Mich beeindruckt sehr, dass es hier gelungen ist, einen unguten Prozess umzukehren. Das geschieht wirklich äußerst selten, weil es so etwas wie einen kirchenamtlichen "Populismus" gibt, der wie eine Gebetsmühle immer wieder wiederholt: "Einen Pfarrer können wir versetzen, aber eine Gemeinde nicht." Das bedeutet im Klartext, die Amtskirche kooperiert mit Menschen, die meistens als Kirchenvorstände aktiv sind, sich aber einen Pfarrer oder eine Pfarrerin wünschen, den/die sie am Nasenring herumführen können. Sind die Betroffenen souveräne Persönlichkeiten, verbietet es ihre Selbstachtung, sich auf dieses Spiel einzulassen. Das wiederum steigert vermutlich wieder das Dompteurverhalten der Wortführer. Was die Pfarrer auch tun oder schon geleistet haben - kein Vorwurf ist zu unbedacht, zu falsch oder kleinlich genug als dass sie nicht gesammelt würden. Die Amtskirche nennt so etwas vornehm "Erhebungen" und die Summe aller dieser Idiotien wird dann als "Konflikt" verkauft und der angeblich "umstrittene" Bescholtene muss wie eingeprügelter Hund das Feld verlassen und darf froh und dankbar sein, wenn er noch einmal eine Wirkungsstätte findet.
Nun höre ich schon in meinem Ohr "Vermutlich, vermutlich, vermutlich", Joringel, das sind doch alles nur Deine Vermutungen! Nein, auch handfeste Erfahrungen. 2017 haben wir den 500. Jahrestag der Reformation begangen. Aber gibt es "Erhebungen" oder Forschungen, welche Typen von Gemeinden es gibt, wie das innere Zusammenwirken in den Gremien funktioniert, wie sich die Gemeinde in der Moderne verändert, ob und wie Frauen eingebunden sind, welche Modelle der Einbindung von jungen Menschen gibt es und vieles mehr? Denkbar wären auch Umfragen in den Gemeinden, wo vorurteilsfrei gefragt wird, wie sehen Sie die Jugendarbeit, die Seniorenbetreuung etc.? Wie würden Sie einen Gottesdienst gestalten wollen? Dann könnte man auch Konflikte frühzeitig erkennen, gegensätzliche Positionen beim Namen nennen und über Abhilfe nachdenken. Auf jeden Fall käme man damit näher an die jeweilige gemeindliche Realität. Bei vielen herrscht der Eindruck vor, die Kirchenleitung, das sind die da ganz oben, was sie eigentlich machen, weiß keiner, aber die Titel klingen super, Superintendent zum Beispiel, (ist schon mal eine Gemeinde eingeladen worden so wie jährlich Tausende Menschen in den Bundestag eingeladen werden?) Zwischen Kirchen und Gemeinden tut sich eine große Kluft auf, wir könnten sie auch Graben nennen.
Die Kirchengemeinde Bad Fallingbostel hat allen einen Umkehrprozess vorgemacht, wenn es auch mühsam war und Leid nicht verhindert werden konnte. Aber die Richtung stimmt und ich sage "Danke!" , weil es auch denjenigen Mut macht, die gerade in diesem Schlammassel stecken und eine Umkehr der Einstellung auch bei den Kirchenleitungen hoffen.
Joringel