Lieber et iustus!
Deine anrührende Geschichte glauben wir. Dennoch können wir natürlich von außen die Situation nicht wirklich beurteilen, weil wir die beteiligten Menschen nicht persönlich kennen.
Lass mich dir antworten als jemand der viele Jahre selber Gemeindepastor war und dabei eine Reihe von Konflikten erlebt und erlitten hat.
Eine Pfarramtssekretärin hat eine sehr wichtige Funktion und Position in der Kirchengemeinde. Ein Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Pastor ist für einen konstruktiven Gemeindeaufbau unerlässlich.
Dabei stimmt es natürlich, dass der Pastor ihr Chef ist. Aber das beschreibt die Situation nicht alleine. Anstellungsträger ist die Kirche - sprich die Kirchengemeinde, vertreten durch den Kirchenvorstand. Der Pastor ist zwar geborenes Mitglied im Kirchenvorstand, aber der Vorstand kann ihn überstimmen.
Auch gilt natürlich bei einem offiziellen, kirchlichen Anstellungsverhältnis die Tarifbindung. Sie kann sich selbstverständlich beraten und schützen lassen durch die Mitarbeitervertretung. Und es gibt vermutlich einen Verband der Pfarramtssekretärinnen im Kirchenkreis oder in einem größeren Verbund. Dort sollte es eine gewählte Sprecherin geben, mit der deine Lebensgefährtin ihre Situation von Frau zu Frau durchsprechen kann.
Die Position der Pfarramtssekretärin ist so wichtig, wie sie auch schwierig ist. Meistens sind die Arbeitsstunden, die ihr laut Dienstvertrag zur Verfügung sind, sehr begrenzt. Dabei muss sie klar umrissene Aufgaben erfüllen - meistens unter Termindruck: Am Freitagmittag müssen eben die Ankündigungen geschrieben sein. Und am Abend vor der Konfirmation müssen die Konfirmationsscheine fertig sein. Dazu kommt die ganz wichtige Funktion, dass die Pfarramtssekretärin das freundliche Gesicht der Gemeinde dem Kirchenvolk gegenüber darstellen muss. Sie hat es immer mit Laufkundschaft zu tun, mit Menschen, die vielleicht lieber zu ihr kommen als zum Pfarrer, weil die Sekretärin zugänglicher ist.
Dabei ist es schwierig, das rechte Maß für Gespräche zu wahren. Die Dienststunden sind begrenzt. Die organisatorischen Aufgaben müssen fertig werden und dennoch haben Menschen Gesprächsbedarf. Wir haben es hier mit dem berühmten "Fass ohne Boden" zu tun. Die Pfarramtssekretärin muss also die Kulturtechnik beherrschen, freundlich zu sein und dabei gleichzeitig darauf zu achten, dass ihr die Zeit nicht wegläuft. Nicht automatisch werden Überstunden bezahlt, wenn die Sekretärin sich über das Maß ihres Dienstauftrages hinaus um Menschen kümmert - und sei es im Kirchenbüro. Es steht meistens nur wenig Geld zur Verfügung, um Überstunden zu bezahlen. Die Grenze zwischen dienstlich und ehrenamtlich ist immer fließend. Man kommt an dieser Stelle mit der Einschätzung der Situation nur klar, wenn zwischen den beteiligten Verantwortlichen ein Vertrauensverhältnis besteht.
Eine Pfarramtssekretärin ist aber nicht schutzlos. Ich habe auch schon die Situation erlebt, dass die Sekretärin einen neu angekommenen Pastor nach wenigen Jahren zu Fall brachte, weil sie im Dorf längerfristig verwurzelt war. Soweit muss es bei euch natürlich nicht kommen.
Was soll ich dir raten und deiner Lebensgefährtin?
Zunächst einmal muss sie sich natürlich selber so objektiv wie möglich fragen, ob sie sich irgendetwas zuschulden kommen lassen hat und ob sie ihre Arbeit im Beruf in irgendeiner Weise verändern oder verbessern sollte. Das ist immer die Voraussetzung, um dann mit geradem Rücken die eigenen Rechte zu verteidigen.
Vielleicht hat deine Lebensgefährtin eine Vertrauensperson im Kirchenvorstand, die sie versteht und die die Situation mit ihr zusammen einschätzen kann. Ein nächster Schritt könnte dann sein, den Pastor zu dritt anzusprechen. Dabei kann man dann sehr deutlich machen, dass man auch den Kirchenvorstand als Ganzes über die Situation informieren kann. Der könnte die Angelegenheit schließlich weiterleiten an den Superintendenten ( Probst, Dekan).
Ich würde mir wünschen, dass ihr so eine Verbesserung der Arbeitssituation erreichen könnt, ohne dass es dabei zu einer unsäglichen Eskalation kommt. Die führt in der Regel nur dazu, dass einer der Beteiligten die Stelle räumen muss.
Du hast aber Recht: Nicht jeder Psychoterror ist automatisch Mobbing. Mobbing laut Definition ist erst dann gegeben, wenn jemand gezielt und systematisch Psychoterror eingesetzt, um das Gegenüber zu beschädigen und vielleicht aus der Position zu vertreiben. So weit ist es ja vielleicht bei euch denn doch noch nicht.
Schreib doch mal etwas mehr über eure Situation.
Schöne Grüße! Turmfalke