Blick auf eine afghanische Flüchtlingsfamilie - Impressionen

#1 von Joringel , 16.08.2018 13:08

Der Familienvater untersteht jetzt dem Arbeitsamt. Das Arbeitsamt soll ihm helfen, sich in das Arbeitsleben in Deutschland einzugewöhnen und eine Stelle zu finden. Aktuell findet eine Mischung von Sprachkurs und Praktikum statt. Joringel konzentriert sich jetzt auf den Vater beim Lernen der deutschen Sprache. Das Lehrbuch berichtet von Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitskleidung, Sicherheitsschuhen, von Sammelstellen im Katastrophenfall, Handwerkszeug wie Schraubenziehern, Betonmischmaschinen und vieles mehr. Gelernt wird in der Schule über Kopfhörer, dann müssen die "Schüler" Aufgaben dazu lösen. Das meiste ist bei Herrn F. richtig angekreuzt. Aber die Lehrer kontrollieren wohl nicht immer und spielen mit ihrem Handy, manchmal bis die die Stunde um ist. Solche Wortketten wie Arbeitsschutzbestimmungen sind wahnsinnig schwer für Herrn F. Joringel versucht den Sinnaufbau über das Klatschen Arbeits - Klatsch - Schutz - Klatsch - Bestimmungen Klatsch. Wenn das S von Arbeitsschutz kommt, erst mal Luft holen und dann weiterlesen. Arbeit? Kennen Sie! Schutz? Nein, die Mutter beschützt das Kind - pantomimische Darstellung - Aha, verstanden - Bestimmung wie Gesetz, muss so gemacht werden, überall am Arbeitsplatz. Aaaah!

Andere Erklärungen beziehen sich auf Formen - Rechteck, Quadrat, Dreieck. Sehr schwer zu vermitteln an Jemand ohne Schulbildung. Keine Schulbildung? Nein! Nie? Doch, ein bisschen. Und was? Wir haben im Koran gelesen. Er macht es mir vor wie der Finger über eine Zeile wandert, von rechts nach links, versteht sich. Manchmal alles weg weil so viele Kinder mit dem Finger über die Zeile. Ach, alle Buchstaben weg? Ja! Er lacht. Das war unsere Schule, zwei, drei Jahre.

Der Familienvater hat öfter das Bedürfnis sich mitzuteilen. Joringel muss genau zuhören. Der Wortschatz ist noch sehr beschränkt. Schon als Kind musste Herr F. Schafe hüten, allein in den Bergen. Die Mutter ernährt die Familie mit durch Teppichweben. Eines abends kommt er nach Hause, die Mutter ist nicht da, der Vater sitzt allein auf dem Kannapée, worauf eine Decke liegt. Wo ist Mama? Mama ist nicht da. Das Kind hebt die Decke an, darunter die Mutter - tot! Sie ist an Auszehrung gestorben.

Jorinde und Joringel haben großen Respekt vor Herr F. Er ist ungebildet im Wortsinn, aber er hat eine große Klugheit und tut alles mit Bedacht. Einmal sagt er zu Joringel: Mein größter Wunsch ist, dass mein Sohn (schwer behindert) wieder gesund wird. Joringel senkt den Kopf und antwortet nicht. Nach dem derzeitigen Stand der Medizin gibt es diese Option noch nicht, aber wer weiß, vielleicht wird noch etwas gefunden. Diese Hoffnung teilen Jorinde und Joringel mit der Familie.


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RE: Blick auf eine afghanische Flüchtlingsfamilie - Impressionen

#2 von Robin , 17.08.2018 12:52

Lieber Joringel!
Du bist ein geborener Pädagoge. Mach weiter so!
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zuletzt bearbeitet 17.08.2018 | Top

   

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