Warten auf ein Wunder

#1 von Joringel , 25.11.2016 11:17

Wer meinen letzten Bericht gelesen hat, weiß wie leidgeprüft unsere afghanischen Flüchtlinge ist. Die Stadt ihrer Registrierung unterstützt deshalb den Wunsch der Familie in einer gemeinsamen Wohnung leben zu wollen, aber eine Wohnung suchen und finden müssen die Flüchtlinge selbst. Jorinde und Joringel gaben ihr Bestes, um diese Versuche zu unterstützen, aktiv mit eigenen Anzeigen und passiv mit gutem Leumund und Vorauswahl von Angeboten.

Aber alles war vergebliche Mühe zumal wegen des kranken Sohnes nur eine behindertengerechte Wohnung in Frage kommt. "Junger Freund, wir brauchen ein Wunder" sagte Joringel oft zu M. Nach der letzten Absage, (oft wurde die Familie zur Besichtigung gar nicht erst zugelassen) wagte Joringel es, direkt an eine Wohnbaugesellschaft zu schreiben, an den obersten Boss persönlich. (Persönlich darf die Sekretärin nicht öffnen!) 4 Wochen vergingen ohne Antwort und die Hoffnung verging auch. Doch dann kam ein Brief - jetzt haben wir es schriftlich. "Sehr gerne helfen wir Ihnen bei der Wohnungssuche, wenn es auch, wie Sie ja schon selbst erfahren haben, nicht einfach sein wird." Man entschuldigte sich sogar noch bei uns wegen der verspäteten Antwort. Jorinde und Joringel haben nun nächste Woche einen Termin bei dieser Gesellschaft - hofft und betet mit uns, dass wir es gemeinsam mit dieser im wahrsten Sinne wunderbaren Unterstützung schaffen.
Euer Joringel

Und by the way - welch' ein Unterschied ist es doch zu den Erfahrungen, die wir mit kirchlichen oder diakonischen Institutionen gemacht haben.


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zuletzt bearbeitet 25.11.2016 | Top

RE: Warten auf ein Wunder

#2 von Rosmarie , 26.11.2016 12:47

Lieber Joringel,
immer wieder bin ich von der "Geschichte" Eurer Flüchtlinge sehr bewegt. Ich finde es auch großartig, wie Ihr Euch einsetzt.
Gerne will ich Euch mit meinem Gebet unterstützen. Aber Du kannst es mir auch sagen, wenn ich sonst irgendwie helfen kann.
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RE: Warten auf ein Wunder

#3 von Joringel , 02.12.2016 17:10

Liebe Freunde,

für alle, die es interessiert, möchte ich von unserem Gespräch berichten. Wir wurden ausgesprochen höflich und freundlich empfangen. Der Beauftragte der Direktion erklärte uns, das Unternehmen habe 15.000 Wohnungen und baue auch immer wieder neue. Jedoch gibt es nur 100 Wohnungen, die für Rollstuhlfahrer geeignet sind und davon das Gros als Zwei-Zimmer-Wohnung. Wir stimmten uns ab, was für die Familie das Beste sei, nämlich in der Nähe der Stadt, damit Arzt und Krankengymnast nicht wieder gewechselt werden müssen. Und möglichst auf einer Anhöhe, da krankheitsbedingt der Zustand der Lunge von Sohn M. fragil ist. Unser Gesprächspartner sagte, es sei auch für ihn nicht leicht, an eine geeignete Wohnung zukommen, gleichzeitig sei es vollkommen klar, dass Jorinde und Joringel keine Chance haben, dieses Problem allein zu stemmen. Es könne länger dauern, so unser Gesprächspartner, aber man wird uns bzw. der Familie helfen. Selbst der oberste Chef mache sich Gedanken, wie man das Problem angehen könne. Er sagte auch, dass die Wohnbaugesellschaft öfter mal im Rahmen der Härtefallregelung Wohnung an Flüchtlinge vermiete, und man habe nur gute Erfahrungen gemacht. Da man oft mit Negativbeispielen bombardiert wird, haben wir auch diese Aussage mit großem Interesse aufgenommen.

Eine kleine Nachbemerkung:
Auch unsere Familie ist noch nicht offiziell als Flüchtlingsfamilie anerkannt. Die Angst, zurückzumüssen ist immer präsent, obwohl wahrscheinlich das Schicksal des kranken Sohnes eine Rückführung verhindern wird. Der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung liegt immer eine Ausgabe der New York Times bei. Hier las ich, dass die UN Flüchtlingskommission schätzt, das allein 1.200.000 Mill. registrierte und 700.000 nicht registrierte afghanische Flüchtlinge im Pakistan leben. Die pakistanische Regierung übt jetzt Druck auf die afghanischen Flüchtlinge aus. Die nicht registrierten konnten sich bis Mitte November registrieren lassen, (was für viele mangels Papieren gar nicht möglich ist), oder sie können jederzeit in Abschiebehaft genommen und an die Grenze gebracht werden. Seitdem hat ein Rückstrom nach Afghanistan eingesetzt. Ebenso werden die afghanischen Flüchtlinge aus dem Iran abgeschoben und auch aus Europa. Eine Infrastruktur zur Versorgung und Eingliederung gibt es nach diesem Bericht nicht. Familien, die im Norden des Iran von den Taliban bedroht wurden und werden, wird von deutschen Behörden gesagt, sie müssten ja nicht in den Norden, sie könnten ja nach Kundus gehen. Hier lebten 5 Millionen Afghanen und das Risiko, bei einem Attentat zu sterben sei nicht höher als durch einen Autounfall zu sterben. So wurde mir jedenfalls von einer Lehrerin für Integrationskurse berichtet.

Ich danke allen, die an uns gedacht und sogar für uns gebetet haben. Jorinde und Joringel waren wirklich gerührt, weil wir unverhofft auf soviel Menschlichkeit gestoßen sind.


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Zeitungsartikel vom 24.11.2016
Blick auf eine afghanische Flüchtlingsfamilie

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