Über Ostern hatte der Turmfalke viel Zeit zum Nachdenken. Daraus ist diese kleine Meditation entstanden:
Karfreitag und Ostern
Ich bin ein Opfer psychischer Gewalt.
Zumindest glaube ich, dass der Konflikt, in dem ich mich befinde, damit richtig beschrieben ist.
Ich kenne die Täter mehr oder weniger persönlich: Einige haben mir in früheren Jahren selber ihre Geschichte erzählt. Andere haben ihren Hintergrund durch ihr Reden und Handeln mehr oder weniger unfreiwillig offenbart.
So meine ich sagen zu können, was auch für andere Situationen gilt:
Die Täter sind vorher Opfer gewesen.
Die Verletzungen und Schmerzen, die ich erfahren habe, sitzen tief. Ich erlebe, wie in mir der Wunsch hochkommt, die Täter bestraft zu sehen. Mein Denken ist erfüllt von strategischen Überlegungen: Was muss ich tun, um meine Gegner zu besiegen?
Aber was wäre damit gewonnen? Ich würde vielleicht die Gegner nach dem Kampf besiegt am Boden liegen sehen. Aber ich selber würde als Sieger dastehen. Dann würden die Gewalttäter sich als Opfer sehen und mich als den Täter. Die Gewalt wäre nicht überwunden. Es wären nur die Rollen vertauscht. Das wäre nur für kurze Zeit ein vorläufiger Sieg.
Aber der Ostersieg Christi wäre es nicht!
Ostern ohne das Kreuz ist unvollständig. Am Karfreitag höre ich, dass Christus freiwillig seine göttliche Machtfülle aufgegeben hat. Er hat sich den Opfern an die Seite gestellt und er hat für die Sünden der Täter sein Leben hingegeben.
Das gilt für mich! Deshalb ist mein Platz an seiner Seite, dicht bei ihm, unter dem Kreuz.
Christus ist aber auch für die Sünden meiner Gegner gestorben. Auch für sie hat er Vergebung bereit.
Um Christi willen ist Versöhnung für beide Seiten möglich.
Ob ich das glauben kann? - Ich weiß es noch nicht.
Aber nun feiern wir zunächst einmal Ostern und verkünden den Sieg, den er schon errungen hat:
„Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht“ (2. Tim. 1, 10)
Wunder Gottes - für uns Menschen ein Geheimnis