Liebe Freunde,
am 29.11. 2013 fanden in Leipzig zwei Revisionsverhandlungen unserer Mitglieder T. und F. statt. Einige Mitglieder unseres Vereins und auch unsere Vorstandsmitglieder Frau Prof. Kittel und Frau Sunnus nahmen als Prozessbeobachter teil.
Pfr. T. hatte sich in erster Instanz erfolgreich gegen seine Abberufung wg. "Ungedeihlichkeit gewehrt, was der Amtskirche missfiel und sie veranlasste, Revision einzulegen,- leider erfolgreich. Die Revisionsinstanz hob das erstinstanzielle Urteil auf. Wir warten auf die schriftliche Urteilsbegründung und werden sodann weiter berichten.
Pfr. F. hatte mehr Glück: das Revisionsgericht hielt es für möglich, dass die "Ungedeihlichkeit" rechtsmissbräuchlich nur vorgeschoben worden war und hat den Rechtsstreit zu weiterer Sachaufklärung an die erste Instanz zurückverwiesen.
Wir werden weiter berichten.
LG
Achim
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Liebe Freunde,
unsere Frau Kittel hat ihren Eindruck und ihre Meinung von der Revisonsverhandlung in Sachen Thumm im nachfolgenden Leserbrief festgehalten, der dem Vernehmen nach demnächst auch im Info-Brief des evangelischen Pfarrvereins im Rheinland veröffentlicht wird und den ich Euch nicht vorenthalten mag:
Am Freitag (29.11.) hat das kirchliche Revisionsgericht in Leipzig unter dem Vorsitz des Richters Gack im Verfahren von Pfarrer Rolf Thumm das letztinstanzliche Urteil gefällt. Auch ich habe die Verhandlung miterlebt. Und es kam, wie es kommen musste. Die Argumente des Düsseldorfer Urteils wurden zerpflückt, der Abberufungsbeschluss der Rheinischen Kirchenleitung wieder in Kraft gesetzt.
Und die Grundlage von allem? Es ist das Zerrüttungsprinzip, das bereits in allen VELKD- und UEK-Pfarrdienstordnungen festgeschrieben war und das nun auch im Pfarrdienstgesetz der EKD die Abberufungsmöglichkeit eines Pfarrers oder einer Pfarrerin ohne Untersuchung, ohne Wahrheitsfindung, außerhalb aller Begründungen ermöglicht. (Alle vorgebrachten Hinweise auf Verursacher und Gründe eines Konfliktes sind bekanntlich "unerheblich") Auch Richter Gack zog den Vergleich mit der weltlichen Ehe heran, die ohne Schuldklärung geschieden wird, wenn eine Zerrüttung vorläge. Doch kann man das miteinander vergleichen?
Die eigentliche Frage, die dringend einer Antwort bedarf, lautet: Kann man wirklich das Leben in der Gemeinde Jesu mit einer Ehe vergleichen? Darf in ihr, die der Leib Jesu Christi ist, soetwas wie ein "Zerrüttungsprinzip" greifen? Müssen nicht alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, die Zerstrittenen auf der Grundlage des gemeinsamen Glaubens an den gekreuzigten Herrn wieder zusammenzuführen, wie es der Apostel Paulus etwa in Korinth vormachte (vgl. 1. Kor 1,10ff)? Doch in dieser Hinsicht erleben wir seitens unserer bürokratisierten Kirchenleitungen und oft auch selbstherrlich agierenden Superintendenten so gut wie gar nichts. Es ist ja auch sehr viel einfacher, mit dem Schwert eines Paragraphen, der die Verantwortlichen jeder Mühe heilender Gespräche und unparteiischer Nachforschungen enthebt, gewaltsam dazwischen zu schlagen.
Daher möchte ich alle Pfarrvereine bitten, mit ihrem theologischen Nachdenken, ihren Protesten, ihren Eingaben und öffentlichen Verlautbarungen bei diesem Punkt anzusetzen. Das aus dem weltlichen Eherecht übernommene Zerrüttungsprinzip gehört nicht in die Kirche! Es widerspricht der biblischen Rede von der Gemeinde als dem Leib Jesu Christi sowie der ganzen reformatorischen Theologie. Und es zerstört nicht nur Pfarrerbiographien sondern eben auch Gemeinden, die angeblich auf diesem Weg zu Einheit und Frieden gebracht werden sollen.
Frau Kirchenjuristin Döring sprach am Ende der Verhandlung mit Befriedigung davon, dass seit dem Abgang von Pfarrer Thumm in Eitorf wieder Ruhe und Frieden eingekehrt seien. Doch zu welchem Preis? Hat sie die Gemeindeglieder gezählt, die - weil sie das Unrecht gegenüber ihrem Pfarrer miterlebten - die Kirche verließen, sich haben umpfarren lassen oder in die innere Emigration ausgewandert sind? Kann man sich damit zufrieden geben, dass diejenigen, die ihren Pfarrer mit allen Mitteln (bis hin zu telephonischen Morddrohungen gegenüber Frau Thumm) loswerden wollten, "gesiegt" haben und nun gemütlich und unter sich "in Ruhe und Frieden" leben? Sollte nicht auch eine Kirchenleitung einmal selbstkritisch reflektieren, wie weit sie selbst durch ihre Parteinahmen und gewaltsamen Eingriffe die Konflikte und Spaltungen, die sie lösen will, gerade vertieft oder sogar hervorruft?
Zum Schluss noch ein Hinweis auf ein Interview des inzwischen 87-jährigen Jürgen Moltmann, das im Gemeindebund in Berlin die Runde macht: "Sie sind doch nicht die Sklaven der Oberkirchenräte". Es könnte für bedrängte Pfarrer und gebeutelte Gemeinden an der Zeit sein, ernsthaft über den Auszug aus der verfassten Kirche nachzudenken. Es gibt Alternativen, wenn man sie nur will.
Professorin i.R.
Dr. Gisela Kittel
Am Weinberg 8
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Ja, die Redaktion des rheinischen Informationsbriefes und der Vorsitzende des Pfarrvereins Rheinland haben mir prompt geantwortet. Sie sehen im Leipziger Urteil einen dramatischen Rückschlag für die Pfarrerschaft in ihrer Landeskirche. Hatte sich die neue Kirchenleitung unter Präses Rekowski gerade ein wenig auf den Pfarrverein zubewegt, so wird sie nun wohl wieder zurücklenken und weiterhin ihre Macht über Pfarrer und Pfarrerinnen ungehemmt ausspielen.
In meiner Antwort an die Rheinländer habe ich versucht, die beiden "Knackpunkte" zu beschreiben, an denen wir alle in Zukunft weiterarbeiten und kämpfen müssen. Es sind allerdings Fernziele, die nicht von heute auf morgen erreicht werden können.
Hier zur Information eines größeren Leserkreises der wichtigste Passus meines Briefes:
In Bezug auf den eigentlichen Kern des kirchlichen Unrechts, gegen das wir alle miteinander weiter kämpfen müssen, sehe ich zwei dicke Knackpunkte, der eine theologischer, der andere juristischer Art.
Ich beginne mit dem Letzteren:
1. Immer wieder sichern sich Kirchenleitungen und kirchliche Richter mit Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2008 ab. Dieses scheint die Rechtsstaatlichkeit der Bestimmungen des Pfarrdienstgesetzes EKD (früher VELKD und UEK) und seiner Handhabung zu untermauern. Aber dem ist nicht so! Es gibt inzwischen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW, das die Behauptung, die Kirchen hätten nach GG Artikel 140 eine quasi unumschränkte Rechtsautonomie bei der Ordnung und Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten, sehr deutlich in Frage stellt. Von Anfang an war dieses Urteil des Verfassungsrichters Di Fabio und seiner Beisitzer in juristischen Kreisen auch höchst umstritten. Daher besteht Hoffnung. Verfassungsgerichtsurteile können in anderen Verfahren und zu anderen Zeitpunkten auch wieder ganz anders ausgehen, wie die Geschichte des Bundesverfassungsgerichts von Rolf Lamprecht auch dem juristischen Laien zeigt.
2. Wo der theologische Irrtum in der ganzen "Ungedeihlichkeitsfrage" steckt, habe ich in meinem Leserbrief zum Ausdruck gebracht. Es ist der letzte Satz in § 80 (1) PfDG EKD (und seiner Vorläufer), der das ganze Elend anrichtet und eine Bestrafung ohne Schuldnachweis möglich macht. Ich habe in meinen Verlautbarungen immer wieder dazu Stellung genommen. Und dieser Satz wird mit dem Prinzip der "Zerrüttung" begründet, das es doch im Eherecht genauso gäbe. Aber in der Kirche?? Wie können/konnten es Kirchenleitungen und Synoden wagen, ein Prinzip der Zerrüttung in die Kirche einzuführen? Wer hat hier alles geschlafen? Und wo waren die großen Systematiker unserer theologischen Fakultäten, die sich doch über alle Feinheiten so gelehrt ihre Köpfe zerbrechen?
Dieses Prinzip haben nun aber die Verfassungsrichter im Jahr 2008 sogar noch auf die Spitze getrieben bzw. total verdreht. Und das ging so:
Nachdem sie die Klage der beiden betroffenen Pfarrer wegen der angeblichen umfassenden Rechtsautonomie der Kirchen abgewehrt bzw. gar nicht zugelassen hatten, haben sie in einem zweiten Teil ihres Urteilsspruches beschrieben, wie sie der Kirchenleitung Recht geben würden, wenn sie denn tatsächlich ein Urteil fällen müssten. Und in diesem Teil ihres Richterspruches geht es nun wirklich abenteuerlich zu. Denn an die Stelle des "Die Gründe für die nachhaltige Störung müssen nicht im Verhalten oder in der Person der Pfarrerin oder des Pfarrers liegen" (Ursache dafür, warum man eben auch nichts aufklären muss), wird nun eben doch ein Schuldvorwurf erhoben und ganz nebenbei auch noch etwas über die "Bewährung" eines Pfarrers im Pfarramt gesagt. Er muss nämlich alle "Störungen" überbrücken können, sonst hat er sich nicht "bewährt". Das heißt: Hier wird ein Schuldvorwurf erhoben und außerdem geben diese weltlichen Richter den Maßstab vor, nach dem Pfarrer in ihrem Dienst zu beurteilen sind. Welch eine Anmaßung! Welch eine Überschreitung der eigenen - juristischen, aber eben nicht theologischen - Kompetenz! Und wieder nimmt und nahm dies niemand aus der Theologenschaft zur Kenntnis. Kein Aufschrei. Keine Kritik.
An diesen beiden hier genannten Punkten muss m.E. der Kampf weitergehen und die ganze Sache noch einmal vor das Bundesverfassungsgericht getragen werden, vor hoffentlich unabhängigere Richter, die nicht mehr den Kirchenleitungen so zu Diensten sind.
Gisela Kittel
Hier noch als Nachtrag einige Hinweise auf die David Home-Page, in der die Dokumente, die ich erwähne, nachgelesen werden können:
Die Rechtstexte und Stellungnahmen können nachgelesen werden auf unserer Home-Page:
www.david-gegen-mobbing.de. Hier weiter: Die gegenwärtige Rechtslage/Grenzen der kirchlichen Rechtsautonomie/ Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW.
Und: Die gegenwärtige Rechtslage/Dokumente zur Rechtslage. Hier: Pfarrdienstrecht, Stellungnahmen, Kittel: Zur "Theologie" der Verfassungsrichter. Gleich daneben ist auch noch das Schreiben unserer Briefaktion von 2012 zu finden: "Wie Bewährung im Pfarramt heute gemessen wird. Ein Appell an die Theologischen Fakultäten - eine Warnung an alle Studierenden der Evangelischen Theologie, sofern sie sich auf das Pfarramt vorbereiten".
GK
Liebe Alesig, da Sie explizit die Person des Verfassungsrichters di Fabio angesprochen haben, werde ich eine Rede anhängen, die er im Jahr 2008 am Refomrationstag in der Lutherkirche zu Wiesbaden gehalten hat. Diese Rede wurde seinerzeit auf der Homepage der EKD veröffentlicht. Als die die Klage von Pfarrer Johannes Klinghammer beim BVG nicht zugelassen wurde, war Prof. die Fabio in dem Gremium der drei Richter, die diese Ablehnung zu verantworten haben. Für die Nicht-Zulassung der Klage gibt es keine Begründung! Die Verteibung von Pfr. Klinghammer aus der Evang. Petrus-Gemeinde in Langen, die ihn wegen seines persönlichen Einsatzes sehr schätzte - ebenfalls gnadenlos bewerkstelligt mit dem Ungedeihlichkeitsparagraphen - beruhte ebenso auf ebenso schäbigen Intrigen wie im Fall Thumm. Vertreter von D.A.V.I.D.e.V. waren auf beiden Gemeindeversammlungen, als die soziale Hinrichtung von Herrn Klinghammer mit routinierter Raffinesse und unterstützt von der damaligen Pröpstin betrieben wurde.
Ich weiß nicht, ob Prof. di Fabio seine Position auch aufrecht erhalten hätte, wenn er bei der Verhandlung vor dem Kirchengericht in Darmstadt (keine Berufungsmöglichkeit !) anwesend gewesen wäre. Die sehr erfahrene Rechtsanwältin Gudrun Früh aus Stuttgart, die Herrn Klinghammer zur Seite stand, hätte ihm sicher von Fachfrau zu Fachmann berichten können, wie bei diesem Verfahren einfachste Prozessregeln mit den Füßen getreten wurden, von den inhatlichen Skandalen ganz zu schweigen. Das ganze Szenario hat nur einen Sinn - die Ungedeihlichkeit festzuschreiben und skrupellosen Menschen, die sich noch geschmeichelt fühle durften, nach dem Munde zu reden und den Widerspruch zutiefst entsetzter Menschen aus der Gemeinde zum Schweigen zu bringen. Wann endlich stehen alle Pfarrerinnen und Pfarrer kollegial auf und gestalten ihren jährlichen Pfarrertag mit einem Schild auf der Stirn? "Ich bin ungedeihlich" oder "Ich bin nachhaltig gestört" solange bis dieses Unrecht abgeschafft wird?
Joringel
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Am 21. November 2013 war ich als Zuschauer bei der Verhandlung im Bundesarbeitsgericht Erfurt. Es wurde der Klage von Pfarrer Marcel L. nicht stattgegeben. Aus der mündlichen Urteilsverkündigung hörte ich als Laie zwei Punkte heraus:
1. Im Pfarrerdienstgesetz sei keine Kündigung geregelt.
2. Nach der Kündigung wurde keine Befristungskontrollklage gestellt.
Liegt bereits die schriftliche Urteilsbegründung vor?
Sternentaler
Lieber Sternentaler,
als erstes zunächst ein Herzliches Willkommen! in unseren Reihen und ein herzliches Dankeschön für Deinen Beitrag und Dein Engagement in Sachen L.
Mir/uns liegt das schriftliche Urteil noch nicht vor. Wir alle sind allerdings brennend an diesem schriftlichen Urteil - und allen anderen - interessiert.
Eigentlich kann es uns nur L. zur Verfügung stellen, - sobald es ihm vorliegt. Ich schreibe Dir gleich noch eine PM.
LG
Achim
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Leider hat Marcel L. keine E-Mailadresse.
Sternentaler
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