Ein kleines Buch...

#1 von Panama* , 28.05.2021 20:23

Ich habe neulich das frisch gedruckte Büchlein (80 Seiten) von Sigrid Mannes gelesen: Schikane und Gemeinheiten in der Kirche; eine wahre Geschichte über Mobbing am Arbeitsplatz und möchte (unaufgefordert) darüber berichten.
Das Buch erzählt die Geschichte einer Mesnerin (im Buch Miriam genannt) aus frommem Hause in einer kleinen katholischen Gemeinde in Bayern und zeigt auf, wie aus Vorgesetzten, Kollegen und Kolleginnen und Gemeindeglieder Feinde werden. Nach achtzehn Jahren treuen Diensten und zwei mühsamen Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht endet Miriams Schicksal als engagierte kirchliche Angestellte mit einer Abfindung. Alles hätte sich aber genauso gut in einer evangelischen Gemeinde abspielen können.
Bei der Darstellung ihrer eigenen Erlebnisse, die im zweiten Teil des Buches sachlich und nüchtern geschildert werden, hat sich die Verfasserin an den bekannten Mobbingphasen und Thesen von Prof. Heinz Leymann (Psychoterror am Arbeitsplatz, 1993) gehalten, die im ersten Teil in knappen und überschaubaren Kapiteln dargestellt werden. Dabei betont sie, dass es nicht immer möglich ist, die Mobbingphasen eines Einzelfalles punktgenau dem Modell zuzuordnen.
Weitere Unterteile: Die Folgen von Mobbing für betroffene Personen, Täter und Betrieb; Ursachen, Betroffene, Täter: Was steht hinter den Mobbingübergriffen? Konkrete Mobbinghandlungen; fünf Arten von Mobbingattacken; wie sich gegen Mobbing gewehrt werden kann; Mobbing vorbeugen.
....
Natürlich gibt es seit Leymann zum Thema Mobbing wissenschaftliche Bücher von Juristen / Arbeitsrechtlern, Psychologen, Coaches etc... en masse auf dem Markt und die „alten Hasen“ des David-Vereins, dessen tägliches Brot es ist, ähnliche oder noch komplexere Kirchenfälle seit zwei Jahrzehnten und mehr zu betreuen, werden nichts Neues dazu lernen. Das knappe Buch ist vielmehr für „Hinz und Kunz“ gedacht und soll ihm helfen, die fiesen Attacken und Handlungen gegen ihn einzuordnen und einem Namen zu geben: Mobbing / Bossing.
Der Fall dieser Mesnerin ist auch ein weiteres Beispiel dafür, dass Mobbing selbst vor christlichen Institutionen keinesfalls Halt macht und dass geistliche Leiter zu Täter werden können.
Er zeigt aber auch, dass die Kirchen es nicht hören wollen...Miriam erwähnt auf S. 77 den Brief des Rechtsanwalts der Kirche, den sie eines Tages nach der letzten Gerichtsverhandlung im Briefkasten fand. Sie wurde aufgefordert, in Zukunft „solch falsche Behauptungen“ zu unterlassen. Es „sei keinesfalls akzeptabel, wenn Sie behaupten, Sie seien gemobbt worden“. Dann verweist der Anwalt ausgiebig auf die Definition des Mobbings...
Zumindest an dieser Stelle muss der Leser / die Leserin leicht schmunzeln...

Ein Wort noch zur Illustration auf dem Deckel: Ein knallrotes Kreuz in Form eines Schwertes...

Panama*  
Panama*
Beiträge: 45
Punkte: 155
Registriert am: 01.02.2020


RE: Ein kleines Buch...

#2 von turmfalke , 30.05.2021 13:26

Liebe Panama!

Danke für den wertvollen Hinweis! Das klingt interessant.

Wie weit die Verhältnisse in der katholischen Kirche und in den evangelischen Kirchen in diesem Falle vergleichbar sind, kann man aber noch nicht erkennen, ohne das Buch selbst gelesen zu haben.

Die Römisch-katholische Kirche ist ja seit uralten Zeiten autoritär regiert worden wie ein weltumspannender Staat mit der Mentalität, den örtlich gebundenen weltlichen Einzelstaaten gegenüber wie eine gänzlich unabhängiger "Staat im Staate" zu sein.

Die evangelischen Landeskirchen waren dagegen seit der Reformationszeit bis zu Ende des 1. Weltkrieges ganz direkt staatliche Behörden. Der Landesherr übte das Bischofsamt aus und ließ sich dabei von autoritären Beamten in den Landeskirchenämtern vertreten. Dadurch war bis in die Ebene der Gemeinden hinein ein autoritärer Leitungsstil entstanden, verbunden mit autoritärer Pädagogik den Kindern gegenüber in der Kirche und sogar auch in der Schule, für die die Kirchen im Auftrage mit zuständig waren. Seit 1918 sind die Kirchen dann unabhängig vom Staat geworden. Aber der autoritäre Führungsstil von damals wirkt bei manchen Leuten bis heute nach. Man nennt es Mobbing. Besonders schwierig ist dabei, dass Kirche sich in manchen Bereichen nicht an die Gesetze des Staates halten muss, weil der Staat durch unsere Verfassung ( GG Art 140) den Kirchen eine Unabhängigkeit garantiert, die ihr offensichtlich nicht gut tut. Das gilt dann eben doch für beide: Die evangelischen und die katholische Kirche: Sie sind wie ein "Staat im Staate".

Tut mir leid, dass ich mich in letzter Zeit selten im Forum gemeldet habe. Ich habe zur Zeit noch ganz andere Themen im Kopf!

Viele Grüße!

Turmfalke


turmfalke  
turmfalke
Beiträge: 610
Punkte: 1.980
Registriert am: 28.12.2013


RE: Ein kleines Buch...

#3 von Panama* , 12.06.2021 09:15

Kleine Ergänzung:
Ich bin zufällig neulich auf folgende Handreichung zugestoßen:

Für einen fairen und respektvollen Umgang miteinander - Handreichung zum Umgang mit sozialen Konflikten, Mobbing, Grenzverletzungen und sexualisierter Gwalt am Arbeitsplatz
Herausgegeben von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg -
"Mit einem freundlichen Dank an die EKHN, an deren Handreichung "Für ein faires und respeltvolles Verhalten in der EKHN wiruns orientiert haben" Landeskirche sich orientiert hat.
Januar 2020

Panama*  
Panama*
Beiträge: 45
Punkte: 155
Registriert am: 01.02.2020


   

Willkürliche Manipulation des Kirchenrechts
Wagemut und Standhaftigkeit

  • Ähnliche Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
Xobor Forum Software ©Xobor.de | Forum erstellen
Datenschutz