Lieber Yathabutan!
Auf deine Frage können wir natürlich keine exakte Antwort geben. Mir sind gegenwärtig drei Verfahren bekannt, die aktuell verhandelt werden, deins und noch zwei weitere. Drei weitere Verfahren sind in Laufe der vergangenen zwei Jahre nach langen Auseinandersetzungen bendet worden. Die Dunkelziffer von Fällen, bei denen es gar nicht zu einem Verfahren gekommen ist, weil der oder die Betroffene vorher das Feld geräumt hat, ist sehr viel höher. David verwaltet eine risiges Archiv von Mobbingfällen, die in den
vergangenen 15 Jahren begleitet oder beobachtet worden sind. Darunter ist eine große Anzahl an Ungedeihlichkeitsverfahren.
Die Geschichten sind sehr verschieden. Die Muster sind dennoch vergleichbar. Der Ungedeihlichkeitsparagraf, nach den neuen Pfarrdienstgesetz der EKD enthalten in den §§ 79 und 80, muß als Rechtsgrundlage herhalten, wenn ein Kirchenvorstand oder eine Kirchenleitung vorhat, einen Pastor oder eine Pastorin aus dem Amt zu vertreiben und andere "Mittel" nicht "geeignet" erscheinen. Wenn es z.B. keine tragfähigen Gründe für ein Disziplinarverfahren gibt, oder wenn der Pastor alle Hinweise, die ihn einschüchtern sollen, ignoriert, dann kritisiert man solange an ihm herum, bis er beginnt sich zu wehren. Dann kann man sagen: Siehste! Sie streiten sich, das ist ungedeihlich, der Pastor muss weg. Dann wird es sehr schwer, den Kopf aus der Schlinge zu winden.
Eine Anfrage bei den Landeskirchenämtern ist natürlich zwecklos, wenn man Zahlen erfragen will. Da bekommen wir keine ehrliche Antwort. Die kirchliche Obrigkeit ist in dieser Beziehung unser Gegner. David und andere Mitstreiter haben im vergangenen Jahr aber mehrfach die Ämter und auch das Kirchenamt der EKD angeschrieben und ein Gespräch über eine Änderung des Gesetzes eingefordert. Da sind wir bisher nur auf Ablehnung gestoßen. Wir bleiben aber am Ball.
Wichtig sind gute Dokumentationen. Deshalb möchte ich auch Dich bitten, möglichst genau schriftlich festzuhalten, was dir passiert ist und was dir in der Folge noch passiert.
Im Verfahren muss man sehr genau sagen können, was, wann und von wem gesagt oder geschrieben worden ist.
Auch ein Gedankenaustausch mit den verschiedenen Betroffenen ist sinnvoll, um sich gegenseitig aufzubauen und um Strategien abzusprechen.
Viele Grüße! Turmfalke