Ein fröhlicher und mutiger Ostergruß

#1 von turmfalke , 21.04.2019 01:44

Nach einem fröhlichen Mitternachtsgottesdienst grüße ich alle Leser dieses Forums mit einem österlichen Gruß, wenn auch in einer sehr alten Sprache.

Paul Gerhardt schrieb vor 370 Jahren in der Zeit des hohen Barock. Er war aber einer von uns, d.h. er war ein Opfer von fürstlicher Gewalt.

1) Auf, auf mein Herz mit Freuden nimm wahr, was heut geschicht;
wie kommt nach großem Leiden nun ein so großes Licht!
Mein Heiland war gelegt da, wo man uns hinträgt,
wenn von uns unser Geist gen Himmel ist gereist.
4) Die Höll und ihre Rotten die krümmen mir kein Haar;
der Sünden kann ich spotten, bleib allzeit ohn Gefahr.
Der Tod mit seiner Macht wird nichts bei mir geachtet:
er bleibt ein totes Bild, und wär er noch so wild.
5) Die Welt ist mir ein Lachen mit ihrem großen Zorn,
sie zürnt und kann nichts machen, all Arbeit ist verloren.
Die Trübsal trübt mir nicht mein Herz und Angesicht,
das Unglück ist mein Glück, die Nacht meinen Sonnenblick.
6) Ich hang und bleib auch hangen an Christus als ein Glied;
wo mein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit.
Er reißet durch den Tod, durch Welt, durch Sünd, durch Not,
er reißet durch die Höll, ich bin stets sein Gesell.
7) Er dringt zum Saal der Ehren, ich folg ihm immer nach
und darf mich gar nicht kehren an einzig Ungemach.
Es tobe, was da kann, mein Haupt nimmt sich mein an,
mein Heiland ist mein Schild, der alles Toben stillt.
8) Er bringt mich an die Pforten, die in den Himmel führt,
daran mit goldenen Worten der Reim gelesen wird:
"Wer dort wird mit verhöhnt, wird hier auch mit gekrönt;
wer dort mit sterben geht, wird hier auch mit erhöht."
Paul Gerhard 1647
(EG 112 Auf, auf mein Herz mit Freuden)

In der Zeit von Paul Gerhardt war der weltliche Herrscher in Berlin der Große Kurfürst. Der bildete sich ein, er müsse neben seinem weltlichen Amt zugleich das geistliche Amt eines Bischofs ausüben und könne den Pastoren vorschreiben, was sie zu predigen hätten.

Dem hat Paul Gerhardt als Pastor an der Nikolaikirche in Berlin widersprochen aus guten, für ihn wichtigen theologischen Gründen. Deshalb wurde er vom Herrscher unter Druck gesetzt und musste schließlich sein Amt und das Land Preußen verlassen. Sein Lied ist eigentlich eine gereimte Predigt oder ein Gespräch mit sich selber.

Er macht sich selber Mut: Christus kennt deine Leiden. Er hat ja selber an der Bosheit der Menschen gelitten und ist durch den Tod und durch die Hölle hindurchgegangen. Aber er ist auferstanden und hat die Mächte der Sünde besiegt. Wenn du dich ihm anvertraust und dich an ihn hängst, dann wirst du Anteil haben an seinem Sieg. Du brauchst in dieser Welt keine Angst mehr zu haben und kannst hier getrost deinen Weg gehen. Am Ende wirst du glücklich zu Christus in den Himmel kommen.

Mir hat dieser Osterglauben immer wieder geholfen!
Schöne Grüße
von eurem Turmfalken


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RE: Ein fröhlicher und mutiger Ostergruß

#2 von turmfalke , 21.04.2019 13:15

Hallo Forumsgemeinde!

Die Kraft dieses Liedes wird natürlich erst lebendig, wenn man es singt - nach der Melodie von Johann Crüger, dem tapferen Mitstreiter Paul Gerhardts, der in der gleichen Zeit an der gleichen Kirche der Kirchenmusiker war. Er hatte auch den Schwung, seinen Pastor um die Texte zu bitten, damit er sie drucken lassen und veröffentlichen konnte. Sonst wäre Paul Gerhardt vielleicht gar nicht so bekannt geworden.

Leider kann ich das Lied so mit euch nicht singen. Das geben die beschränkten technischen Möglichkeiten des Forums nicht her. Aber schaut selbst im Gesangbuch nach oder legt eine CD auf. Eines der kräftigsten Ausdrucksmittel der Osterbotschaft, die wir Evangelischen Christen haben, sind ja unsere alten Lieder. Sie sollten nur ein wenig schneller und rhythmischer gesungen werden, als es in den Gemeinden durchgängig üblich ist.

Viele Grüße!

Turmfalke


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RE: Ein fröhlicher und mutiger Ostergruß

#3 von Joringel , 24.04.2019 12:02

Lieber Turmfalke,

Danke für diese "Osterbotschaft" aus der Feder von Paul Gerhardt. Es spricht in der Tat ein fester, fast überzeitlicher Mut daraus, der die Nebelwolke aller Ängste durchstößt so wie ein Flugzeug manchmal durch die dicke Wolkendecke stößt und man plötzlich nur noch Licht und Sonne sieht. Eigentlich unglaublich diese Glaubenskraft!

Joringel


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RE: Ein fröhlicher und mutiger Ostergruß

#4 von Robin , 26.04.2019 22:10

Lieber Turmfalke!
Trotzdem möchte ich den Großen Kurfürsten in Schutz nehmen. Er wollte nicht den Zank und Streit zwischen Reformierten und Lutheranern auf den Kanzeln. Daher verbot er solche Zänkereien und ließ von all seinen Pastoren einen Revers unterschreiben, dass sie sich an seine Anordnung hielten. Nun war Paul Gerhardt kein Zänker, aber er hielt in der Tat die Einmischung des Kurfürsten mit seinem Ordinationsgelübde nicht vereinbar und verließ, so weit mir bekannt, seine Pfarrstelle freiwillig, indem er in das damalige "Ausland", nämlich in den Spreewald nach Lübben ging.
Mein ältester Urahn, von dem wir wissen, hatte als Pastor in der Neumark einen wutschnaubenden lutherischen Superintendenten, in dessen Kirche es sogar zu einer Schlägerei kam. Von Absetzung durch den Kurfürsten bedroht, forderte er alle Pastoren seines Sprengels auf, ihn zu unterstützen. Dazu schrieb jeder einen markigen Spruch auf ein Papier. Der Spruch meines Urahns lebte in unserer Familie weiter: "Veritas premitur, sed quidem non opprimitur". ÜS: "Die Wahrheit wird zwar bedrückt, aber sie kann nicht unterdrückt werden". Der Superintendent wurde trotzdem abgesetzt, und dies nach meiner Meinung, so weit wir die Quellen erforscht haben, mit Recht.
Robin


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zuletzt bearbeitet 26.04.2019 | Top

   

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