Wahlen!!!!

#1 von Sunny , 25.05.2019 21:17

Hallo Davidisten

Ich laufe an einem Wahlplakat einer größeren Partei vorbei - einer sozialen Partei. Darauf ein Ex-Pfarrer! Mir kam es einfach nur hoch. Dieser Mensch steht hinter dem Grundgesetz "Artikel 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar" . Ich wurde zu diesem Pfarrer geschickt. Er hatte scheinbar mal eine höhere Funktion in der Kirche. Nachdem ich ihm erzählt habe wie meine Würde mit Füßen getreten worden ist (und nicht nur meine), hat er das mit einem Schulterzucken beantwortet. Völlig ungerührt. Provokativ meinte ich, dann sind die Missbrauchsskandale wohl auch egal... seine Antwort "ja". Wie er vor mir saß, arrogant, ungerührt und wohlgenährt. Er hat mich an die Pfarrer auf den Bildern erinnert, die sich auf Kosten der armen Leute bereichert haben. Und so einer engagiert sich in der Partei - profiliert sich dort. Pfui!! Habe eine Unterschriftenaktion gegen Rechts entdeckt im Netz... und wer unterschreibt. Der Anwalt der Kirchengemeinde, wo ich meinen Albtraum durchlebt habe. Toleriert aktiv menschenvernichtende Vorgehensweisen, aber spielt sich auf als der große Menschenfreund. Ich ekele mich noch mehr vor Kirche und Staat. Ich weiß ich tue vielen Unrecht und das tut mir leid. Aber mich ekelt diese Masse an scheinheiligen Personen. Mich ekelt dieser Machtapparat in denen Verbrecher sitzen und sich gegenseitig unterstützen und Menschen quälen. Und ich wünschte mir mehrere Menschen würden das durchschauen und nicht nur die Opfer dieses Machtapparates. Wenn wir Opfer davon erzählen, werden wir fast als verrückt abgestempelt. Was nicht wahr sein darf können die Leute gar nicht in ihren Gedanken zulassen und sie lassen sich täuschen.

LG Sunny

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RE: Wahlen!!!!

#2 von turmfalke , 26.05.2019 17:43

Am Tag der Europawahl, 26.05.2019 noch vor Schließung der Wahllokale.

Liebe Sunny!

Du hast in deinem Leben schon viele schlimme Dinge erlebt! Wir haben deine Geschichten aufmerksam gelesen und versucht sie zu verstehen. Ich kann mich in Deinen Ekel hinein fühlen.

Damit Du mir glaubst, bringe ich hier eine Geschichte, die ich so bisher noch niemandem erzählt habe:

Vor Jahren war ich Gemeindepastor an einem Ort, an dem ich gut zurecht kam. Nach einer Kirchenvorstandswahl entstand aber aus heiterem Himmel ein Widerstand gegen mich. Wenige Leute, die aber wichtige Funktionen hatten, mein Chef im Kirchenkreis und einige andere Leute in hohen kirchlichen Ämtern der Landeskirche wollten mich aus der Gemeinde vertreiben. Den Grund konnte ich nicht erkennen. Da ich mir nichts zu Schulden kommen lassen hatte und da ich bei den meisten Leuten in der Gemeinde sogar beliebt war, versuchte ich mich zu wehren. Ich musste trotzdem nach einem Kampf von eineinhalb Jahren aufgeben, weil die Gesetze des Pfarrdienstgesetzes mich nicht ausreichend schützten und weil sich im Laufe der Monate die Kräfteverhältnisse immer mehr zu meinen Ungunsten verschoben hatten. Schließlich kam der Tag, an dem ich zum letzten Mal an der Pfarrkonferenz des Kirchenkreises teil nehmen sollte. Der Chef gab mir vor den Kollegen noch einmal das Wort. Ich sagte sinngemäß: "Wir trennen uns unversöhnt. Es ist uns nicht gelungen, den Konflikt durch Gespräche zu bearbeiten, weil die Gegenseite das Gespräch verweigert hat. Durch unsere unselige Geschichte bin nicht nur ich als Person verletzt worden. Es ist das Amt der Verkündigung und die Glaubwürdigkeit der Kirche vor Ort beschädigt worden." Der Chef antwortet mit einigen scheinheiligen Worten, so als ob es eine Verabschiedung wie alle andern wäre. Dann schenkte er mir vor den Kollegen zum Abschied ein Glas Honig. Ich war leider nicht geistesgegenwärtig genug, um noch einmal darauf zu antworten. Zum Schluss gaben mir die meisten der Kollegen die Hand und einige sagten mir dabei gute Worte. Zum Schluss stand ich da mit meinem Glas Honig in der Hand. Ich nahm es mit und machte mich auf den Weg. Auf der Autobahn überkam mich aber der Gedanke: "Diesen Honig kriegst du niemals runter." Ich hielt auf dem nächsten Parkplatz an und warf das noch geschlossene Glas mit gutem Honig im hohen Bogen in die Mülltonne. So groß kann der Ekel werden, wenn man schlimme Dinge erlebt.

Ich habe mich dann aber räumlich vom Ort des Geschehens getrennt und in einem andern Kirchenkreis versucht neu anzufangen. Das gelingt nicht ohne innere Verletzungen. Die Narben bleiben. Aber ich habe mir gesagt: "Du darfst die Anderen, die mit deiner Geschichte nichts zu tun haben, nicht dafür bestrafen, dass du so schlimme Dinge erlebt hast."

Das erbitte ich auch von Dir, liebe Sunny! Nicht alle, die in der Kirche Ämter haben, sind böse. Und auch nicht alle Menschen, die sich für ein verantwortliches Amt im Staate zur Verfügung stellen, werden ihre Macht missbrauchen.

In einem gut besuchten Gottesdienst haben wir heute Morgen folgendes Glaubensbekenntnis gesprochen, dass 1990 für die Ökumenische Vollversammlung in Seoul formuliert worden ist:

Ich glaube an Gott, der die Liebe ist und der die Erde allen Menschen geschenkt hat. Ich glaube nicht an das Recht des Stärkeren, an die Stärke der Waffen, an die Macht der Unterdrückung.

Ich glaube an Jesus Christus, der gekommen ist, uns zu heilen, und der uns aus allen tödlichen Abhängigkeiten befreit. Ich glaube nicht, dass Kriege unvermeidbar sind, dass Frieden unerreichbar ist. Ich glaube nicht, dass Leiden umsonst sein muss, dass der Tod das Ende ist, dass Gott die Zerstörung der Erde gewollt hat.

Ich glaube, dass Gott für die Welt eine Ordnung will, die auf Gerechtigkeit und Liebe gründet, und dass alle Männer und Frauen gleichberechtigte Menschen sind. Ich glaube an Gottes Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde, wo Gerechtigkeit und Frieden sich küssen. Ich glaube an die Schönheit des Einfachen, an die Liebe mit offenen Händen, an den Frieden auf Erden.
Amen

Viele Grüße!
Dein Turmfalke


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RE: Wahlen!!!!

#3 von Sunny , 26.05.2019 19:03

Hallo Turmfalke
Wow! Ich hatte dieses Glas Honig gar nicht anfassen können. Hatte wahrscheinlich nicht mal teilgenommen. Es fällt mir nach wie vor schwer diese Trennung... Weil auch wenn ich weiß es gibt gut und schlecht... durch den Schutz der Kirche, welche Schlechte haben ist nie sicher wer vor einem steht. In anderen Bereichen fällt es mir leichter zu akzeptieren, dass es gut und böse gibt. Aber durch den Anspruch den die Kirche fuer sich einnimmt ist der Vertrauensbruch schlimmer. Auf der Welt ist so viel Unfriede und der einzige Ort den ich als den einzigen Zufluchtsort des Guten empfunden habe ist er nun auch nicht... Deine Geschichte hilft mir mich innerlich wieder ein Stück zu finden. Danke. LG sunny

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RE: Wahlen!!!!

#4 von Panama , 27.05.2019 10:54

Lieber Turmfalke,
ich habe deine mutmachendenden Zeilen an Sunny soeben gelesen. Ich kann verstehen, dass du den guten Honig weggeworfen hast.
Es ist natürlich richtig, dass Sunny ihre Emotionen und Enttäuschungen unverhüllt und etwas überspitzt zum Ausdruck gebracht hat. Sie darf es aber tun.
Politik und Kirche ist ein spannendes Thema. Wenn kirchliche Amtspersonen (ob Theologen oder sonstige) sich in einer Partei voll engagieren (oft erst, wenn sie im Ruhestand sind), ist es schon interessant eben zu beobachten, wer sich wo engagiert. Manchmal erlebt man schon richtige Überraschungen, denn die politische Palette ist bunt und breit.
Amtspersonen in Württemberg, die sich in der "sozialen" Partei engagieren, sind in der Regel auch engagierte Mitglieder der Offenen Kirche. Sie hat als Motto: Für Vielfalt und Gerechtigkeit - mit Profil und Biss den Menschen zugewandt, solidarisch und engagiert, offen für die Vielfalt. Ihre Ziele: Mehr Tranparenz und mehr Demokratie (u.a.) in der Kirche... (in ihrem neuen Wahlprogramm 2019 gibt es sogar einige Ideen, die ich super finde!) Gerade diese Gruppierung verleiht alle zwei Jahre einen Preis für Zivilcourage in der Kirche...
Von daher kann ich Sunny verstehen, wenn sie sich fragt, ob Taten und Worte bei einzelnen Personen immer zusammen passen. Das frage ich mich nämlich manchmal auch.
Vielen Dank für das schöne Gebet aus dem Jahr 1990. Ich habe vorher kurz gegoogelt und etwas Interessantes gefunden: Die zehn Grundüberzeugungen der Ökumenischen Weltversammlung von Seoul 1990. In der 1. Grundüberzeugung geht es um Macht.
Panama

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