Liebe(r) Robin, Liebe(r) Joringel,
danke für die Reaktionen.
Das Folgende beantwortet bestimmt nicht alle Fragen, aber irgendwo muss ich ja anfangen.
Zur Frage: Was habe ich getan ?
Natürlich hatte ich nicht von Anfang an vor, den Pfarrer loszuwerden.
Was ich versucht habe, um die Probleme zu lösen:
Ich habe ein paar Jahre lang versucht, mich in der Gemeinde zu engagieren, da ich einen ziemlichen Handlungsbedarf gesehen habe. Die Gottesdienste waren überwiegend ziemlich bescheiden besucht, darüber hinaus gab es für meine Altersgruppe (Erwachsen, aber noch nicht Senior) nichts, was ich unter Gemeindeleben verstehe.
Ich habe versucht, im Laufe mehrerer Jahre immer wieder mit dem Pfarrer zu reden über die Dinge, die mich irritiert/geärgert/wütend gemacht haben in Zusammenhang mit den Dingen, die ich für meine ehrenamtliche Tätigkeiten in der Gemeinde benötigt oder für sinnvoll erachtet habe. Meine Vorschläge waren durchaus nicht so, dass sie wer weiß wie viele Arbeit gemacht hätten, jedenfalls nicht dem Pfarrer.
Ich bin der Überzeugung, dass Gemeinde nur funktionieren kann, wenn die Zusammenarbeit funktioniert.
Meine Anfragen zu Gesprächen wurden vom Pfarrer ignoriert (nach hartnäckiger Nachfrage haben wir dann doch mal miteinander geredet), als zu hoch gehängt eingestuft (er hat sich dann auf dem eiskalten Pfarrhausvorplatz auf ein paar Minuten Gespräch eingelassen) bzw. dann später ganz abgelehnt ("Ich weiß nicht was das bringen soll", "ich möchte das nicht", "wir sind halt nicht auf einer Wellenlänge")
Ich bin vor meiner Zeit als KV in einem Fall an den seinerzeitigen KV-Vorsitzenden herangetreten. Er versprach, sich darum zu kümmern. Nachdem eine Weile nichts passiert ist, haben ich dann selbst mit dem Pfarrer ein Gespräch vereinbart (nach ein paar Anläufen, auf die er nicht reagiert hatte) Später als ich im KV war, habe ich dann mit dem seinerzeit aktuellen KV-Vorsitzenden über die Probleme gesprochen.
Ich habe ein Gespräch bei einer kirchlichen Beratungsstelle gehabt. Heraus kam eine Empfehlung für Gemeindeberatung. Das habe ich bei unserem KV angebracht. Der Vorschlag wurde nicht so recht angenommen. Zum einen gibt es da den "das können wir selber"-Faktor. Zum anderen hat vielleicht eine Rolle gespielt, dass es während der vorigen KV-Amtszeit schon mal ein mediationsartiges Gespräch gegeben hat, von dem noch die Einschätzung übrig geblieben war, dass das nichts bringt. Bei meinem Versuch, Argumentationshilfe zu bekommen, um meinen KV-Kollegen besser erklären zu können, was es bringen könnte, war ich auch nicht erfolgreich.
Was ich noch getan habe: Nachdem der Pfarrer den letzten von mir initiierten Gesprächsversuch (s.o.) abgelehnt hat, habe ich den KV-Vorsitzenden darüber informiert, der durchgesetzt hat, dass das Gespräch doch noch stattfindet.
Wir haben vorher zusammen überlegt, wie ich vorgehen könnte, damit das einen möglichst konstruktiven Verlauf nimmt. Und er war auch dabei. Nach dem Gepräch mit dem Pfarrer war ich mir sicher: Wenn es uns nicht gelingt, den Pfarrer los zu werden, kann das nicht mehr meine Gemeinde sein. Das habe ich dem KV-Vorsitzenden auch so mitgeteilt.
Und ich habe meinen mit-KV bewusst gemacht, dass man einen Pfarrer nicht als unabwendbares Schicksal hinnehmen muss, sondern dass es auch andere Möglichkeiten gibt.
Das war alles vor dem sog. Beginn des Konflikts, als der in der öffentlichen Wahrnehmung ein Artikel des Pfarrers im Gemeindebrief gilt, in dem er sich über die Umfrage geäußert hat, die der KV in der Gemeinde durchgeführt hat. Den Artikel haben wir erst gesehen, als er gedruckt war und der Pfarrer im Urlaub. Meiner Meinung nach war das nicht der Beginn des Konflikts, sondern der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. In unsere Bewertung des Artikels sind natürlich auch unsere Vorerfahrungen mit dem Pfarrer eingeflossen und die Art, auf welchem Wege er seine Meinung kundgetan hat. Als der Pfarrer wieder aus dem Urlaub da war, hat der KV-Vorsitzende mit dem Pfarrer ein Gespräch geführt, in dem Sinne, dass eine Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist. Verbunden mit dem Angebot, nach ein paar Tagen erneut miteinander zu sprechen.
Ich was sehr froh darüber, dass er das getan hat.
Jeder abhängig Beschäftigte, der weiß, dass sein Arbeitsplatz nicht bis zum Ruhestand garantiert ist, hätte vermutlich spätestens dann angefangen, ernsthaft nachzudenken.
Es wäre an dieser Stelle sicherlich noch besseres möglich gewesen als das, was danach kam.
Der Pfarrer hat die Möglichkeit des weiteren Gesprächs nicht wahrgenommen. In einer Sitzung im Beisein des Dekans hat er dann gesagt, er wird sich eine andere Stelle suchen.
Ich habe aufgeatmet und gehofft, es wird nicht mehr zu lange dauern.
Einige Wochen später betrat die "Initiative gegen Mobbing" das Licht der Öffentlichkeit und verlangte eine Gemeindeversammlung. In dieser Versammlung hat der Pfarrer gesagt, er hätte nie vorgehabt, zu gehen. Der Dekan saß daneben und hat nichts dazu gesagt. Es wurde dann eine Mediation vorgeschlagen. Der Pfarrer (möglicherweise war er schon darauf vorbereitet) hat ja dazu gesagt, wir brauchten noch etwas Bedenkzeit.
Was ich dann noch getan habe:
Ich habe mich, nachdem ich mich erkundigt habe, was eine Mediation eigentlich ist, auf die in der Gemeindeversammlung verordnete Mediation eingelassen, trotz aller schlechten Erfahrungen, und versucht, mir vorzustellen, dass etwas sinnvolles dabei heraus kommen könnte.
Das klingt jetzt bestimmt ein bisschen so, als ob nur ich ein Problem gehabt hätte. Aber es waren auch andere unzufrieden. Zum Teil wurde versucht, die Probleme irgendwie zu umgehen. Wie ich gehört habe, wurden früher Dinge auch einfach sein gelassen, wenn der Pfarrer sie nicht wollte. So lassen sich Konflikte auch vermeiden.
Den meisten Leuten genügt ein unliebsames Erlebnis mit dem Pfarrer, und sie ziehen sich zurück.
Und wer den Pfarrer nur für die Weihnachtsgottesdienst und Kasualien in Anspruch nimmt, hat auch nicht so viel Konfliktpotential.
Was ich vor einigen Monaten von jemand Alteingesessenen gehört habe, war so etwas wie "Es ist ja schon seit Jahren bekannt, dass es ein Problem mit dem Pfarrer gibt. Aber dass er nach so vielen Jahren gehen muss, ist unmenschlich."
Ich habe weder versucht, den Ungedeihlichkeitsparagraphen zu verwenden anfangs, noch ihn später explizit zu vermeiden. Das ist nun mal die einzige derzeitige Notbremse, wenn sonst nichts mehr geht. Und die Kehrseite der Medaille, dass ein Pfarrer seine Stelle auf Lebenszeit verliehen bekommt, was für die Unabhängigkeit der Verkündigung gedacht ist, aber nicht, um sich in eine "mir kann keiner was"-Ecke zurück zu ziehen. Im Übrigen wurde der U-P in unserem Falle dann nicht angewandt. Was faktisch passiert ist, hat wohl ähnliche Auswirkungen, nur dass es formal freiwillig war und dass sowohl Pfarrer als auch KV ihre Ämter dann los waren.
Jetzt kann man durchaus sagen, ich habe wer weiß was alles falsch gemacht. Ich habe das gemacht, was mir möglich war, so gut ich es konnte. Den "hinterher ist man immer schlauer-Faktor" kann man dafür nicht in Anwendung bringen. Ich würde jetzt bestimmt manches anders/entschlossener/mit mehr Wissen darüber was mit wem geht und mit wem nicht angehen.
Aber abgesehen davon, dass jetzt meine Neigung eher ist, mich auf nichts mehr so tief einzulassen, dass ich nicht unverzüglich gehen kann, wenn es nach Problemen aussieht, bin ich in einigen Dingen auch rückblickend noch ratlos.
Aber die wichtige Frage ist ja nicht, was würde ich jetzt tun, sondern wie kann die Chance dafür steigen, dass in weiteren Fällen, in denen die Akteure genau so ratlos davor stehen, es besser läuft. In dieser Sache habe mich ich auch schon an die aktuelle Konfliktbeauftragte der Landeskirche gewandt und ihr berichtet, woran ich gescheitert bin, bei dem Versuch, die entsprechenden Ressourcen für uns nutzbar zu machen, verbunden mit Vorschlägen, wo man aus meiner Sicht noch optimieren könnte. Die Dame wirkte auch durchaus interessiert.
Über die Bewertung des Kirchlichen Vorgehens sind wir nicht so weit auseinander. Meine Hoffnung war, dass, wenn wir machen, was der Dekan will, er uns dann unterstützen wird. Was nach unserem vom Dekan als einzig mögliche Lösung nahegelegten Rücktritt kam, fühlte sich eher an wie
Im Stich gelassen
In den Rücken gefallen
Den Boden unter den Füßen weggezogen
Ich hatte immer noch gedacht, dass der Kirche etwas an aktiven Gemeindegliedern liegt und der Pfarrer, den wir mühsam losgeworden sind, eine Ausnahme darstellt. Aber dem ist wohl nicht so.
Und wo kam nun der Verein David ins Spiel ?
Dessen Existenz wurde mir bekannt durch die "Initiative gegen Mobbing", die sich zugunsten des Pfarrers gebildet hat. Aus meiner Sicht war das Vorgehen der Initiative ziemlich aggressiv. Der Vorschlag der Mediation war sicher eine gute Sache. Und auch dagegen, dass sie sich für den Pfarrer eingesetzt haben, ist im Grundsatz nichts einzuwenden. Aber wie Leute, die es besser wissen müssten, wie z.B. der frühere KV-Vorsitzende, hartnäckig geleugnet haben, dass es jemals Probleme gab, war bestimmt nicht sachdienlich. Dass der Eindruck erweckt wurde, anlässlich der Fragebogenaktion hätte aus nichtigem Anlass der KV einen Streit vom Zaun gebrochen und den Pfarrer daraufhin loshaben wollen.
Es wurden Unterschriften gesammelt für eine Gemeindeversammlung, in der die Gemeinde Auskunft wollte.
Ich fand es auch wichtig, zu begründen was wir tun.
Abgesehen davon, dass vieles nur bezeugbar und nicht beweisbar ist, hat uns auch der Dekan aktiv daran gehindert, etwas zu den Gründen zu sagen, das sei dienstrechtlich nicht erlaubt. Dass der KV in der Versammlung und auch anderweitig beschimpft wurde, war offensichtlich dienstrechtlich unproblematisch.
Es wurde auch versucht, die Kirchenleitung zu veranlassen, den KV wegen Pflichtverletzungen abzusetzen. Wenn wir öffentlich Auskunft gegeben hätten, hätte man vielleicht sogar eine Handhabe dafür gehabt oder versuchen können, uns wegen Verbreitung unbewiesener Behauptungen rechtliche Probleme zu bereiten.
Der Aufforderung seitens der Intitative, zurück zu treten, kam unter diesem Umständen für mich natürlich nicht in Frage, angesichts der Rufmordkampagne, der wir ausgesetzt waren.
Mit zwei mir persönlich bekannten Personen der Initiative, mit denen ich früher ein gutes Verhältnis hatte, habe ich mich ziemlich ausführlich über die Sache unterhalten, der Maulkorb des Dekans war mir da mal egal. Die Qunitessenz war bei der einen Person "der arme Pfarrer", die andere Person hat mir später in einer öffentlichen Versammlung "nur heiße Luft" vorgeworfen in Bezug auf unsere Vorhaben zur Gemeindeentwicklung, die noch nicht so sonderlich weit gediehen waren ( wie auch, wenn die Zusammenarbeit nicht klappt).
Dann waren da noch Sachen wie Boykottaufrufe für alles, an dem wir beteiligt sind, Aufforderung zu Problemlösungen a la Holger Börner (das war der mit den Dachlatten), Statements wie sie würden Ross und Reiter so darstellen, dass wir nicht mehr haltbar sind, wir sollten keinen Fuss mehr an den Boden kriegen usw. Ich hatte zwischenzeitlich überlegt, ob ich den Verein DAVID mal frage, ob sie sich bewusst sind, dass sie mit ihren Lehren von "Was ist Mobbing" möglicherweise geradezu ein Drehbuch liefern für die Intitiative, habe aber davon Abstand genommen, weil ich überhaupt keine Ahnung hatte, wie die Leute da so sind, und mein Vertrauen nicht größer war als in die Vertreter der Mobbing-Initiative.
Soweit ein paar Bruchstücke aus meiner subjektiven Sicht.