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  • Blog-Artikel von Günter

    Der Artikel von Traugott Schall "Ade, Freiheit der Verkündigung und Seelsorge" in : DPfBl 114/2014, S.563ff rückt das Ringen um eine Kirche in Recht und Gerechtigkeit in den Raum einer größeren Öffentlichkeit. Kirche darf nicht den Weg in eine Willkürherrschaft gehen. §§79ff des Pfarrdienstgesetzes öffnen dem aber Tür und Tor.

    Dank Gisela Kittel sind Theologen, Pastoralpsychologen und - anzunehmen - auch Kirchenjuristen darin sensibilisiert, emotionsgeladene Begriffe allein, wie z.B.Vertrauen" oder "Zerrüttung", nicht rechtsverbindlich einsetzen zu können. Traugott Schall hat das noch einmal unterstrichen.

    Umso mehr und dringender empfehle ich den gesetzgebenden Gremien des LKA, in einer in einer Einzelfallaufzählung zu spezifizieren, was eine "nachhaltige Störung" ist bzw. wodurch sie hervorgerufen sein kann. Einzelfälle liegen dem LKA vor. Traugott Schall gibt ein Ordnungssystem dafür vor. Störungen wegen:

    a) mangelnder Wahrhaftigkeit
    b) zu bezweifelnder persönlicher Integrität
    c) mangelnden Vertrauens im Blick auf Verschwiegenheit
    d) gravierender Mängel an Tüchtigkeit
    e) eines nicht mit Bibel und Bekenntnis übereinstimmenden Glaubens
    f) schwerwiegender Divergenzen hinsichtlich des Gemeindebildes

    Unter diesen Punkten könnten Einzelvorwürfe subsumiert und beurteilt werden, und zwar so, dass die vorgesetzte Instanz sich zuvörderst vor den angeklagten Pfarrer stellt.

    Bei einer Novellierung der §§79ff sollte also berücksichtgt werden:

    1. Das Bestimmtheitsgebot analog Art. 20 GG (vgl. meinen Artikel vom 9.4.2014 bei D.A.V.I.D. (s.v. Günter)
    2. Der § 356 StGB ist im Auge zu behalten, und die Kirchenleitung hat sich zuvörderst den Schutz des Pfarrers angelegen sein zu lassen.
    3.Strukturierung und Einzelfallbeschreibung der "Nachhaltigen Störung" so wie z.B. auch im Eherecht bei einer Scheidung vor dem Zeitraum von 3 Jahren gute Gründe vorgebracht werden müssen, oder wie die Fälle für die Einstellung lebensverlängernder Maßnahmen in der Patientenverfügung sehr spezifisch aufgeführt sind.

    Günter

  • Pfarrdienstgesetz § 80Datum09.04.2014 20:06
    Thema von Günter im Forum Kolloquium kirchenrech...

    Hallo,

    ich bin zwar kein Jurist, aber ich habe in einem theologischen Aufsatz von I.U.Dalferth (em.Prof. f.Syst. Theologie in Zürich) in ThLZ 139/2014, Sp.6 eine interessante Bemerkung gelesen, die den § 80 in seiner jetzigen Form in Frage stellen könnte. Dalferth schreibt:

    "Im schweizerischen Privat-, Arbeits- und Sachenrecht gibt es das Spezialitätsprinzip, im deutschen Recht das grundgesetzlich verankerte Bestimmtheitsgebot. Als Folge des Rechtsstaatsprinzips von Art. 20 GG besagt es, dass Gesetze der Legislative, normative Regelungen der Exekutive und rechtliche Entscheidungen der Judikative so genau formuliert sein müssen, dass für alle Betroffenen eindeutig erkennbar ist, was sie festlegen, wozu sie verpflichten, was sie erlauben oder was sie verbieten. Eine rechtliche Norm, ein Erlass oder ein Gerichtsurteil, die alles Mögliche meinen können, sind nicht nur theoretisch unzulänglich und praktisch unbrauchbar, sondern verfassungswidrig. Das gilt vor allem dort, wo - wie im Strafrecht - in die Rechte von Einzelnen eingegriffen wird. Die Betroffenen müssen wissen können, worum es geht, was sie tun und lassen dürfen und was nicht. Und deshalb muss auf Bestimmtheit bestanden werden."

    § 80 ist in seiner jetzigen Form sehr dürftig. Das Bestimmtheitsgebot ist nicht eingehalten. Die Ausführungsbestimmung ist mehr als dürftig. Damit ist einer willkürlichen Handhabung Tür und Tor geöffnet. Der Missbrauchsvorbehalt wird das nicht ändern können.

    Meine Überlegung ist: Kann man den § 80 aufgrund von Art 20 GG - oder besser aufgrund von Art. 103 GG - aushebeln?

    Wenn das nicht geht, halte ich es aber aufgrund des oben Zitierten für unbedingt erforderlich, dass der § 80 in kasuistischer Weise ausdifferenziert wird. Fälle von Ungedeihlichkeit bzw. Zerrüttung liegen ja den Kirchenjuristen vor. Ausdifferenzierung ist ja nichts Ungewöhnliches. Die alte Form der Patientenverfügung beispielsweise sprach nur sehr allgemein davon, dass lebenserhaltende Maßnahmen nicht mehr ergriffen werden sollen, wenn der Sterbeprozess unwiderruflich unumkehrbar ist. Die neue Form differenziert hier von a) ... bis ... h) ... Warum also sollte eine (jederzeit ergänzbare) Kasuistik nicht möglich sein?

    Klar ist - und das dürfte es auch für Kirchenjuristen sein - dass der § 80 dringend der Überarbeitung bedarf. In dieser Form hilft er weder dem Pfarrer noch der Kirchenleitung, sondern er ist für beide Seiten in seinen Auswirkungen rufschädigend.

    Mit herzlichem Gruß Günter

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