Gegenstandswerte/Streitwerte

#1 von dr.arndt , 05.05.2014 18:34

In kirchengerichtlichen Streitigkeiten spielt der sog. Streitwert eine wesentliche Rolle bzgl. der anfallenden Anwaltskosten:

Je höher der Streitwert, desto höher die Anwaltskosten.

Das kann für den Betroffenen Fluch oder Segen sein.

Fluch dann, wenn er nicht rechtsschutzversichert ist und auch sonst kein Kostenträger vorhanden ist, womit sein persönliches finanzielles Risiko steigt; "Segen" dann, wenn ein Kostenträger vorhanden ist:

Zwar ist jeder Anwalt unabhängig vom Streitwert verpflichtet, jedes Mandat mit höchter Sorgfalt zu bearbeiten, jedoch muß vermutet werden, dass sein Engagement mit dem Streitwert steigt.

Dies vorausgeschickt, möchte ich hier unter diesem Thema kirchliche Gerichtsentscheidungen sammeln und zu gegebener Zeit auch auswerten, die sich mit der Gegenstandsfestsetzung befassen. Bisher haben wir eine Spannweite von 5.000,00 € bis 55.000,00 € beobachtet.

In erster Linie wendet sich mein heutiger Beitrag an meine Anwaltskollegen, die vor den Kirchengerichten Pfarrersleut´vertreten und möchte sie herzlichst einladen sich hier einzubringen.

Dann fange ich mal an:

1. Verfassungs- und Verwaltungsgericht VELKD, RVG 5/2012 v. 07.08.2013: 55.262,48, § 22 Abs. 3 VerfO

2. Verfassungs- und Verwaltungsgericht VELKD, RVG 4/2012 v. 07.08.2013: 5.000,00 € , Begründung ebenfalls § 22 Abs. 3 VerfO, " weil keine Frage des pfarramtlichen Status des Klägers betroffen ist". In diesem Verfahren hatte sich der Kläger "nur" - erfolglos - gegen den Beginn der Erhebungen und die damit gleichsam automatisch einhergehende Abbefufung gewandt.

(Letzteres wäre eigener Diskussion wert, weil das Gericht aufzeigt, wie man sich ggfs. erfolgreich hätte wehren können)


Freunde,

wir kämpfen an vielen Fronten. Hier in diesem Unterforum versuche ich, Juristenkollegen für unsere Sache zu gewinnen, für die auch Rechtsprechung zu Streitwerten wichtig sein kann.

Ich werde hier auch künftig mir bekannt werdende Rechtsprechung zu Streitwerten veröffentlichen und hoffe auf Unterstützung meiner im Kirchenrecht tätigen Kollegen.

Euer

Achim


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RE: Gegenstandswerte/Streitwerte

#2 von turmfalke , 05.05.2014 19:18

Lieber Achim!

Hier meine kurze Antwort. In meinem Fall, Klage gegen die Versetzung eines Pfarrers nach §§ 79 u 80 PfDG in erster Instanz, hat der Rechtshof der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen am 10. Sept 2013 den Streitwert auf 5.000,- € festgesetzt. Dies halte ich für sehr niedrig angesetzt. Wenn ich in Konsequenz eines verlorenen Prozesses vorzeitig in den Ruhestand gehen müsste, dann müsste ich bei meinem Dienstalter einen Abschlag von der Pension von 900 € monatlich hinnehmen. Da ich vorhabe, so wie mein alter Vater über 90 Jahre alt zu werden, - so Gott will und wir leben- würde bei 30 Jahren Pension ein Unterschied von insgesammt 324 000,- € dabei herauskommen. Wo ist da die Proportion?
.
Es mag sein, dass ein Rechtsanwalt unabhängig von seinem Verdienst so sorgfältig arbeiten soll, wie möglich. Aber kann man erwarten, dass er praktisch ehrenamtlich arbeitet? Gerecht ist das sicherlich nicht. Und auch nicht förderlich für eine wirklich gerecht arbeitende Rechtsprechung.

Da ich schon vor Beginn des Streites Mitglied des Hannoverschen Pfarrvereins war, habe ich automatisch über den Verein eine Rechtsschutzversicherung. Die hat sehr schnell eine Zusage zu Übernahme der Kosten gemacht hat. Ob sie auch so bereitwillig zugesagt hätte, wenn der Streitwert höher gelegen hätte.

Wir haben nach einigem Überlegen darauf verzichtet, zunächst vor dem Beginn des eigentlichen Prozesses auf eine Erhöhung des Streitwertes zu klagen. Ob diese Entscheidung richtig war, kann ich nicht abschätzen. Als Pastor ist man unerfahren in Fragen der praktischen Durchführung eines Rechtstreites.

Danke für das wichtige Thema.

Viele Grüße!

Tumrfalke


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RE: Gegenstandswerte/Streitwerte

#3 von dr.arndt , 05.05.2014 20:08

Lieber Turmfalke und Kollegen,

aus naheliegenden Gründen, und nicht nur aus diesen, halte ich Streitwerte von (nur) 5.000,00 € für völlig unangemessen, wenn es auch um die wirtschaftliche Existenz des Pfarrers geht.

Dein Verständnis für hohe Streitwerte wird wahrscheinlich Deinen Leidensgenossen fehlen, die nicht bei Zeiten - anders als Du - für diesen Fall Vorsorge getroffen haben.

Dann können Streitwerte von 50.000,00 € bei ungewissem Ausgang schon leicht zu Anwaltskosten von 3.000,00 € aufwärts führen.

Darüber, wann welcher Streitwert weshalb anzusetzen ist, scheint mir noch keine Klarheit zu bestehen. Ich bemühe mich hier, Informationen zu sammeln und zu gegebener Zeit auszuwerten.

Bin für jeden Beitrag dankbar, in dem uns unter Angabe des Gerichts, des dortigen Aktenzeichens und des Datums der Entscheidung der dortige Gegenstandswert, mitgeteilt wird, möglichst
unter Nennung der einschlägigen Vorschriften.

Euer

Achim


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RE: Gegenstandswerte/Streitwerte

#4 von Joringel , 05.05.2014 21:49

Lieber Achim, ich hoffe, Du bleibst kein Rufer in der Wueste. Immer wieder habe ich mitbekommen, dass Anwälte sich über den kirchlichen Umgang mit dem Recht aufgeregt haben. Es wäre schön, wenn diese Veraergerung sich in Form von Mithilfe artikulieren würde.
Joringel


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RE: Gegenstandswerte/Streitwerte

#5 von dr.arndt , 06.05.2014 10:45

Streitwert Nr. 3

Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Beschluss vom 25.09.2013

Aktenzeichen: (VGH.EKD) 0135/17-2013

Leitsatz:

In Streitigkeiten um die Abberufung eines Pfarrers ist regelmäßig der Wert des § 52 Abs.5 Satz 1 Nr. 1 GKG (sog."grosser Gesamtstatus") als Gegenstandswert festzusetzen.

Anmerkung:

Der Streitwert wurde im konkreten Fall auf 55.762,33 € festgesetzt, das 13fache des monatlichen Endgrundgehalts von 4.289,41 €.


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RE: Gegenstandswerte/Streitwerte

#6 von turmfalke , 06.05.2014 11:33

Ist das das Gericht in Leipzig, bei dem auch der Prozess von P. Thumm gelaufen ist? Handelt es sich hier um eine Revisionsverhandlung? Gibt es eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage bei der ersten Instanz?

Gruß? Turmfalke


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RE: Gegenstandswerte/Streitwerte

#7 von dr.arndt , 06.05.2014 14:05

Ich denke: ja.

Nein, keine Revisionsverhandlung:

Es geht um einen Rechtstreit, der in erster Instanz vor dem Kirchlichen Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche im Rheinland stattfand. Dieses Gericht hatte am 24.05.2013 den Streitwert festgesetzt, wahrscheinlich auf rund 27.000,00 €, genau wissen wir es nicht.Der Anwalt des Klägers hielt jedenfalls den in erster Instanz festgesetzten Streitwert für zu gering und hat deshalb sog. Streitwertbeschwerde eingelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat als Beschwerdeinstanz in diesem Fall nur über den Streitwert entschieden und zwar den der ersten Instanz.

Theoretisch gibt es bzgl. des Streitwert keine Unterschiede in den Instanzen. Es gibt aber bisweilen falsche Streitwertbeschlüsse der ersten Instanz, wie der vorliegende Fall zeigt. Legt der Anwalt nicht fristgerecht Streitwerbeschwerde ein, erwächst allerdings auch der falsche Streitwertbeschluss unabänderlich in Rechtskraft.


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