Liebe Freunde,
vielleicht noch folgender Hinweis zu Matzes vorangegangenem Beitrag, insbesondere zu dem Link der Predigt:
Ich hatte zunächst Schwierigkeiten, diese zu öffnen. Bis ich merkte, dass ich unten auf Speichern und sodann auf Öffnen drücken musste. Vielleicht hilft das einigen von uns. Nun hatte mir Matze den Predigttext auch per Email übermittelt, den ich aus der Email kopiert habe und Euch nachfolgend vorsorglich noch einmal zur Kenntnis bringe:
Lukas 9,62Seite 1 von 7
Predigt Okuli 19.03.2017
in Bad Fallingbostel
Text: Lukas 9,62
Pastor: Peter Gundlack
„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück,
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes..“
Liebe Gemeinde,
das war schon großes Theater, was Sie Ihrem neuen Pastor hier geboten haben. Und mir ist auch gleich eine Rolle zugedacht worden. Danke, dass ich mitspielen durfte. Mittendrin sein macht mehr Spaß als nur zuzugucken.
Oder war das Ganze nur Kindergarten, wie ein Gemeinde-mitglied verärgert feststellte und so seinem Abgang einen würdigen Rahmen gab?
Ich weiß es nicht und will es auch gar nicht beurteilen.
Ich habe aber den leisen Verdacht, dass, wenn ich diese Gemeindeversammlung erlebt hätte, bevor meine Entscheidung gefallen ist, nach Fallingbostel zu kommen, meine Familie und ich hier wohl nicht gelandet wären.
So ist es gut, dass unsere Entscheidung vorher gefallen ist, dass unsere Möbel aufgestellt und die meisten Kartons längst ausgeräumt sind.
Aber ich bin an meiner alten Stelle ja noch gar nicht richtig verabschiedet …
Nein! Jetzt nur nicht weiterdenken.
Wir sind hier liebevoll aufgenommen worden.
Wir haben bereits viele Menschen kennen gelernt.
Wir haben Einblick gewonnen in mancherlei Perspektiven, wie Menschen hier den Streit in der Gemeinde erlebt haben.
Wer mit mir sprechen wollte, dem habe ich zugehört
und wer noch mit mir sprechen will, dem werde ich auch weiterhin zuhören.
Dennoch weiß ich, dass ich nie a l l e Perspektiven wahrnehmen werde. Ich werde auch nicht versuchen, sie alle einzusortieren, zu beurteilen, zu bewerten.
Eine ganz besondere Gabe, die Gott uns als Seelsorgern mitgegeben hat, ist die des Vergessens.
• Ich würde kaum mit meinem Leben fertig werden, wenn ich all das, was ich als junger Mensch in der Gefängnisseel-sorge gehört habe, mit mir rumschleppen müsste.
• Wenn ich immer an die jungen Eltern denken würde, die ihr Kind schon im ersten Lebensjahr verloren haben;
• wenn ich immer noch jeden Tag daran denken müsste, wie Eltern um ihren 5-jährigen Sohn kämpfen, der mit einem Hirntumor erst leben und dann sterben musste.
• Wenn ich an – ja, wie heißt er denn noch – denken müsste, der ein genialer Kopf war, in seinen depressiven Phasen immer wieder daran dachte, sich das Leben zu nehmen
und dann abends in seine Stammkneipe ging, mit seinen Kumpels noch ein Bier trank und sich schließlich - mit gut durchdachter Technik - vergaste. Er hatte genau organisiert, wer ihn am nächsten Morgen finden sollte..
Ich danke Gott für die Gabe des Vergessens.
• Wenn ich dann noch daran denke, was wir an unseren Kindern falsch gemacht haben, wie wir sie verletzt haben, ohne es zu wollen, was sie und dann auch wir durchlitten haben,
danke, Gott, dass uns diese Gedanken nicht täglich einholen,
dass wir unsere Kinder loslassen können,
dass wir uns selbst vergeben können,
dass du uns sehen lässt, wie unsere Kinder auf einen guten Weg gekommen sind. Danke, dass wir neu anfangen können.
Und das ist nicht einfach so daher gesagt.
Hinter diesen Worten steckt
• Schmerz,
• stecken Tränen,
• Vorwürfe,
• Verzweiflung,
• und dann aber auch Leben
• und Liebe
LOSLASSEN – VERGEBEN – NEU ANFANGEN
„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“
Liebe Gemeinde, das Zeugnis, dass ich dieser Gemeinde zur Zeit ausstellen muss, im Angesicht dieser Aussage Jesu für diesen Sonntag, ist, dass diese Gemeinde nicht für das Reich Gottes geschickt ist.
Jesus kommt vorbei und wir nehmen ihn nicht wahr.
Wir kommen nicht einmal dazu ihm zu sagen:
„Herr, ich will dir nachfolgen!“, weil wir ihn einfach nicht wahrnehmen.
Jesus zieht unbemerkt an dieser Gemeinde vorbei.
Sie hat zu viel mit sich selbst zu schaffen.
Kein Frieden. Jeder sucht die Schuld beim Anderen. Anfeindungen. Jesus zieht vorbei und wir merken es nicht.
Die gute Nachricht ist: Wir sind Jesus nicht gleichgültig.
Jesus zieht heute an uns vorbei, aber nicht ohne für uns beim Vater zu beten.
Er sieht uns an, er weiß um unsere Sehnsucht, unsere Ängste, unseren Unfrieden, unsere Hoffnung, unser Herz.
Er weiß genau – wie komplex die Sache auch sein mag –
er weiß genau, was im Argen liegt. Und er schickt uns Hilfe.
Auch wenn ihn keiner wahrnimmt. Jesus sendet uns Hilfe. Ich spüre, wie seine Engel hier am Wirken sind.
„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück“. Genau das passiert hier zur Zeit. Und genau das hat jetzt seine Zeit. Wir pflügen weiter und sehen dabei zurück. So ist es nur zu selbstverständlich, dass die Furchen die jetzt durch fruchtbares Land gezogen werden, schief und krumm werden. Und dabei mag mancher Liebeserweis auf der Strecke bleiben. Dafür bitte ich jetzt schon um Verzeihung. Und ganz konkret bitte ich da die Familien Meier im Zusammenhang mit den beiden Beerdigungen um Verzeihung. Und gleichzeitig danke ich Gott und auch Pastor Fischer, dass er einen guten (Um)Weg gefunden hat.
Alles hat seine Zeit. Auch Zurückschauen hat seine Zeit.
Wir müssen uns bewusst sein, solange wir zurückschauen und wir weiter pflügen, werden die Furchen krumm und schief.
Gemeindeglieder, die das nicht aushalten, werden uns verlassen – wenn’s gut geht, wechseln sie nur die Gemeinde; wenn’s schlecht geht, treten sie aus der Kirche aus.
Wer es aber aushält, der vertraut auf die Akteure oder dem ist die Gemeinde gleichgültig oder er vertraut auf Gott und betet. Ich möchte euch um das Letztere bitten, betet für eure Gemeinde, dass die Zeit kommen mag, dass wir Jesu Klopfen an unseren Türen wieder hören, dass er nicht unbemerkt an uns vorüberzieht.
Zurückschauen, um loslassen zu können.
Es ist wie bei einem Umzug.
Das neue Haus hat
• keinen Dachboden,
• keine Kellerräume,
• keinen Platz um alte Dinge zu verstauen,
• die Wohnfläche halbiert sich.
Da wird alles noch einmal angefasst.
• Was kommt mit?
• Was bleibt zurück?
• Was ist es wert, den wenigen Platz, den man noch hat auszufüllen?
Loslassen können! Und da sind nicht nur die Gegenstände, da sind auch die Menschen, von denen man sich verabschieden muss.
Nun – wir sehen uns nie zum letzten Mal.
Aber die Entfernung, die zwischen uns liegt, wird doch größer. Wir sehen uns auf jeden Fall seltener, der Aufwand wird größer, sich wiederzusehen, die Treffen aber vielleicht auch intensiver.
Und trotzdem – loslassen, frei zu werden, um Neues anfangen zu können. Wir lassen auch unsere Geschichte hinter uns. Sind wir bereit dazu?
Können wir aus den Händen geben, abgeben, vergeben?
Nur wer leere Hände hat, kann seine Hände öffnen, kann sich öffnen, um offen zu werden für Neues.
LOSLASSEN – VERGEBEN – NEU ANFANGEN
Noch halten wir fest.
Noch sind unsere Hände zu Fäusten geballt.
Ich bin guter Hoffnung, dass sich diese Verkrampfung nun langsam lösen lässt.
Gehen wir aufeinander zu.
Hören wir einander zu.
Nehmen wir unsere Verletzungen aneinander wahr.
Verarzten wir uns gegenseitig.
Vielleicht können wir dann langsam
LOSLASSEN – EINANDER VERGEBEN – NEU ANFANGEN
Von mehreren Seiten höre ich die Sehnsucht nach einem Versöhnungsgottesdienst.
Auch ich träume davon.
Und es macht mir Mut, aus den unterschiedlichsten Richtungen von diesem Traum zu hören.
Ich hoffe, dass die Zeit für diesen Gottesdienst kommt.
Ich bin überzeugt, Gott wird mitarbeiten..
Ich träume von einer vollen Kirche, in der die Menschen sich in die Augen schauen, einander die Hände reichen, sich vergeben, sich in den Arm nehmen und gemeinsam singen: „Wie ein Fest nach langer Trauer … So ist Versöhnung“
und dass wir dann das Abendmahl miteinander feiern.
Und dann werden wir über das
LOSLASSEN und VERGEBEN zum NEUANFANG kommen. Und alle, die die Gemeinde und die Kirche verlassen haben, kommen zu einem Visionstag mit uns zusammen
und wir entwickeln gemeinsam, wie unsere Kirche in Zukunft aussehen soll.
Alles hat seine Zeit:
LOSLASSEN – VERGEBEN – NEU ANFANGEN.
Noch halten wir fest.
Aber wer bereit ist, den ersten Schritt zu tun, der ist heute zum Abendmahl eingeladen.
Ich freue mich, dass Menschen
• aus dem KV,
• dem Gemeindebeirat,
• der Gruppe Frieden und Gerechtigkeit,
• den Mitarbeitern
• und der großen Gemeinde da sind.
• Dazu kommen die mancherlei Gäste.
Gehen wir nachher gemeinsam an den Abendmahlstisch und bringen so zum Ausdruck, dass wir gemeinsam unterwegs sind zu einem Ziel, dass sich lohnt:
„Herr, ich will dir nachfolgen!“
Nehmen wir Jesu Antwort als einen Auftrag und eine Mahnung an uns: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
LOSLASSEN – VERGEBEN – NEU ANFANGEN.
Amen!
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft je begreifen wird, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.