unverwechselbare Individiuen und nach Möglichkeit sogar Originale bleiben, gerade in der Nachfolge des Nazareners.

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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#2 von dr.arndt , 06.01.2014 20:44

Uff, lieber Trottologe,

das ist ja ´ne Menge. Habe alles gelesen, aber noch nicht verarbeitet, reflektiert. Dankbar bin ich Dir, dass Du Dich uns hier so offen mitteilst. Ich denke, dass Du uns mit Deinem Beitrag einige Stunden Deiner Zeit geschenkt hast. Demzufolge lass´uns bitte auch noch ein wenig Zeit. Danke, lieber Trottologe.

Herzlichst

Achim


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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#3 von cezanne , 06.01.2014 21:49

lieber churchy,

darf ich churchy sagen, ist mir sympathischer als "trottologe", das in meinen ohren ein bisschen abwertend klingt. ich bedanke mich für deinen text, es tut gut ehrliches zu lesen. das ist berührend, echt und wirklich menschlich und wertvoll, toll!!!!!!
lebe grüße,

cezanne

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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#4 von Joringel , 06.01.2014 23:34

Lieber Trottologe, ich möchte nur ganz kurz die Wahrnehmung von Cezanne unterstützen. Ein Trottel, auch mit einem möglicherweise Fernstudium im Trottelismus, kann einen solchen Text nicht schreiben. Wenn alle so selbst-ehrlich wären wie Sie, kämen sicher gute Gespräche zustande. Und irgendwann würde sich irgendwo irgendwie etwas bewegen - innerkirchlich meine ich. Aber das will keiner von denen, die nicht mehr an der Basis schaffen. Und so herrscht weiterhin Ruhe in den Landeskirchen, Friedhofsruhe mit einem einschläferndem Duftgemisch aus Weihrauch und Moder. Und in diesem Sumpf blüht auch gern mal eine schwarze, widerstandsfähige und winterfeste Rose - die so genannte "Mobbingrose".

Grüße von Joringel


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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#5 von Trottologe , 07.01.2014 00:52

Liebe "Reaktionäre" - Wortspiele sind bei Euch sicher auch gestattet oder sogar willkommen!

Herzlichen Dank für Eure wohlwollenden Antworten! - Kurze Bemerkung an Achim: Keine Sorgen, "Stunden" hatte ich für m. Beitrag nicht investieren müssen, habe die Suppe schon lange - in immer wieder neuen Variationen mit anderen Zutaten - zubereitet; Probleme gab es, wenn sie etwas anbrannte, so dass sie irgendwann nicht mehr gut abgeschmeckt, sondern eher ziemlich abgeschmackt war; schließlich fand ich niemanden mehr, der sie für mich auslöffeln wollte, zumal ich mir manches selbst eingebrockt habe ... Das "professionelle" Kirchenpersonal hat freilich gelernt, "die eigene Suppe" (Biographisches) allenfalls auf Sparflamme zu kochen; wenn es um die eigene Karriere geht, lässt man allerdings nichts anbrennen ...

Für heute nur noch eine Buchempfehlung (ich erhielt ein Exemplar als Chefredakteur unserer Schulzeitung vom Verlag geschenkt):

Werner Sprenger: Brauchen Hungernde denn Gedichte? Für Wohlstandsbürger verboten (1972), eine der besten "Predigten" für mich!

Schalom

P.S.: "Trottologe" finde ich wegen der Selbstironie und -kritik für mich zutreffender; "churchies" ist von mir einerseits verharmlosend, andererseits aber durchaus kritisch gemeint - etwa: "diejenigen, die offenbar nur im Kirchenmief, in den eigenen Mauern existieren können, in frischer, lebendiger, offener Atmosphäre hingegen eine Bedrohung sehen".

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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#6 von Achim , 07.01.2014 16:15

Lieber Trottologe,

Du hast diesen Namen sicher aus wohl erwogenen Gründen gewählt, weshalb ich Dich auch so anspreche. Solltest Du ihn wechseln wollen, wäre das mit einigem Aufwand auch machbar.

Du schreibst u.a.:

" Aber allein innerhalb des theologischen Hintergrundes müsste aus m. Sicht fast jeder Pfr. intellektuelle Probleme haben: Das im Studium Erworbene kann er oder sie m.E. kaum an die Gemeinde ...."

Magst Du das mit kurzen Worten für die Nichttheologen unter uns erläutern?

Eine Ahnung/Vorstellung habe ich schon. Einerseits das Bedürfnis/Bestreben der Gemeinde nach - ich nenne es mal so - naiver Frömmigkeit, andererseits die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Ihr durch das Theologiestudium gewonnen habt und nicht in die Gemeinde transportieren könnt? War das gemeint? Wenn ja, kann man das an einem einfachen Beispiel verdeutlichen? Welche Eurer im Studium erworbenen Kenntnisse sind dem Gemeindevolk nicht oder nur schwer vermittelbar? Oder habe ich die zitierte Passage völlig missverstanden?

Zum Schluss: dass Du nicht "Stunden" in Deinen Beitrag investiert hast, wird glänzend durch eigene Einlassung widerlegt, in der Du uns wissen lässt, dass Du an diesem Thema, in Deiner Einlassung "Suppe" genannt, schon länger arbeitest. Du merkst schon: ich habe meine Ausbildung an einer anderen Fakultät genossen .

Und Wortspiele, denke ich, sind uns jederzeit willkommen.

Dein "Reaktionär"

Achim


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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#7 von Trottologe , 07.01.2014 18:31

Lieber Achim!

Danke Dir, dass Du m. Pamphlet "durchgeknetet" hast! - Zur "Suppe" nur kurz: der Widerspruch war mir am Schluss schon bewusst, aber schließlich bezog ich mich ja nur (oberflächlich) aufs Tippen. Übrigens erinnere ich mich immer wieder gern an ein "Streitgespräch" mit einem Freund, seines Zeichens Jurist (!) - über die Frage, wer wohl genauer sei: Sprachwissenschaftler oder Juristen; einer schob dem anderen das Kompliment oder die Lorbeeren zu ... (Ich habe Allg. Sprachwissenschaft - nicht nur formale Linguistik als Hauptfach vor und neben der "Trottologie" studiert; Philosophie als Nebenfach; vorübergehend auch Judaistik, auwei!)

Zu Deinen hilfreichen, weiterführenden Rückfragen:

Mit m. biograph. Beispiel aus m. eigenen Konfirmandenzeit habe ich belegen wollen, das eine große Gemeinde offenbar von "ihrem" Pfarrer (und den für sie zuvor zuständigen Theologen) offenkundig nicht in die Lage versetzt wurden, (auch nur) die Fragen eines 14,5jährigen zu beantworten oder wenigstens mit ihm gemeinsam nach mögl. Antworten zu suchen. Ähnliches habe ich dann immer wieder in Kirchengemeinden erlebt, und ich meine inzwischen, dass es mindestens zwei, drei Gründe für diese Inkompetenz gibt:
Mangelndes Interesse auf beiden Seiten: der "Pfaffe" hat keine Lust, aufklärendes Wissen zu vermitteln; die "Schäfchen" wollen weiterhin "lammfromm" bleiben und "in der Herde mitblöken" Theologen od. pastorale Existenzen mit Hirtenmentalität kommen hier voll auf ihre Kosten! - Vorausgesetzt, dass weder fachliche Kompetenz noch eine grundlegende Sympathie für die Gemeindeglieder abhanden gekommen ist (wie auch immer), wird vermutlich das Vermitteln von Wissen, die Aufklärungsarbeit als solche große Schwierigkeiten bereiten. Da ist zum einen (wie Du es angesprochen hast) die sog. Laienfrömmigkeit zum einen und die Angst, die Phobie der meisten Pfarrer, bei ihren "Schäfchen" etwas zu zerstören oder zumindest Irritationen hervorzurufen, die schlimmstenfalls sogar zum Kirchenaustritt führen könnten ...

Nun erfahre ich aber von den Kirchensteuerzahlern (!), die an den Rändern der Kirchengemeinden leben, die also "nur" die sog. Amtshandlungen (ein schreckliches Wort - noch horribler: "Sakramente verwalten"; mir fällt noch ein: "Exkremente" ..., sorry!!) der Kirche wahrnehmen (Taufe, Trauung, Bestattung inkl. Trauerfeier), dass sie durchaus das Bedürfnis haben, scheinbar Unerschütterliches an der Kirchensprache infragestellen zu dürfen. Sie wollen oft diskutieren, ihre Zweifel - auch an Gottesbildern - artikulieren. Sie teilen "den Kirchenglauben", der m.E. wesenltich nur ein Fürwahrhalten von komplizierten Bekenntnissätzen ist, genausowenig wie ich. Für sie - wie für mich - zählen Humanität, Solidarität, Beistand im Leid u.v.a.m., auch Bildung - und vor allem Humor!

Außerdem: Ich behaupte, dass die meisten Kirchgänger so gut wie nie die Chance hatten, ihren eigenen, persönlichen Glauben ("Gottvertrauen") zu entwickeln, weil trotz Gottesdienstreform die formelhafte Sprache im Gd und auch bei Kasualien i.A. gleich geblieben ist. Ein Fortschritt besteht allerdings darin, dass der Liturg nun längst die Möglichkeit hat, statt des m.E. längst nicht mehr angemessenen Apostolischen Glaubensbekenntnisses alternative Bekenntnisse sprechen zu lassen - im Gesangbuch zwar unter Gebeten eingeordnet, aber durchaus möglich (ein kurzes stammt z.B. von Dietrich Bonhoeffer). Ich spreche schon lange nicht mehr das Apostolikum, weil es mir viel zu abstrakt ist und m.E. mit "Vertrauen auf" nichts zu tun hat; ich verstehe nicht, was das Fürwahrhalten solcher Aussagesätze mit Glauben zu tun haben soll.

Ich habe es immer wieder angemerkt, dass viele Verständigungsprobleme gegenüber Menschen, die der Kirche eher fernstehen und innerlich auf Distanz bleiben, u.a. auf sprachlichen und begrifflichen, im Grunde völlig überflüssigen Schwierigkeiten beruhen, die sich durch entsprechende Aufklärung relativ schnell ausmerzen ließen. Das hätte man im Studium - sogar in der Theologie - lernen können, wobei ich pers. vieles auch anderswo mir erarbeitet habe. Für ein besseres Verständnis des sog. historischen Jesus ist z.B. (eigentl. bekanntermaßen) die Rückübersetzung sog. Worte Jesu ins Aramäische sehr hilfreich (Jesus sprach nunmal kein Griech.!); da half mir eine Quelle bereits bevor ich Pinchas Lapide las; dessen Sohn schreibt übrigens für "Spiritletter" online).

Au Backe, jetzt hab ich aber wirklich den "Schulmeister" oder "Oberlehrer" heute herausgekehrt; aber sei(d) getrost (bin noch bei Trost): ich hab in m. Leben bei weitem genug Dämpfer bekommen, an vielen Demutsübungen teilgenommen und leider erst spät von Friso Melzer (geistlicher Sprachdenker) profitieren können (sinngemäß):

Dem Menschen ist Hoheit, Erhabenheit verliehen, damit seine Demut nicht zum Kriechertum pervertiert; ihm ist die Demut gegeben, damit sich seine Hoheit nicht zu Übermut, Hochmut, Hochnäsigkeit wandelt.

Zum Schluss: Lasst uns nicht nur (permanent) beten: "Dein Reich komme" - lasst uns dafür arbeiten, dass es komme (oder ist der Gedanke zu jesuanisch und zu jüdisch?!); wenn wir für das Königreich oder Himmelreich "Gottes" in und mit der Kirche arbeiten dürfen (und das scheint mir allerdings strittig!), dann wäre ich (wieder) dabei, aber bitte nicht mehr als Einzelkämpfer!

Schalom. Gelobt sei der EWIGE, der Unaussprechliche, Unbegreifliche!
(T.)

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RE: Mobbing - mögliche, unterschwellige Gründe

#8 von Achim , 07.01.2014 19:03

Lieber Trottologe,

herzlichen Dank für Deine superschnelle Antwort, der ich entnehmen muss, dass Du schneller schreiben und denken kannst als ich. Betrachte das bitte aber nicht als Alleinstellungsmerkmal.

LG

Achim


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RE: Mobbing - Erfahrungen

#9 von Trottologe , 10.01.2014 21:10

Liebe Teilnehmende am Forum!

Ich vermute stark, dass Ihr längst wahrgenommen habt, dass m. spitze Zunge (besser als eine gespaltene) gegen Theol. + Kirche auch mit konkreten Mobbingerfahrungen (in den letzten fünf Jahren gleich dreimal) zu tun hat, wobei ich erst ganz zuletzt auf diesen Begriff gekommen bin und mir über den Tatbestand zunächst unsicher war. D.A.V.I.D. vermochte mich dann aufzuklären.

Da ich weder geistig noch moralisch (oder wie auch immer) in der Lage bin, die Vorkommnisse in m. Dienst ausreichend nachvollziehen zu können oder zu begreifen, hat das Ganze bei mir offenbar folgerichtig eine Rückschau und eine Art Vergangenheitsbewältigung ausgelöst. Davon habe ich nun schon einiges diesem Forum anvertraut. Ich hoffe nur, dass ich niemand vor den Kopf stoße ... In der letzten Gemeinde wurden negative Rückmeldungen ans Presbyterium herangetragen (meist anonym); es gab ein "Tribunal" (ein Kollege, eine Kollegin, fünf Presbyter), vor das ich geladen wurde. Vor allem wurden m. (gelegentlichen) Abweichungen von der Liturgie beanstandet; ein ehemaliger Presbyter (sein Sohn ist inzw. im Amt) hatte mich direkt nach m. ersten Gd. (inkl. Taufe + Abendmahl; über dortige Besonderheiten wurde ich vorher nicht informiert) vor der Kirchentür (einige Besucher gingen gerade noch vorbei) regelrecht zusammengeschissen.

Ein junges Pärchen aus der Taufgesellschaft hatte das mitbekommen und mir sofort gut zugeredet; sie meinten, der ältere Herr hätte vielleicht seit Jahrzehnten immer nur "seinen" Gd erlebt. - Noch am gleichen Sonntagabend erhielt ich vom Lektor und von der Organistenvertretung jeweils eine sehr wohlwollende, konkrete Reaktion auf m. Gd.; so ambivalent wurde ich bzw. m. Dienst wahrgenommen. Während des Tribunals gab ich (relativ eingeschüchtert) zu Bedenken, dass es doch auch immer wieder sehr positive Rückmeldungen gab. Daraufhin die Presbyterin, die mich offenbar abservieren wollte: Welche denn? Davon wissen wir nichts! - Ich entgegnete, dass die Leute natürlich nicht m. Kollegen oder Presbytern sagen, wie sie von dem neuen Pfarrer begeistert sind; sie kommen zu mir, weil das nur mich (direkt) betrifft (freut sich doch jeder über ein Lob). - Mir war dann insgesamt klar, dass ich mit solchen Menschen nicht arbeiten kann - Schade!!

Seit über drei Monaten hat "meine" Landeskirche keine Verwendung mehr für mich; ein eigenartiger Zustand. Aber ich habe weitaus genug - geistig - zu arbeiten; Kontakte mit Menschen pflege ich nun rein "außerdienstlich", privat!
Heute nur noch zwei ältere Erlebnisse, die unmittelbar zusammenhängen:

Situation: Prüflinge müssen sich unmittelbar vor dem 2. Theol. (Kirchl.) Examen beim "Landeskriminalamt" (LKA) die Andacht eines Landeskirchenrats anhören - Lesung/ Thema (Tageslosung): die Enthauptung des Johannes (nach eigener Aussage, habe der LKR noch kurz überlegt, ob das so geeignet sei ...); als Lied hatte er irgendeinen "Endzeitschocker" ausgewählt.

Für mich ist es irrelevant, ob der Betreffende "Trottologie" studiert hat, oder ob er als sog. Laie (z.B. als Jurist) bei LKA arbeitet; für mich zählt nur die Ignoranz, die Gleichgültigkeit, das völlig fehlende Einfühlungsvermögen den Prüflingen gegenüber, die wahrlich nicht alle - mich eingeschl. - mit geschwellter Brust und kerzengerade sich heroisch in die Prüfung stürzen ...

Jahre später beklagte Peter Beier (Präses der EKiR, leider früh verstorben) auf einer Konferenz die mangelnde Kompetenz in der Pfarrerschaft; daraufhin schnellte m. Hand hoch (die Gelegenheit ließ ich mir nicht nehmen): Ich ließ den Präses wissen, dass mich die Kompetenzfrage schon lange nicht mehr wundere - und erzählte ihm dann vor allen Kongressteilnehmern, was ich damals mit anderen Prüflingen im LKA erlebt hatte. Mein Resumee: Wenn man künftige Geistliche derart unprofessionell, unsensibel, lieblos behandelt, nimmt es ja wohl kaum Wunder, wenn sich diese nicht optimal entfalten im pastoralen Alltag mit all den Belastungen ... Peter Beier erkundigte sich sofort bei seinem Nebenmann, wer derjenige mit der "frechen" Zunge sei - aber nur (so wie ich es auffasste), weil er wegen dieser Offenheit so überrascht war.

Mit herzl. Grüßen zum Wochenende
T.

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RE: Mobbing - Erfahrungen

#10 von Joringel , 10.02.2014 10:45

Lieber Trottologe,

ich habe Deinen Bericht mehrere Male sorgfältig gelesen. Was Du beschreibst, scheint eine typische Gemengelage zu sein.
Typisch 1: Durch Telefonate werden an Vorgesetzte negative Botschaften herangetragen, oft anonym oder der "Botschafter" wird dem Betroffenen gegenüber nicht genannt. Eine Klärung ist nicht möglich.
Die Botschaft bekommt sofort ein Gewicht als handele es sich um bedenkliche Tatsachen, die die Berufseignung in Frage stellen. Jede weitere Kommunikation mit den Vorgesetzten ist durch diese Botschaft belastet.
Der Betroffene befindet sich permanent in der Defensive, was zu einem Erschöpfungszustand führt.
Typisch 2: In manchen Gemeinden wird das Amt des Kirchenvorstehers von Generation zu Generation weitergegeben. Solche Familien wissen, wie Kirche sein muß und filtern gottesdienstliche und gemeindliche Aktivitäten. Was nicht in ihr Raster passt, hat in der Gemeinde nichts zu suchen.
Typisch 3 Pfarrerkollegen und Kolleginnen haben den autoritären Anspruch der Kirche verinnerlicht. Sie halten sich heraus oder stehen - wie in Ihrem Fall - für ein Tribunal zur Verfügung. Die wenigsten bringen ein solches "Versagen" mit sich selbst in Verbindung. Erst wenn sie selbst Opfer werden, dämmert ihnen, wie schnell man ausgebootet werden kann und in welcher Einsamkeit Betroffene sich dann finden.
Typisch 4: Es wird nur registriert, was möglicherweise gegen den Betroffenen spricht. Das ist eine der größten Schwachstellen in diesen Verfahren. Diese "Schlagseite" wird durchgezogen bis zum obersten Kirchengericht. Ob sie goldene Löfffel gestohlen haben oder nicht, ist unerheblich solange es "jemand gesehen" hat.
Typisch 5: Der Wartestand führt in eine psychische Krise. Was habe ich an mir, dass ich ausgemustert werde? Wieso haben andere nicht mit solchen Schwierikeiten zu kämpfen? Soll ich mich wehren? Wer hört noch auf mich?
Wer steht noch hinter mir? Ich würde gern weggehen aus dem Dorf, das sich Kirche nennt. Aber als Theologe habe ich mich jahrelang auf diesen Beruf vorbereitet, und ich habe keinen anderen!

Aus meiner Sicht wäre es die Aufgabe der Pfarrervereine für einen besseren Schutz der Kolleginnen oder Kollegen zu sorgen. Es soll ja bereits einen Trend geben, wonach es immer weniger Theologietudentinnen und Studenten gibt. Aus der Ungedeihlichkeitsperspektive betrachtet, ist es besser, sich einen anderen Beruf zu suchen. Wenn Luther noch den Beruf mit Berufung in Verbindung brachte, so gilt das nicht mehr für den Pfarrberuf in der Evangelischen Kirche. Hier sind die Pfarrerinnen und Pfarrer Spielbälle zwischen Kirchenvorständen und der Kirchenhierarchie, in ihren Bestrebungen meistens flankiert von den Kirchengerichten. Oft sind die Verfahrensfehler so gravierend, dass es unvorstellbar ist, wie Volljuristen als ehrenamtliche Kirchenrichter, die sich selbst Ernst nehmen, so etwas übergehen können. Was zählt ist der Nutzen in Form von Kirchensteuern. Dann lieber Filialleiter bei ALDI, da weiß man von vorneherein worum es geht.


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RE: Mobbing - Erfahrungen

#11 von WGM , 26.06.2014 16:44

Zu den Gründen für Mobbing in der Kirche oder anderswo gehören auch sinkende Einnahmen.
Vor ein paar Wochen fand in Bayern Alpha eine Sendung mit Hörern statt. Die Vertreterin der Kirche
bestritt vehement, daß es steigende Austritte gäbe, im Gegenteil, es gäbe Zulauf.
Die Argumente wurden leidenschaftlich ausgetauscht.
Daß sie in Sachsens Kirche sinken, steht heute wieder zu lesen in der Leipziger Volkszeitung.
In den letzten Jahren gab es jährlich durchschnittlich 4.500 Austritte. 2014 sind es jetzt schon 5000.
Als Ursache vermutet man die Debatte um Besteuerung von Vermögen.
Wenn ich solche Meldungen lese oder anderweitig davon höre, sehe ich immer die Gesichter der
kirchlichen Mitarbeiter vor mir, in denen ich vor Jahren lesen konnte: ICH BEHALTE MEINE STELLE, ICH VERLIERE SIE NICHT.
Sie beschlossen, dass andere Opfer werden und sie haben wahrlich alles dazu getan.
Ich denke aber auch an die, die es in Zukunft treffen wird. Und ich denke an meine Erkenntnis,,
daß eine Gesellschaft nur dann gesellschaftsfähig ist, wenn sie alles tut, diese schlimme Schäden, die Mobbing zur Folge hat,
zu verhindern im Sinne von "Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem andern zu.".

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RE: Mobbing - Erfahrungen

#12 von azalee , 27.06.2014 12:28

2011 gehörte die EKM zu den GEBERKIRCHEN. Kirche ist Besitzerin von Immobilien, eine durchaus kräftige Einnahmequelle. dann kommen die Leistungen vom Staat auch noch hinzu.
Und das Schreckgespenst der Austritte geht seit Jahrzehnten um. In den 70er Jahren sprach man doch tatsächlich von "Gesundschrumpfung" Und in den 90er Jahren kam zu den Geschrumpften die Tatsache hinzu, dass die Personalkosten sehr gestiegen waren - es folgten die "Streichkonzerte"Aber erst, nachdem Mc Kinsey um Analyse gebeten wurde. (Wieviel kostet eigentlich eine Unternehmensberatung??? )
Wir haben nunmehr keine ÜBERALERUNG", wir haben eine UNTERJÜNGUNG- in unserer Kirche. Kinder - und Familienarbeit ist seit JAHREN DAS Arbeitsfeld. Menschen, die "auf der Strecke geblieben sind" seit Jahrzehnten müssen zurückgeholt werden! Nicht der Einzelkämpfer ist gefragt- jetzt ist Teamarbeit dran.
Tatsache ist, dass kirchliche Mitarbeiter für Gelingen und Nichtgelingen der gesteckten Ziele verantwortlich gemacht werden. Und da gibt es noch das Pfarrerdienstgesetz! und ganz speziell den § 79 f Welch enormer Druck liegt auf den Mitarbeitern. Die Angst um, die eigene Existenz führt auch zu Mobbing. Eigentlich sollte sie zu mehr Solidarität untereinander führen!
Was für ein SYSTEM!!


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RE: Mobbing - Erfahrungen

#13 von Janchen , 27.06.2014 12:31

Unsere Gesellschaft dürfte den Zenit ihrer Entwicklung längst erreicht .... überschritten haben und befindet sich im rückläufigen Modus. Bemerkbar macht sich das am Zerfall des Fundamentes >> der guten Sitten ... Salonfähigkeit von Gefühlskälte ... der Niedertracht = kurz gesagt = der grenzenlosen Gier. Damit bewegen wir uns bereits mit großen Schritten in die Anarchie hinein.

Bevor Rom unterging - wurde es dekadent!

Und das alles unter Glockenklang .....




Römer 1,17 ... Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie denn geschrieben steht: "Der Gerechte wird aus dem Glauben leben."


Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

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RE: Mobbing - Erfahrungen

#14 von Paddy , 28.06.2014 22:56

Ich weiss nicht, ob es hier in diesem Thread so richtig passt, aber angesichts Barmen 4 ("Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes.") frage ich mich immer öfter, weshalb es innerhalb der Kirche so krass zugeht. Weshalb zum Beispiel einige Theologen sich als Herrscher über Verwaltungsmitarbeitende sehen und ganze Dienststellen in Angst und Schrecken versetzen.

Paddy

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RE: Mobbing - Erfahrungen

#15 von Janchen , 29.06.2014 12:31

Hallo Paddy,

Zitat von Paddy im Beitrag #14
Ich weiss nicht, ob es hier in diesem Thread so richtig passt, aber angesichts Barmen 4 ("Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes.") frage ich mich immer öfter, weshalb es innerhalb der Kirche so krass zugeht. Weshalb zum Beispiel einige Theologen sich als Herrscher über Verwaltungsmitarbeitende sehen und ganze Dienststellen in Angst und Schrecken versetzen.

Paddy


vielleicht weil denen das Fundament fehlt?

1. Johannes 4,1 .... Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeden Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt.

Und vielleicht auch, weil sich die Evangelische Kirche für die Kirche der Freiheit hält und sich damit dem Zeitgeist beugt - frei von fundamentalen Werten. Ich kenne alte Pfarrer - hier im Osten, die ein anderes Verständnis vom Glauben haben. Damit sind sie unbequem, aber in einem Alter, wo das zunehmend keine Rolle mehr spielt.


Mein letzter Chef bspw. - ein Pfarrer - teilte Menschen in Schubladen ein. Ich gehörte zu denen, die hinter der Fußleiste kamen. Dann gab es die, die man gebrauchen konnte - die, wo man nett sein musste und die, wo man kratzen musste. Zu seinen liebsten Eigenschaften gehörte es spitze Bemerkungen zu verteilen, die andere in ein negatives Licht rückten. Er konnte überaus charmant sein und dabei anzügliche Bemerkungen verteilen. Ein richtiges A...... eben. - Und da Pfarrer per se einen Persilschein haben, musste es logischerweise an mir liegen...... Der Witz daran ist - nicht wirklich ein Witz - andere Pfarrer durchschauten das schon, aber sie ließen mich auf ganzer Linie hängen.

Soviel zu christlicher Nächstenliebe ....



....


Römer 1,17 ... Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie denn geschrieben steht: "Der Gerechte wird aus dem Glauben leben."


Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

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Der gute Geist von Neinstedt
Entmietung: die neue Art des Mobbings in Zschernitz

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