Nee, die Kapitalertragssteuer ist es nicht, die so offensichtliche Austritte verursacht. Sie ist der Anstoß, aber nicht die Ursache!
1. musste man schon immer diese Steuer bezahlen, vorausgesetzt, man hat sein "Kapital" bei der Lohnsteuererklärung "freiwillig" angegeben. Auf Wunsch der Kirchen sind nun die Banken angehalten, diese Freiwilligkeit zu ersetzen und die entsprechenden Daten "dem Staat" zuliefern. So werden sie bei der Lohnsteuer "automatisch" mit einbezogen.
2. kann man sich nur wundern über die Realitätsferne der Finanzreferenten und aller kirchenleitenden Personen, die das beschlossen haben und jetzt "die Banken" für das Aufwachen so vieler Kirchenmitglieder verantwortlich machen. Absurd.
3. hätten sie sich ihre Mitglieder einmal genauer angesehen, hätten sie entdecken müssen, dass der überwiegende Anteil gar nicht unter die Kapitalertragssteuer fällt. Diese Feststellung wurde laut verschiedener Medien-Recherchen schon im Vorfeld der Entscheidung von engagierten Mitgliedern zur Warnung vor diesem Vorhaben geäußert.
Treten also Mitglieder aus allen Schichten, wohlhabend und nicht wohlhabend aus, dürfte das finanzielle Ergebnis mickrig sein, ganz zu schweigen von der Summe der "kleineren" Beträge aus der üblichen Lohnsteuer der Ausgetretenen, die nun auch wegfällt.
Die ehrliche Bilanz dieses realitätsfernen Schrittes beider Kirchen, die würde mich nun wirklich interessieren. Aber ich fürchte, dass auch die zu beschämend ausfällt, als dass sie in die Öffentlichkeit (Transparenz) gegeben würde.
So ist die Ursache selbst gemacht und muss auch von den Kirchen selbst verantwortet werden. Da nützt kein Verschiebespielchen.
Es ist die jahre- oder jahrzehntelange Bindungslosigkeit an eine der christlichen Kirchen. Auch die Landeskirchen, die nicht unter Geldknappheit leiden, haben einen rigiden Sparkurs gefahren, der vor allem Personal an der Basis eingespart hat und es noch tut. Die sogenannten Reformen gingen und gehen nach wie vor auf Kosten von Gemeinden. Statt möglichst viel Nähe herzustellen, haben verwaltungstechnische Konzepte gesiegt. Und dort wo eine gewisse gesellschaftlich intakte Struktur christliche Bindungen ermöglicht hat und so auch aufrecht gehalten wurden, kam die "Keule von oben" und hat diese auf spektakuläre Weise zerstört. Manker-Temnitztal (EKBO) und Burgholzhausen (EKHN) seien hier stellvertretend für viele genannt. Diese Beispiele haben einen immensen Imageschaden hinterlassen. Warum also sollte man einer solchen Kirche angehören? Einer Kirche, die im Ernstfall ihrer selbst verkündeten Lehre nicht folgt?
Es ist traurig, aber die Realität, die bei dieser Austrittswelle klar zum Vorschein kommt.
Und im Übrigen denke ich, dass sich das Thema Mobbing über längere Sicht von selber lösen wird, weil ja auch der Pfarrer/innen- Nachwuchs schon über viele Jahre immens eingebrochen ist. Auch das gehört zur Realität, der sich die Kirchenleitungen nicht stellen wollen.
Summa summarum: Mir machen nicht die Austritte Sorge, mir setzt der personelle Zustand unserer evangelischen Landeskirchen zu. Auch wenn es an der Basis immer wieder Lichtblicke gibt. Nur: Wie lange können diese ihre gute Arbeit ungestört machen? Wenn es irgend jemandem nicht gefällt...?
Deprimierend,
Sabine