Liebe Leserinnen und Leser, die Ihr die Geschichte bis hierher verfolgt habt: Eine wichtige Information zu diesem Thema habe ich unter Sometimes I wish to be an angel in dieser Rubrik veröffentlicht. Das musste einfach sein, weil das ganze Ereignis so unwirklich, so unvorstellbar und unerfüllbar schien und wenn ich im Nachhinein zu diesem Moment der Wunscherfüllung komme, sie für mich auch immer noch etwas Wunderbares ist. Dieses etwas, das ich mit dem Begriff "Wunderbares" verbinde, ist für mich die Erkenntnis, dass es gelingt, für ungewöhnliche Situationen und Aufgaben Mitstreiter zu finden, die das Ganze dann tatkräftig mit unterstützen. Das Wunderbare ist die Übertragung des Anliegens auf wildfremde Menschen, die, wenn sie unsere Bitte erreicht, innehalte und sagen: O.K. da helfen wir mit. Wenn man die Augen aufhält und so lesewütig ist wie ich, findet man immer wieder viele Projekte, die von Mensch initiiert werden, die für andere etwas bewegen wollen. Z.B. ein kleiner Verein in Köln, der für Obdachlose und mit Hilfe von Obdachlosen kleine Mini-Hütten aus Europaletten baut. "Beheizt" werden sie im Winter mit einer Grableuchte, dabei bleibt die Temperatur bei mindestens 8° und die Nutznießer dieser Hütten, die auch nicht mehr auf dem Boden schlafen müssen, sind glücklich über diese neue Lebensqualität und die Sicherheit, und über die Tatsache, dass sie bei Minus-Graden nicht erfrieren werden. Also, nicht alle lassen sich von der Häme gegenüber Schwächeren anstecken oder werden neidisch, weil "die" etwas bekommen und man selbst vermeintlich nicht.
Zurück zur Familie. Seit dem neuen Schuljahr schon geht die älteste Tochter auf ein Gymnasium, direkt in die 11. Klasse. Im Iran konnte sie nur bis zu 6. Klasse zur Schule gehen, ihr Englisch und Deutsch entsprechen natürlich bei weitem nicht dem Niveau, das von einer 11. Klasse im Gymnasium erwartet wird. Es fällt ihr schwer, sich am mündlichen Unterricht zu beteiligen, auch wenn sie in Mathe oder Chemie etwas weiß, denn manchmal gibt es Lacher wegen ihrer Sprache. Sie erlebt ihre Mitschüler als kalt, sie sind zwar freundlich, aber beziehen sie nicht mit ein.(Das scheint nicht ganz zu stimmen, denn es gibt auch Schüler die sagen, Z. verhält sich ablehnend). Joringel versucht ihr die Situation der anderen zu vermitteln. Sie sind in der Regel zwei bis drei Jahre jünger als Z., sie sind schon seit der ersten Klasse zusammen, sie sind unsicher und wissen nicht genau, wie sie sich Ihr gegenüber verhalten sollen. Z. ist soviel ernster und zielstrebiger als sie usw. Sieh haben bisher ein viel, viel unbeschwerteres Leben gehabt. Manchmal bekommen auch die beiden Unterstützerfamilien Zweifel: Haben wir zuviel von ihr erwartet? Setzen wir sie ungewollt unter Druck? In Mathe schreibt Z. schon 12 Punkte. Als dritte Fremdsprache muss sie Spanisch lernen, da ist sie auch gut, denn dieses Fach hat sie mit anderen Mitschülern von Null an gemeinsam. Außerdem ist es uns gelungen, sie in einem Förderprogramm für junge Migranten unterzubringen. Bei diesen Treffen kann sie sich mit jungen Menschen austauschen, denen es ähnlich geht wie ihr. Gemach, gemach, heißt die Devise, nach so kurzer Zeit muss man einfach Geduld haben.
Alle drei jugendlichen Kinder können seit zwei Tagen in ihrem eigenen Zuhause lernen und haben einen eigenen, kleinen Schreibtisch. Sie müssen nicht mehr zwischen den Unterkünften hin und her pendeln wie vorher. Sie können ungestört lernen und sich gegenseitig helfen, Bücher und Nachschlagewerke gemeinsam nutzen. Wir Unterstützer versprechen uns davon auch mehr Selbstsicherheit und eine bessere Ausnutzung ihrer jetzt schon fantastischen Fähigkeiten.
Was jetzt noch vor uns liegt, ist das Gerichtsverfahren.
Es grüßt Euch
Joringel