Das Treffen der Gruppe begann mit einer Aussage, die bereits schon die ganze Essenz des nun kommenden Austausches in sich barg:
„Der einzige Schutz gegen kirchlich zu verantwortendes Unrecht ist die Öffentlichkeit.“
Die Gesprächsbeiträger der Teilnehmer drehten sich um selbst erlebtes oder an anderen beobachtetes Unrecht. Insbesondere geriet noch einmal der Fall des Pfarrers Giselher Quast in Magdeburg in Erinnerung. In Bezug auf das Thema Öffentlichkeit war hier das Besondere, dass auch nicht-kirchlich orientierte Personen und Gruppierungen den Pfarrer massiv verteidigten und sich im Internet zu dem Fall im Sinne von Pro-Quast äußerten. Das Gremium war sich einig, dass dies der entscheidende Punkt war, warum die Kaltstellung von Giselher Quast rückgängig gemacht wurde. Auffällig war jedoch, dass Herr Quast geradezu eisern schwieg. Man darf mit Fug und Recht annehmen, dass er unter Androhung eines Disziplinarverfahrens unter Schweigepflicht gestellt wurde. Dies wurde in diesem und auch in anderen Fällen als äußerst belastend für die Familien gesehen. Denn in der Regel werden Vorwürfe erhoben oder durch nichtssagendes Schweigen befördert, die vermuten lassen, dass der Betroffene furchtbare Fehler gemacht habe oder einen anderen Makel mit sich herumtrage. Die Gerüchteküche brodelt, das Ansehen wird geschmälert und trotzdem darf nichts richtig gestellt werden.
Während die Kirchenverwaltung daran glaubt, mit der Schweigepflicht die Sympathie der Öffentlichkeit zu erhalten, tritt das Gegenteil ein. Die Intransparenz fördert das allgemeine Misstrauen und viele distanzieren sich von einer Kirche, deren Handlungsweise sie missbilligen. Eine Teilnehmerin fasste es so zusammen: „Die Kirche schafft sich selber ab.“
Der Kreis thematisierte, dass Im Allgemeinen in der Gesellschaft eine verstärkte Diskussion über Sinn und Unsinn des Artikels 140 GG zu bemerken sei, während sich früher kein Mensch dafür interessiert habe. Bei dieser Diskussion soll D.A.V.I.D.e.V. sich miteinschalten und berichten, wie die Evangelische Kirche die Grundrechte der Pfarrerinnen und Pfarrer beschneidet und wie sie mit dem Recht umgeht.
Ein Betroffener, der vor dem Kirchengericht geklagt hatte, berichtete aus einer Verhandlung: Einer der Richter habe sich im Verlauf des Verfahrens an den juristischen Vertreter der EKiR mit den Worten gewandt: „Haben Sie schon einmal etwas von der Würde des Menschen gehört?“
Ein Gesprächsergebnis der Arbeitsgruppe war u.a., dass Öffentlichkeitsarbeit nicht unbedingt mit Presseartikeln gleichzusetzen sei. Man müsse vielmehr auch an andere öffentliche Strategien denken, zum Beispiel eine größere Kundgebung der „Entsorgten“, die kalt gestellt wurden und gegen ihren Willen nicht mehr arbeiten dürfen oder durften, aber die kirchlichen Finanzen belasten. In einem anderen Fall wurden vor einer Synode Luftballons mit der Aufschrift „Transparente Verfahren“ in den Himmel geschickt. In einer Kirchengemeinde gab es monatelang Mahnwachen, weil der Pfarrer ein Predigtverbot erhielt. Solche oder ähnliche Aktivitäten machen die Probleme nach außen sichtbar.
Es wurde auch gefragt, wieso die Kirchenleitungen sich fast nie um eine faire Konfliktlösung bemühen, sondern den Mobbern folgen und möglichst schnell und geräuschlos kurzen Prozess machen. Ein Statement dazu fand die Zustimmung der meisten Beteiligten:
„Bei der Kirche geht es hauptsächlich ums Geld, um viel Geld, das zu verwalten ist. Um den Status quo aufrecht zu erhalten, muss Imagepflege betrieben werden. Das führt zu einer permanenten Selbstzensur der evangelischen Kirche, die sich an diesem Selbsterhalt orientiert. Deswegen ist innerkirchlich keine oppositionelle Haltung möglich.“
Hinzu kommt, dass die Kirche EKD weit Einsparungen realisieren will, es wurde die Zahl von 4,6 Milliarden in den Ring geworfen. Dies führe dazu, dass man keinen Grund sieht, sich um Leute zu bemühen, die von anderen aktiv vertrieben werden.
Joringel
Frage an potentielle Leser: Welche Formen der Öffentlichkeitsarbeit – Luftballons, Mahnwachen etc. - kennen Sie und können Sie anderen Betroffenen mitteilen?