Hallo,
ich bin, bzw. bald, werde wohl bald gewesen sein, Vikar in Landeskirche westlich der Mitte Deutschlands.
Ich habe in den letzten Jahren, in welchen ich in verschiedenen Positionen für die Kirche gearbeitet habe, viele dunkle Seiten der Institution erleben dürfen. Auf manches dabei hätte ich gern verzichtet:
Inoffizielle Anweisungen, über Kollegen Fehler zu sammeln, damit diese eine Abmahnung erhalten, waren da nur die Spitze des Eisbergs.
Mitgemacht haben, das freute mich damals sehr, viele Kolleginnen und Kollegen nicht.
Das erste Mal scheine ich nun selbst im Zentrum einer solchen Aktion, und habe es lange Zeit nicht einmal wahrhaben wollen. Selbst heute noch suche die Fehler bei mir, verstehe es zeitweise noch es als Lernprozess, der mir nicht gelingt.
Selbst als mir die ersten von einer vergifteten Atmosphäre zwischen mir und meiner Mentorin erzählten, und mich fragten wie lange ich das mir noch antun wolle, wollte ich es nicht wahrhaben und versuchte weiter die Probleme bei mir und mit mir zu lösen.
Mir wurden Diagnosen unterstellt, die im Rückblick wirklich fast jeglicher Grundlage entbehrten, aber ich nahm sie zu ernst, und ging ihnen nach.
Ich ging in Supervision, begann eine Psychotherapie, setze mich mit "meinem" Problemen auseinander, aber egal wie ich mich bemühte, gute Leistungen wurden für mich immer schwerer.
3 Rechtschreibfehler auf 20 Seiten Unterrichtsvorbereitung, obwohl es von mehreren Personen Korrektur gelesen wurde, bekamen den Makel derartig schlecht zu sein, dass es an "Kindswohlgefährdung" grenze, ebenso mein Unterricht an sich (Zitat aus einer Prüfung).
Mir wurden Termine mitgeteilt, und ich trug sie in meinem Terminkalender ein, dieses Mal schon indem ich das Datum mit dazu schrieb, ebenso die Uhrzeit, und den Termin sogar noch einmal nachfragte.
Es half nichts, es waren trotzdem alle falsch und am Ende hieß es einhellig, dass ich daran Schuld sei, und hier mir mein Unterbewusstsein zeige, dass ich gar nicht in den Pfarrberuf wolle.
Ich habe erlebt wie alles was ich mir in den letzten 10 Jahren an Ansehen aufgebaut habe, an Prüfungen und Assessment-Center bestanden habe, jetzt in dem Licht der Berichte meiner Mentorin "neu" gelesen wird.
Es zählt nichts mehr positiv, gleichzeitig greift das Paradoxon, dass jedes Wort das ich einmal gesagt habe, oder sage, oder auch nicht gesagt habe, gegen mich verwendet wird.
Erst als die Vergleiche mit ehemaligen Kollegen auftauchten, wurde ich hellhörig, fuhr hin, sprach mit Ihnen, und hörte eine Perspektive der Vorfälle, die sich mit den Schilderungen aus der der Gemeinde hier deckt. Setzte mich mit dem Thema Mobbing noch einmal ganz anders auseinander.
Da war jedoch vieles schon zu spät.
Nach monatelangem "es gibt kein richtig mehr", alles was mir positives aus der Gemeinde zurückgemeldet wurde, wurde demontiert, dem Seminar gegenüber gab es nur negative Bericht, teilweise in der Perspektive so stark verzehrt, dass man schon fast von erfunden reden könnte, traue ich mir fast nichts mehr zu.
Zum einen für mich, denn mich erwischte ein recht heftiger Hörsturz mit langer Krankschreibung darauf, aber auch für meine weitere Laufbahn in der Kirche. An einem Gespräch über meine berufliche Zukunft durfte ich nicht stattfinden, trotz mehrfachen Bittens, aufgrund meiner Krankschreibung. Dort wurden dann die Entscheidung getroffen, ein Dienstentlassungsverfahren gegen mich einzuleiten, anstatt mir eine zweite Chance zu geben. In diesem befinde ich mich nun seit mehreren Monaten. Ungewiss was passiert, ungewiss wie/ob es überhaupt weitergeht.
Im Rückblick bin und bleibe beeindruckt, wie viel Macht wenige Personen haben, die sich mit Charisma, Intrigen und Absprachen über Wasser halten, und Kollegen, welche nicht in ihr Bild passen, aus dem Dienst befördern. Das geht leider bei einem Vikar leichter, als bei einem gewählten Pfarrer, ist aber (leider) in beiden Fällen hier erfolgt.
Ich habe erlebt, wie jeder Tag eine Prüfung war, in einer Intensität, dass mir das erste theologische Examen wie ein gemütlicher Spaziergang vorkam.
Mir ist klar, dass ich Dinge habe, die ich nicht gut kann, dass mir als einiges an Erfahrung fehlt. Mir ist bewusst, dass ich Hilfe und Anleitung oder wenigstens konstruktives Feedback im Vikariat gebraucht hätte.
Das war leider großteils nicht vorhanden.
Ich bin keine perfekte Amtsperson, und will es auch nicht sein, ich bin ein Mensch, der Evangelium ankündigt, bzw. wie Pamela Hansen einmal so schön sagt: Profi-Schaf, bzw. sehe ich mich eher als lernendes Schaf, von und mit der Gemeinde. Ich habe gern gepredigt hat, war gern in der Seelsorge.
Wie es nun weitergeht, kann ich nur ungefähr sagen. Ich hoffe das mein Verfahren irgendwann einmal abgeschlossen wird, egal wie. Ich will einen Schlußstrich unter die Sache ziehen, und wieder anfangen zu leben.
Ich rechne mir nur wenig Chancen auf eine zweite Chance aus, wenn es so in der Akte bleibt, auf den ersten Seiten die Berichte, danach die Stellungnahmen von Menschen aus der Gemeinde (die ein positiveres Bild zeichnen).
Ich werde dann, mindestens für die nächsten Jahre, erst einmal Abstand von einem weiteren Vikariat in dieser Landeskirche nehmen. Erst langsam kann ich wieder Kritik annehmen, erst langsam komme ich mit dem Erlebten irgendwie klar und schon höre ich von Fällen, wo es einen ähnlichen Anfang nimmt, wie bei mir. Aber vor allen brauche ich hier erst einmal Abstand und Aufarbeitung, und wenn sich dadurch mein Lebenstraum zerschlägt, muss ich damit leben, und mir einen neuen aufbauen.
So, jetzt habe ich mehrere Monat immer wieder an dieser Vorstellung geschrieben, und fasse nun den Mut sie endlich zu posten.
Liebe Grüße
Patrick