Aus christlicher Verantwortung leben

#1 von Joringel , 18.02.2014 14:46

Viele Fragen, die hier im Forum aufgeworfen werden, berühren auch die Frage: Was ist Gemeinde? Was heißt es, christliches Leben anzustreben? Persönlich hatte ich zweimal die Gelegenheit an der Buchvorstellung "Bonhoeffer in Finkenwalde hrsg. von Dr. Karl Martin, vorgestellt von Frau Prof. Dr. Gisela Kittel, teilzunehmen. Es gelang ihr die Zeit herauszuarbeiten, in der Bonhoeffer und die Studenten bzw. Vikare der Bekennden Kirche versuchten, ihre Verantwortung als Christen anzunehmen. Anhand von Zitaten und Textauszügen, aber auch Hintergrundbeschreibungen gelang es ihr, die Zuhörer mitzunehmen in eine Zeit, in die wir als Nachgeborene nur noch entsetzt zurückblicken können. Viele Todesopfer waren später unter den ehemaligen Seminaristen zu beklagen, da sie bevorzugt an die Front geschickt wurden. Wenn die in diesem Studienbuch enthaltenen Texte uns viel über das Ringen um den richtigen Weg als Geistliche in schweren Zeiten vermitteln, so weisen sie doch auch weit darüber bis in unsere Gegenwart hinaus. Um Euch besser verstehen zu lassen, was ich damit meine, erlaube ich mir einen Teil der Buchrezension von Frau Prof. Dr. Gisela Kittel hier abzudrucken. Den kompletten Text könnt Ihr lesen unter: http://www.fenestra-verlag.de/downloads/...ion8_Kittel.pdf - Bleibt mir noch zu berichten, dass es mir auch bei der zweiten Buchvorstellung nicht langweilig wurde. Die Faszination geht nicht allein von der Person Bonheoffers aus, sondern auch von den damals jungen Menschen um ihn, die sich seine Schüler nennen durften.

Theologengenerationen nach dem Krieg haben sich für die Erfahrungen und Einsichten des
Kirchenkampfes immer weniger interessiert. Sie wurden von anderen Problemstellungen bewegt.
Die historisch-kritische Bibelforschung, Fragen der Hermeneutik, der Ruf zur
Gesellschaftsveränderung, die Aufarbeitung der Israel-Thematik, Frauenemanzipation bestimmten
das Interesse, nicht mehr die Frage nach Wesen und Bekenntnis der Kirche. Doch Zeiten ändern
sich. Was heute aktuell scheint, kann morgen schon überholt sein, und was uns heute als abständig
und weit überholt gilt, kann morgen mit ganz neuer Wucht auf uns zurückkommen. Mit den Fragen
nach der Kirche, ihrem Wesen und eigentlichen Auftrag könnte es sich so verhalten. Angesichts von
Traditionsabbruch, „Reformkrampf“ (Friedhelm Schneider) und dem fortschreitenden Verlust
biblischer und reformatorischer Orientierungen könnte uns das, was in Finkenwalde gedacht und
aufzubauen versucht wurde, noch einmal ganz neu in den Blick treten. Wie kann eine Kirche, der es
nur noch um ihre institutionelle Selbsterhaltung zu gehen scheint, wieder „Kirche Jesu Christi“
werden? Wie kann sie, wenn sie einmal arm und einflusslos und ihrer Privilegien beraubt sein
wird, ihrem Auftrag gemäß leben? Wie kann sie ihre jungen Theologen so zurüsten, dass diese auch
selbst in dem Glauben gründen, den zu verkündigen sie beauftragt sind, und nicht länger darauf
gerichtet sein müssen, das Wohlwollen und die Anerkennung der Menschen zu erlangen? Und
schließlich: Was muss geschehen, damit die Vorstände der Gemeinden (und nicht nur sie!) wieder
um die Elementaria des christlichen Glaubens wissen und, auf diesem Grund stehend, miteinander
umgehen und das Gemeindeleben gestalten? -




Buchtitel:
Bonhoeffer in Finkenwalde

Briefe, Predigten, Texte aus dem Kirchenkampf gegen das NS-Regime 1935–1942

Studienausgabe mit Hintergrunddokumenten und Erläuterungen

Herausgegeben von
Karl Martin
unter Mitarbeit von
L. -Maximilian Rathke
1. Auflage 2012
ca. 1056 Seiten, broschiert
ISBN: 978-3-9813498-8-7

Preis 39,00 €
(inkl. MwSt, zzgl. Versand)


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