Eine Gemeinde wird gemobbt

#1 von Traugott ( gelöscht ) , 19.11.2013 13:18

Der Presse (idea-spektrum 46 vom 13.11.2013, S. 39) entnehme ich einen neuen Fall von Mobbing in der Kirche: Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in der Pfalz versucht eine Gemeinde zu liquidieren, die nicht bereit ist, sich widerspruchslos zu unterwerfen. Es handelt sich um Schweigen-Rechtenbach im Landkreis Südliche Weinstraße. Kontaktdaten sind unter http://www.schweigen-rechtenbach.de/dorf/kirchen.html zu finden. Ich füge den Artikel hier ein:


07. November 2013

Schwere Vorwürfe des Presbyteriums gegen die Kirchenregierung
Eine missionarische Gemeinde kämpft um ihren Pfarrer

Schweigen-Rechtenbach (idea) – Zerstört die Leitung der Evangelischen Kirche der Pfalz eine missionarisch ausgerichtete Gemeinde, indem sie ihr den Pfarrer wegnimmt? Diesen Eindruck hat das Presbyterium (Kirchengemeinderat) in Schweigen-Rechtenbach (Landkreis Südliche Weinstraße). Es wirft der Kirchenregierung in Speyer vor, den (evangelikalen - die Redaktion) Pfarrer Ulrich Hauck nach 13 Jahren erfolgreicher Arbeit kaltzustellen und damit ein blühendes Gemeindeleben zu zerschlagen. Gemäß dem Beschluss der Kirchenregierung muss Hauck die Gemeinde zum Jahresende verlassen. Er hatte sich nach der Fusion des Pfarramtes Schweigen-Rechtenbach mit dem der Nachbargemeinde Dörrenbach-Oberotterbach vergeblich um die neu geschaffene gemeinsame Pfarrstelle beworben. Die 15-köpfige Kirchenleitung entschied sich einstimmig für die (nicht evangelikale - die Redaktion) Pfarrerin von Dörrenbach-Oberotterbach, Margarete Lingenfelder. Hauck muss sich eine andere Stelle suchen, oder er wird mit einer anderen kirchlichen Tätigkeit betraut. Das Vorgehen der Kirchenregierung habe Schweigen-Rechtenbach „regelrecht geschockt“, teilte die Vorsitzende des Presbyteriums, Julia Hauck, der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) mit. Sie ist mit dem Pfarrer weder verwandt noch verschwägert.

Lebendige und bibeltreue Gottesdienste

In Schweigen-Rechtenbach engagieren sich – wie sie sagt – überdurchschnittlich viele der etwa 1.000 Gemeindemitglieder für ihre Kirche. Zum Gottesdienst kämen meist mehr als 100 Besucher. Die Gestaltung sei so lebendig und bibeltreu, dass sich auch Einwohner anderer Dörfer und aus dem benachbarten Elsass der Gemeinde angeschlossen hätten. Es würden Frauenfrühstückstreffen angeboten, die Jugendarbeit floriere, die Evangelisation ProChrist habe zahlreiche kirchenferne Menschen angesprochen. Typisch sei auch, dass Ehrenamtliche rund 3.000 Stunden lang an der Sanierung und Renovierung der Kirche mitgewirkt hätten, die nach fünfjähriger Schließung Mitte Oktober wieder eingeweiht wurde. Dafür habe sie von kirchlicher und politischer Seite viel Lob erhalten. Allerdings sei, so Frau Hauck, der Renovierung eine längere Auseinandersetzung mit der Kirchenleitung vorausgegangen, die das 728.000 Euro teure Projekt nicht genehmigen wollte. Dazu komme, dass Pfarrer Hauck Vorstandsmitglied des „Netzwerks bekennender Christen“ in der Pfalz ist, das sich in der Vergangenheit ablehnend zu landeskirchlichen Beschlüssen äußerte, etwa im Blick auf die gottesdienstliche Segnung homosexueller Paare.

Presbyterium beschließt Protestaktion

Bei einer öffentlichen Sitzung des Presbyteriums am 4. November hätten sich die Ratsmitglieder für den Verbleib ihres Pfarrers ausgesprochen und einstimmig eine Protestaktion beschlossen, so die Vorsitzende des Gremiums. Eine Zusammenarbeit mit der künftigen Pfarrerin sei kategorisch abgelehnt worden, weil sie dem Anforderungsprofil der missionarischen Kirchengemeinde nicht entspreche. Theologisch sei man „meilenweit voneinander entfernt“. Auch menschlich sei die Entscheidung der Kirchenleitung unverständlich. Frau Lingenfelder sei jünger und kinderlos und könne daher leichter eine neue Stelle antreten als der 49-jährige Familienvater Hauck, dessen vier minderjährige Kinder durch einen Umzug ihre Schule und viele Freundschaften verlören. Frau Hauck kündigte juristische Schritte an, falls die Kirchenleitung ihre Haltung nicht ändere.

Kirchenleitung: Vorschriften wurden beachtet

Der Sprecher der Pfälzer Kirchenleitung, Kirchenrat Wolfgang Schumacher (Speyer), wies auf idea-Anfrage die Vorwürfe zurück. Die Kirchenregierung habe sich an die Vorschriften der Kirchenverfassung gehalten und am 25. Oktober eine Entscheidung aufgrund der Kriterien „Prüfungsnoten und dienstliche Würdigung, Dienstalter, Bedürfnisse der Bewerber und Wohl der Kirchengemeinden“ getroffen. Vorausgegangen seien eine umfangreiche Aussprache und Würdigung aller Informationen.

© 2013 idea e.V. – Evangelische Nachrichtenagentur

Traugott

RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#2 von Achim , 19.11.2013 13:45

Lieber Traugott,

erst einmal möchte ich Dich in unseren Reihen herzlichst begrüßen und Dir sodann danken, dass Du uns auf diesen Fall aufmerksam gemacht hast.

Ich schreibe Dir anschließend (hier im Forum, siehe oben) eine "private Mail".

LG

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#3 von Joringel , 19.11.2013 14:50

Lieber Traugott,
Danke für Deine Information. Zumindest ist uns aus einem weiteren Fall bekannt, dass die Zusammenlegung von Gemeinden der KL ermöglichte, einen ihr unliebsamen Pfarrer kaltzustellen. Ein theologischer Disput findet nicht statt. Wie wurde noch zu Luther's und Melanchton's Zeiten leidenschaftlich gestritten! Das wäre es, was ich mir wünschen würde, eine offene Auseinandersetzung über strittige Fragen. Selbst wenn man sich in den Standpunkten nicht annähern kann, könnten beide Parteien gemeinsam an einem Weg zur Lösung der anstehenden Problem arbeiten. Das ist immer besser als wenn etwas von "oben" verfügt wird.


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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#4 von tonnerkiller , 10.01.2014 17:41

Ich verstehe nicht, wo Herrn Hauck kaltgestellt wird. Er bleibt weiterhin Pfarrer der pfälzischen Landeskirche. Bei einer Zusammenlegung zieht halt mal einer den Kürzeren. Und wenn zwei sich auf eine Stelle bewerben, kann nur einer sie bekommen. Ich finde es vielmehr erschreckend, wie krass in der Gemeinde Stimmung gemacht wird gegen die Entscheidung (und implizit damit auch gegen die neue Pfarrerin). Es macht auf mich keinen segensreichen Eindruck.

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#5 von dr.arndt , 10.01.2014 18:22

Lieber Tonnerkiller,

herzlichen Dank für Deinen Beitrag. Herzliches Willkommen in unseren Reihen!

Ich denke und hoffe, dass Du aus unseren Reihen bald auch inhaltliche Reaktionen erhältst.

Eine Frage sei mir gestattet?

Du hast den Nickname Tonnerkiller gewählt. "Killer" beunruhigt mich allerdings ein wenig. Kannst Du vorab etwas zu meiner Beruhigung beitragen? Würde mich sehr freuen!

LG

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#6 von tonnerkiller , 10.01.2014 18:45

Zitat
Kannst Du vorab etwas zu meiner Beruhigung beitragen? Würde mich sehr freuen!


Bei dem Tonner wurde eigentlich nur die Stoßstange verbogen und die Seite ein bißchen verkratzt. An sich hat er überlebt. Der Spitzname kam von jemand anders und hat sich erhalten...

Gottes Segen
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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#7 von dr.arndt , 10.01.2014 20:26

Lieber Tonnerkiller,

erfreulich ist, dass "er" (wer?) "an sich" überlebt hat. Der Spitzname " Tonnerkiller" hat sich erhalten? Nun gut, wenn Du diesen von Dir frei gewählten Spitznamen auch in unserem Forum verwenden möchtest, bleibt Dir das selbstverständlich unbenommen.

LG

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#8 von Alesig ( gelöscht ) , 10.01.2014 20:51

Ja, nach außen sieht alles "in Ordnung" aus. Die Kirchenleitung muss nur Gemeinden fusionieren, angeblich aus Einsparungsgründen, und schon ist ein bei der LK nicht in Ansehen stehender Pfarrer weg. Und kann man so einfach Ortsgemeinden mit eigenem Presbyterien zum Verschwinden bringen? Früher einmal konnten Gemeinden über sich selbst bestimmen. Aber das sind die Konkretionen der "Kirche der Freiheit", wie dieser durch die EKD eingeleitete Reformprozess lautet.
Da es sich im vorliegenden Fall aber um eine in ihrer Ausrichtung so einige und aktive Gemeinde zu handeln scheint, möchte ich auch hier den gemeinsamen Austritt aus der verfassten Kirche vorschlagen. Austreten und sich als "freie Gemeinde" wieder sammeln und dem Verbund der freien Gemeinden in Deutschland anschließen. Was hindert das Presbyterium und die engagierten Gemeindeglieder daran? Anstelle der obligatorischen Kirchensteuer eine freie Selbstbesteuerung, um ihren Pfarrer zu bezahlen, der damit auch Pfarrer der neu konstituierten Gemeinde bleibt. Das wäre ein missionarisches Zeichen und würde vielleicht noch mehr Menschen anziehen. - Ohnehin ist das der Weg in die Zukunft, wenn einmal die verfassten Kirchen gänzlich verödet sein werden.
Alesig

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#9 von tonnerkiller , 11.01.2014 12:22

Wer "er" ist? Na der Tonner.

Zitat
Ja, nach außen sieht alles "in Ordnung" aus. Die Kirchenleitung muss nur Gemeinden fusionieren, angeblich aus Einsparungsgründen, und schon ist ein bei der LK nicht in Ansehen stehender Pfarrer weg.


1. Der Pfarrer ist nicht weg. Er bleibt Pfarrer. Nur kommt er eben in eine andere Gemeinde.
2. Schweigen-Rechtenbach und Dörrenbach-Oberotterbach sind nicht die einizgen Gemeinden, die fusioniert werden. Schweigen-Rechtenbach hat (trotz der Arbeit von Pfarrer Hauck) nur etwas über 1000 Gemeindeglieder. Die Quote liegt wenn ich mich nicht irre etwa bei 1800-2000 Gemeindegliedern pro Pfarrer. Das ist immer noch gut im deutschlandweiten Vergleich. Trotzdem sollte es einsichtig sein, daß man nicht einem Pfarrer weniger Gemeindeglieder (und damt Arbeit) gibt, nur weil er Ulrich Hauck heißt. Einen Pfarrer für nur 1000 Gemeindeglieder ist ein Luxus, den man abstellen wollte. Daher die Fusion, dann die Neuausschreibung der Stelle. Daß bei zwei Bewerbern auf eine Stelle einer den kürzeren zieht, ist nicht ungewöhnlich, sondern ein Gebot der Logik.

Zitat
Und kann man so einfach Ortsgemeinden mit eigenem Presbyterien zum Verschwinden bringen?


Ja, kann man. Aber es gibt dann ja wieder ein neues Presbyterium, das von den gleichen Menschen gewählt werden wird. Wo ist das Problem? Wer soll über Fusionen entscheiden? Die Gemeinden selbst? Dann fusioniert niemand, und wenn man auch nur noch zu Zehnt ist. Und man wird weiterhin auf nem eigenen Pfarrer bestehen. Und die Landeskirche (also die Mitchristen, die vielleicht auch gern nen eigenen Pfarrer hätten) soll das dann zahlen oder wie?

Zitat
Aber das sind die Konkretionen der "Kirche der Freiheit", wie dieser durch die EKD eingeleitete Reformprozess lautet.


Das hat damit nix zu tun. Es wäre ja gerade im Sinne der "Kirche der Freiheit" gewesen, in Schweigen-Rechtenbach eine evangelikale Schwerpunktbildung zu verorten. Aber aufm Land geht das mit den Schwerpunktgemeinden halt schwer, weil man nicht so leicht in die Nachbargemeinde kommt. Das sind dann ein paar Kilometer, und die sind nicht so leicht per Bus zu überbrücken, wie in der Stadt.

Zitat
Da es sich im vorliegenden Fall aber um eine in ihrer Ausrichtung so einige und aktive Gemeinde zu handeln scheint, möchte ich auch hier den gemeinsamen Austritt aus der verfassten Kirche vorschlagen.


Das wurde im letzten Amtsblatt ja durch die Blumen angedroht. Falls das Gerichtsverfahren nicht das gewünschte Ergebnis bringt, wird man sich "geeignete Schritte" (ich glaube das war die Formulierung) überlegen. Heißt doch nix anderes als: Uns ist es egal, ob die Entscheidung für die andere Bewerberin vielleicht wirklich begründet war, wir bleiben stur. Aber gut, austreten ist jedermanns Recht. Umziehen wird Hauck dann trotzdem müssen, weil das Pfarrhaus eben der Kirchengemeinde gehört und nicht ihm selbst.
Alternativ könnte man ja auch einfach in die Stadtmission in Bad Bergzabern gehen, die ja auch nicht ganz so unaktiv ist und von der Ausrichtung her nach eminem Eindruck in eine ähnliche Richtung geht. Aber dann wäre man ja auch wieder ohne den Pfarrer, der eine neue Gemeinde bekäme, was offensichtlich verhindert werden soll...

Zitat
Ohnehin ist das der Weg in die Zukunft, wenn einmal die verfassten Kirchen gänzlich verödet sein werden.


Klar, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht werden wir dahin kommen, wovon unser Herr gesprochen hat: Damit alle eins werden...

Mal andersrum gefragt: Wenn die Gemeinde so aktiv ist, wo ist das Problem, wenn ein anderer Pfarrer kommt? Immerhin bestimmt das Presbyterium den Kurs. Die können auch weiterhin so aktiv bleiben, das kann keine neue Pfarrerin verhindern. Und das ganze auch innerhalb der Landeskirche, wer wollte das Presbyterium und die Gemeinde daran hindern? Hängt alles am Pfarrer? Das ist doch eine geradezu unevangelische Einstellung, oder nicht? Sicher läßt niemand gerne einen beliebten Pfarrer gehen. Diesmal hatten die Dörrenbachen halt Glück, daß ihre Pfarrerin sich durchgesetzt hat. Wie gesagt, bei zwei Bewerbern auf eine Stelle zieht einer den kürzeren, das ist kein Skandal, das ist nur normal.

Ginge es darum, Pfarrer Ulrich Hauck loszuwerden, würde die Landeskirche ihn doch nicht in eine neue landeskirchliche Gemeinde versetzen. Dann würde man nach Gründen suchen, das Dienstverhältnis zu beenden. Davon hört man aber nichts. Nur davon, daß ein Kirchenbeamter entsprechend den Kirchengesetzen ordentlich die Gemeinde wechseln soll. Und darum gibt es jetzt so ein großes Bohei, und ich frage mich immer mehr: Wieso?

Gottes Segen
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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#10 von turmfalke , 11.01.2014 13:01

Hallo Leute!

Die Geschichte der Gemeinde Schweigen-Rechtenbach und ihres Pfarrers Hauck ist in der Tat ein Aufreger. Und wir sind dabei, sie kontrovers zu diskutieren.

Erst wollte ich mich beteiligen. Nun aber doch:

Die von Mobbing in der Kirche betroffenen Leute, die sich bei David engagieren, sind sicherlich sehr unterschiedlich. Es gibt Lutheraner, Calvinisten, Evangelikale, Befreiungstheologen, ganz fromme oder ganz kritisch-aufgeklärte Theologen. Wenn wir unsere theologischen Grundüberzeugungen miteinander hier im Forum diskutieren wollten, dann würden wir bald merken, wie groß die Unterschiede sind.

Ich empfehle deshalb, dass wir uns hier im Forum auf die Kernkompetenz von David konzentrieren. Es geht um Mobbing in der Kirche. Es geht es um zerstörerische Strukturen in der Kommunikation und im Umgang mit Gemeinden und mit Pfarrern, Pfarrerinnen und Mitarbeitern der Kirche. Es sind überall die gleichen Strukturen, auch wenn die einzelnen Fälle gegenläufig gelagert sind.

Im einen Fall wird ein evangelikaler Pastor gemobbt von einer Kirchenleitung, die an einem unauffälligen Mainstream interessiert ist; an anderer Stelle ist es ein origineller Querdenker der seine Kollegen unheimlich ist; an dritter Stelle ein Lutheraner, der in einer volkskirchlichen Gemeinde Probleme mit einem baptistisch denkender Vorstand hat; an vierter Stelle geht es um ein gesellschaftspolitisches Engagement des Pfarrers, das nicht alle in der Gemeinde mittragen wollen.

Die Themen sind verschieden, die Methoden sind immer wieder die Gleichen.

Voraussetzung dafür, dass Mobbing stattfinden kann, ist, dass sich mehrere Parteien zusammentun gegen einen, der sich nicht wehren kann, weil die Gesetzeslage es zulässt.

In Schweigen-Rechtenbach sind es die Rahmenrichtlinien der Stellenplanung. Und wenn der zuständige Vertreter der Kirche behauptet, dass alle Vorschriften eingehalten worden sind, dann hat er vermutlich formal Recht und wird im Zweifelsfalle auch bei Gericht Recht bekommen. Dass dahinter Mobbing gegen einen Andersdenkenden steht, muss er nicht zugeben.

In vielen anderen Fällen von Mobbing gegen Pastoren ist es der Gedeihlichkeitsparagraf nach dem neuen PfDG § 79 und 80, der das Mobbing ermöglicht.

Da sind es dann meistens ein Kirchenvorstand, ein Superintendent (Probst, Dekan) und eine Kirchenleitung, die sich zusammentun, um einen unliebsamen Pfarrer gemeinsam raus zu mobben.

Wir leben in einem Land mit vielen verschiedenen Farben. Da wird auch das Reich Gottes vielgestaltig sein. Es gibt seit langem eine sehr starke und lebensfähige Landschaft von Freikirchen, in denen der christliche Glaube auf eine intensive Weise gelebt wird, die so unter den Rahmenbedingungen der Volkskirche nur schwer möglich ist.

Ich habe in vielen Jahren immer wieder miterleben müssen, dass missionarische Aufbrüche innerhalb einer auf Dienstleistung ausgerichteten volkskirchlichen Landschaft zu Konflikten geführt haben:

Wenn eine Gruppe vorankommt - hin zu einem intensiver gelebten christlichen Glauben, dann ärgern sich die Anderen darüber, die diesen Weg nicht mitgehen können oder mitgehen wollen. Möglich ist aber auch, dass die Gruppe, die vorgeprescht ist, die volkskirchliche Mehrheit indirekt ausgrenzt, in dem sie von ihr unsensibel einfordert, sich der neuen Bewegung anzuschließen. Dann ist die Reaktion vorprogrammiert.

Vermutlich sind Erneuerungsbewegungen innerhalb der Volkskirche deshalb schon aus strukturellen Gründen kaum möglich.

Deshalb stimme ich Alesig zu: Die betroffene Gemeinde sollte sich einen eigenen Weg suchen, um zu überleben unabhängig von der Landeskirche. Das ist auf dem Dorf oder in der Kleinstadt allerdings gar nicht so einfach, weil auch die sozialen Strukturen bremsen. Es werden nicht alle den Auszug aus der Landeskirche mitgehen können, weil er anstrengender und vor allem, weil er teurer ist.

Und auch für den betroffenen Pfarrer Hauck wäre das finanziell ein sehr schwieriger Weg. Als Pastor einer Landeskirche mit 49 Jahren ist er darauf angewiesen, seinen Pensionsanspruch inklusive Krankenversicherung (Beihilfe zu den Kosten im Krankheitsfall für die ganze Familie) zu sichern. Das kann man nicht einfach so aufgeben, wenn man die Mitte des Lebens überschritten hat. Anders wäre es bei einem ganz jungen Theologen, der von Anfang an auf den Beamtenstatus verzichtet, sich gleich bei einer Freikirche anstellen lässt und sich dann selbst versichert.

Es wäre Pf. Hauck zu wünschen, dass er einen gangbaren Weg für sich und seine Familie findet. Und es ist von der Landeskirche in der Pfalz dringend zu erwarten, dass sie hier im Einzelfall auch eine persönlich zugeschnittene Lösung anbietet. Aber dazu ist es notwendig, dass man das Gespräch miteinander nicht abreißen lässt.

Euer Turmfalke

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#11 von turmfalke , 13.01.2014 11:06

Lieber Tonner! Liebe andere intressierte Leser und Leserinnen!

Mein Beitrag am verg. Samstag um 13.01 Uhr war keine Antwort auf deinen Beitrag am gleichen Tag von 12.22 Uhr. Ich hatte meinen Text in Word schon fertig geschrieben, als ich deinen las. Das hat man sicherlich gemerkt.

Ich möchte mich auch nicht beteiligen an einer Diskussion darüber, wer in dem Konflikt bei euch in der Pfalz Recht hat. Dazu habe ich nicht die nötigen Kenntnisse der Lage vor Ort. Auch hat ja die Gegenseite hier bisher keinen Beitrag geschrieben. Ein Forum wie dieses kommt da sicherlich an seine Grenzen.

Es ging mir nur darum aufzuzeigen, dass Unterschiede in der Theologie und im grundlegenden Verständnis des christlichen Glaubens innerhalb des „Reiches Gottes“ unvermeidlich sind. Ich verwende bewusst dieses hohe Wort, weil ich glaube, dass Gott ein viel weiteres Herz hat, als wir kleinen Menschen uns das manchmal vorstellen können.

Ich träume davon, dass es einer Kirchenleitung einmal gelingt, mit bischöflicher Weisheit in einer Situation wie jetzt in der Pfalz zu vermitteln, so dass Raum für beide Seiten entsteht.

Was wir erleben, sind aber Verwaltungsentscheidungen, die streng nach Norm und angeblich zwingenden Erfordernissen entschieden werden. Dazu gehört offensichtlich ein Grundsatz, dass bei der Stellenplanung so wie mit dem Rasenmäher streng nach Zahlengerechtigkeit zu entscheiden ist und nicht auch das tatsächlich vorhandene kirchliche Leben berücksichtigt wird. Ebenso scheint es nach meiner Beobachtung eine Tendenz zu geben, dass in Fällen wie bei euch in der Pfalz bei den anstehenden Personalentscheidungen die stromlinienförmigere Person bevorzugt wird und die originelle Person ausgebootet wird. Das tut unser Kirche nicht gut.

Viele Grüße!

Dein Turmfalke

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#12 von Josefchen , 21.01.2014 15:31

Mobbing oder Mobben steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln.“[1] Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen,[2] beispielsweise Mobbing in der Schule, am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim, im Gefängnis[3] und im Internet (Cyber-Mobbing). Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit.

So weit mal eine Definition von dem, was hier in den Raum gestellt wird. Ein Pfarrer, der keine Pfarrerin auf seiner Kanzel duldet - nach einem Zeitungsbericht ist das in Schweigen-Rechtenbach der Fall -, erfüllt wohl auch die Kriterien des Mobbings, sollte man meinen.
Vielleicht sollte man sich um Information bemühen, statt einfach irgendwelche Meinungsäußerungen nachzubeten. Homophobe, die homosexuelle Menschen als krank darstellen, mobben.
Menschen, die meinen, Frauen seien von Gott als Handlanger von Männern erschaffen und gewollt, mobben. Evangelikale, die anderen Glaubensrichtungen das Christsein absprechen, mobben.
Einer, der Toleranz für sich fordert, sollte sich durch Toleranz gegenüber Anderen auszeichnen. Da sehe ich bei den "Evangelikalen" auf weitem Feld nichts, aber auch gar nichts. Das mal hingeworfen, um die Diskussion mal klarer zu kriegen.
Auch Christen sollten Artikel 3 des Grundgesetzes achten
Art 3 (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
-

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#13 von dr.arndt , 21.01.2014 17:52

Lieber Josef, bzw. liebes Josefchen,

zunächst möchte ich Dich bei uns Herzlich Willkommen heißen. Wir freuen uns, dass Du zu uns gefunden hast und Dich an der Diskussion aktiv beteiligst.

Ich denke, dass alle, die sich ernsthaft mit dem Thema Mobbing befassen, Deiner Definition des Mobbings sofort zustimmen. Du schreibst:

" Ein Pfarrer, der keine Pfarrerin auf seiner Kanzel duldet - nach einem Zeitungsbericht ist das in Schweigen-Rechtenbach der Fall -, erfüllt wohl auch die Kriterien des Mobbings, sollte man meinen."

Wenn es so ist, dass ein Pfarrer eine Pfarrerin "auf seiner (?) Kanzel " nur wegen ihres Geschlechts nicht duldet, bin ich sofort bei Dir. Dann wäre der Mobbingvorwurf sicher naheliegend. Weder kenne ich allerdings den von Dir erwähnten Zeitungsbericht, noch die Verhältnisse in Schweigen-Rechtenbach. Willst Du uns vielleicht weitere Einzelheiten berichten? Wenn eine Pfarrerin in Schweigen-Rechtenbach nur aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt wurde, sollten wir uns diesen Fall wirklich genauer anschauen.

Liebe Grüße

Achim


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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#14 von Josefchen , 21.01.2014 23:40

Kreis Südliche Weinstraße
Thema: Pfarrer-Abschied
„Sympathisanten
gesammelt“Zur Versetzung von Pfarrer Ulrich Hauck und den anschließenden Reaktionen, unter anderem gab es eine Mahnwache.Es ist genug! Die einseitige Meinung, die gesamte protestantische Kirchengemeinde Schweigen-Rechtenbach stünde hinter den Aktionen und dem derzeitigen Presbyterium kann so nicht unbeantwortet bleiben. Es kann doch nicht sein, dass eine komplette Kirchengemeinde in einem schleichenden Prozess über Jahre in eine einseitige Richtung „zwangsmissioniert“ wird und keine Entscheidungsfreiheit hat, ob sie das möchte oder nicht?Pfarrer Ulrich Hauck hat die Kirchengemeinde über seine „Veränderungsabsicht“ nie aufgeklärt, nie seine Einstellung erläutert, das musste man selbst herausfinden, damit leben. Er sammelte nur die Sympathisanten seiner evangelikalen Vorstellungen und Absichten um sich, die anderen haben resigniert, sich umpfarren lassen (...).

Sicher möchte darum auch nicht die gesamte protestantische Kirchengemeinde, dass Pfarrer Hauck bleibt. Nur traut sich das niemand offen auszusprechen, weil der Einfluss von Herrn Hauck und seinen Gefolgsleuten sehr groß ist und in dem kleinen Ort, wo jeder jeden kennt, keiner möchte, dass mit den Fingern auf einem gezeigt wird.

Die Kirchengemeinde Schweigen-Rechtenbach hätte die Chance gehabt, sich selbst ein Urteil zu bilden, hätte sich Pfarrer Ulrich Hauck kollegial – wie die anderen protestantischen Nachbargemeinden – am Kanzeltausch beteiligt und nicht die „Frauen auf seinen Kanzeln“ abgelehnt.

Ich möchte nunmehr für die vielen Gemeindeglieder meine Stimme erheben, die sich nicht an diesen absurden Diskussionen und Aktionen mit beteiligen wollen. Ich selbst gehörte dem Presbyterium Schweigen-Rechtenbach an, habe aber nach kurzer Zeit meiner Verantwortlichkeit unter Pfarrer Hauck diese Funktion niedergelegt, da ich der festen Überzeugung war und bin, dass ich diese Art von Kirche, die Pfarrer Hauck beabsichtigte, nicht vertreten kann.

Deshalb sehe ich im Wechsel der Pfarrstellen-Besetzung eine große Chance für die protestantische Kirchengemeinde Schweigen-Rechtenbach, dass mit Pfarrerin Lingenfelder eine christliche Gemeindearbeit endlich beginnen kann.

Friedrich Becker, Schw.-Rechtenbach Ein Leserbrief aus der Rheinpfalz vom 28.12.2013, der ziemlich genau umschreibt, worum es hier geht. Zusätzlich empfehle ich einfach nachzufragen, wie es der Pfarrer dort hält mit Frauen auf der Kanzel. Ich denke, wer wird aus seiner Einstellung keinen Hehl machen

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RE: Eine Gemeinde wird gemobbt

#15 von dr.arndt , 22.01.2014 17:44

Lieber Josef, - ich darf Dich so ansprechen - ?,

zunächst herzlichen Dank, dass Du Dich auch nächtens mit dem Thema beschäftigst (23.40 Uhr!). Ist schon bemerkenswert und zeigt mir, wie wichtig Dir das Thema ist. Ist mir auch nachvollziehbar, nachdem Du Dich auch als früherer Presbyter der Gemeinde "geoutet" hast, wie man es wohl neudeutsch nennt.

Lieber Josef,

herzlichen und aufrichtigen Dank, dass Du uns Deine Sicht der Dinge so engagiert schilderst. Wo Wahrheit und Lösung liegen, weiß ich natürlich auch nicht, - wohl niemand.

Dir möchte ich meinen persönlichen Respekt schon deshalb aussprechen, weil Du Dich in von Dir wahrscheinlich vermutetes "Feindesland" begeben hast. Du bist hier allerdings nicht in "Feindesland". Du bist hier unter Christen, die sich für Gerechtigkeit engagieren. Jede Meinung, also auch Deine, ist uns wichtig. Über das, was gerecht ist, kann man streiten.

Können wir hier tun. Du bist herzlichst eingeladen!

Und dann noch:

Wir haben gerade einen virtuellen Stammtisch eingerichtet, der jeweils donnerstags tagt. Einzelheiten findest Du hier im Forum unter "Stammtisch". Würde mich sehr freuen, Dich dort morgen begrüßen zu können.

LG

Achim


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