Liebe Freunde,
na ja, die juristische Sensation ist insofern schon da, als künftig Pfarrer nach Ausschöpfen des kirchlichen Gerichtswegs von staatlichen Gerichten nicht allein mit der Begründung abgebügelt werden können, ihre Klage sei von vorn herein unzulässig.
Nach dem hier besprochenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts werden künftig staatliche Verwaltungsgerichte Pfarrerklagen jedenfalls nicht mehr als unzulässig abweisen können; jedoch als unbegründet, weshalb mich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht richtig froh macht.
Die Vorinstanz, das OVG Münster, hatte die Kirche dazu verdonnert, unseren tapferen Pfarrer neu zu bescheiden und zwar mit Hinweis auf das staatliche Teilzeit- und Befristungsgesetz. Es hielt dessen Klage also sensationell nicht für unzulässig, vielmehr für zulässig und forderte der Kirche eine neue Entscheidung unter Berücksichtigung des staatlichen Teilzeit- und Befristungsgesetzes ab.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 27.02.2014 (BVerwG 2 C 19.12) zwar anders als die erste staatliche Instanz (Verwaltungsgericht Düsseldorf) mit dem OVG Münster (Berufungsinstanz) die Klage unseres Pfarrers als zulässig betrachtet, jedoch als unbegründet verworfen.
Und nun wird es ein wenig kompliziert:
1. Das Urteil des OVG Münster, welches unsere Hoffnungen beflügelte, führte u.a. aus, dass es kirchengerichtliche Entscheidungen lediglich auf "verfassungsrechtliche Mindestanforderungen sozialer Sicherung" überprüfen könne und wolle. Als solche hatte das OVG Münster das vorgenannte staatliche Teilzeit-und Befristungsgesetz ausgemacht.
Das leuchtete dem Bundesverwaltungsgericht nicht ein, Rn. 30 des Urteils, weil das staatliche Teilzeit-und Befristungsgesetz nicht Mindestanforderungen sozialer Sicherung garantiere.
2. Es betont vielmehr, die Eigenständigkeit kirchlicher Gerichte, wenn es unter Rn. 27, S. 12 ausführt:
"Wird nach Ausschöpfung des kirchlichen Rechtswegs das staatliche Gericht angerufen, so sind Gegenstand seiner Prüfung im Hinblick auf die Verletzung statlichen Rechts sowohl die Verwaltungsentscheidungen der Religionsgesellschaft als auch die Entscheidungen der innerkirchlichen Gerichte."
Mein vorläufiges Resümee:
Künftige Klagen unserer Pfarrer werden künftig von staatlichen Gerichten jedenfalls nicht mehr generell und von vornherein als unzulässig abgewiesen werden können.
Sie können künftig generell vor staatlichen Verwaltungsgerichten - nach Ausschöpfen des innerkirchlichen Rechtswegs - klagen, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Allerdings:
Erfolgreich dürften solche Klagen vor staatlichen Gerichten nur dann sein, wenn das jeweilige Kirchenrecht "fundamentale Prinzipien unseres Rechtsstaats" verletzt. Ihr merkt schon, dass die Hürden unklar und hoch sind.
Aber, liebe Freunde,
einen Hoffnungsschimmer sehe ich schon, wozu ihr wissen müsst, dass Juristen einerseits das materielle und andererseits das formelle Recht kennen. Das materielle Recht ist für Euch/uns im aktuellen Pfarrdienstgesetz verankert, fragwürdig genug. Auf der anderen Seite steht, ob dieses materielle Recht auch rechtskonform/formell richtig angewendet wird
( bspw. Anspruch auf rechtliches Gehör). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich anlässlich seines konkreten Falls nur mit der materiellen Rechtslage beschäftigt, beschäftigen müssen.
Will sagen:
Das Urteil des BVerwG ist schon ein Fortschritt, allerdings nicht der von uns erhoffte Durchbruch.
Euer
Achim