Liebe Freunde,
Ihr erinnert Euch, dass das Bundesverwaltungsgericht am 27.02.2014 ausweislich seiner Pressemitteilung
http://www.bverwg.de/presse/pressemittei...jahr=2014&nr=17
grds. den Rechtsweg zu staatlichen Gerichten auch Pfarrern eröffnete. Für die juristische Beurteilung dieser Entscheidung ist allerdings nicht die Presssemitteilung maßgeblich, sondern nur der authentische Text der Urteilsbegründung. Diese liegt bis zur Stunde noch nicht vor, siehe nachfolgend:
http://www.bverwg.de/entscheidungen/verw...70214U2C19.12.0
Stand von heute. Ihr seid herzlichst eingeladen, den vorgenannten Link von Zeit zu Zeit aufzusuchen, - ich tue es seit Wochen auch - , um unserer Gemeinde eines Tages verkünden zu können, dass nun auch der authentische Text der Urteilsbegründung vorliegt.
Erst dann können wir den wirklichen Wert der Entscheidung analysieren und bewerten.
Die bisher nur vorliegende Pressemitteilung gibt keinen Anlass zu Euphorie. Der dortige Kläger hatte vor allen kirchlichen Gerichten bis zur letzten Instanz verloren, wandte sich daraufhin in erster Instanz an das staatliche Verwaltungsgericht und wurde dort mit der Begründung abgebügelt, seine Klage sei unzulässig, weil ihm der Weg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten verwehrt sei.
Mit der Frage, ob seine Klage möglicherweise begründet sei, mochte und musste sich das staatliche Verwaltungsgericht nach seiner Logik nicht mehr auseinandersetzen, - eben weil die Klage unzulässig sei. Ist jedoch eine Klage bereits unzulässig, muss und darf sich ein deutsches Gericht überhaupt nicht mehr mit der Begründetheit der Klage befassen, - das bedarf unter traditionell ausgebildeten Juristen, zu denen ich mich zähle, keiner weiteren Diskussion. Nach bisheriger Rechtslehre war die Klage unzulässig.
Der dortige Kläger, aber wohl eher sein Anwalt, hat den Mut besessen, trotz juristisch ungünstiger Ausgangslage die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Münster zu wagen. Tja und dann ereignete sich, ich möchte es mal so nennen, das juristische Wunder von Münster.
Das dortige OVG hat mit seiner sorgfältigen Urteilsbegründung, die m.E. die argumentative Qualität einer Habilitationsschrift erreicht, mit der herkömmlichen Rechtsprechung aufgeräumt und sich nicht gescheut, die - zementierte - Rechtsprechung unseres Bundesverfassungsgerichts zu kritisieren.
Ergebnis:
Anders als das Verwaltungsgericht hielt das OVG Münster die Klage nicht für unzulässig und befasste sich folgerichtig auch mit deren Begründetheit. Das OVG verurteilte die Kirche, den Kläger unter Rechtsauffassung des OVG Münster neu (also anders) zu bescheiden. Die Kirche wurde also nicht verurteilt, den Kläger zu alten Bedingungen weiter zu beschäftigen. Es gab also keinen richtigen Gewinner und auch keinen richtigen Verlierer. Die Kirche sollte nur neu, nicht unbedingt mit anderem Ergebnis, entscheiden.
Alle Wege hätte offen gestanden, auf der Basis dieses Urteils eine einvernehmliche Lösung zu suchen und auch zu finden.
Allerdings hielt es unsere Kirche für richtiger - ich möchte es rechthaberisch nennen -, Revision einzulegen. Die Revisionsinstanz gegen unseren tapferen Kläger - und seinen ebenso tapferen Anwalt - hat sie zwar im Endergebnis gewonnen; allerdings mit folgendem Ergebnis, wenn ich die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts, vorbehaltlich endgültiger Veröffentlichung seiner Urteilsgründe, recht verstehe:
Anders als Generationen von Juristen gelehrt, ist Pfarrern jetzt nicht mehr grundsätzlich der Weg zu den staatlichen Gerichten verwehrt!
Welche konkreten neuen Möglichkeiten sich aus dem jüngsten Urteil erschließen, bleibt abzuwarten (s.o.).
Euer
Achim