Der "Pfarrer aus dem Beispiel mit dem Gerichtsurteil aus Hannover" hat mir geantwortet : "Die 18 Monate , die meine Frau und ich unter dem Druck des Verfahrens verbracht haben, war schlimm. Allerdings konnten wir auf der kleinen regionalen Konferenz, bei der der Superintendent nicht anwesend war , offen und sehr kollegial über meine Situation reden. Dort bin ich zumindest teilweise verstanden worden. Allerdings hat keiner der Kollegen mir zugeraten, den Prozess gegen die Landeskirche zu führen. Die einhellige Meinung der Kollegen war: Ein " Ungedeihlichkeitsverfahren" kann man nicht gewinnen. Da sollte man lieber gleich aufgeben. Als ich mich doch zum Verfahren und dann zum Prozess entschieden hatte, sind die Kollegen mir mit Respekt begegnet.
Dankbar bin ich für die beiden Kollegen, die mich - in Absprache mit dem Superintendenten - als Vertreter regelmäßig auf ihre Kanzeln gelassen haben. Um das Selbstbewusstsein nicht zu verlieren, war es sehr wichtig für mich, weiter öffentlich predigen zu dürfen.
In der großen monatlichen Pfarrkonferenz konnte man mit den Meisten nicht offen reden. Es war schon so, dass mehr als einer Angst davor hatte, selber beim Superintendenten dumm aufzufallen als ein kritischer Kollege. Vielleicht muss man sogar sagen: Die Stimmung im Kirchenkreis hat sich verändert. Wenn alle meinen, vorsichtig sein zu müssen, dann leidet das offene Gespräch und auch die Kreativität.
In der Gemeinde war es ähnlich. Es hatte ja vor Beginn des Verfahrens tatsächlich keinen öffentlich erkennbaren Konflikt um meine Person gegeben. Viele Menschen in der Stadt und in der Gemeinde hatten vor meiner Amtsenthebung meine Arbeit dankbar angenommen - Konfirmanden und Jugendliche genauso wie ältere Menschen, für die ich ein Seelsorger sein durfte. Weder der Kirchenvorstand noch der Superintendent haben dann in der Öffentlichkeit eine plausible Erklärung für meine plötzliche Amtsenthebung abgeben können. So dachte man in der Kirchengemeinde und in der Stadt, es würde irgendeine Art von Disziplinarverfahren gegen mich laufen. Man vertraute darauf, dass die kirchliche Obrigkeit schon weiß, was sie tut. Das war in hohem Masse demütigend.
Ich habe mich seitdem konsequent aus dem Gemeindeleben fern gehalten. Meine Frau und ich sind aber gegen den "Rat" des Superintendenten weiterhin zum Chor gegangen. Meine Frau hat weiterhin an der Frauenstunde teilgenommen und hat sogar weiter im Besuchsdienst mitgearbeitet. Niemand hat sich getraut, ihr das zu nehmen. Das fanden wir irgendwie sogar gut.
Aber diese 18 Monate waren doch eine sehr einsame und traurige Zeit. Manche guten Leute haben aber auch das Gespräch gesucht und gefragt, wie es uns geht. Dann habe ich im Bild geantwortet: "Wissen Sie was Lampenfieber ist? Können Sie sich vorstellen, was das mit einem macht, wenn man ohne Unterbrechung monatelang Lampenfieber hat". Davon haben wir uns auch jetzt, drei Monate später immer noch nicht richtig erholt."
Ich finde, dieser Bericht erklärt sehr anschaulich, warum die Verharmlosungen der kirchlichen Gesetzgeber und der Kirchenrichter zum entsprechenden Paragraphen des PFDG eben Verharmlosungen sind. "Ich wasche meine Hände in Unschuld." Irgndwo habe ich das schon einmal gehört.
Joringel